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DOI: 10.1055/s-2000-7041
»Selbstmord« oder »Veredelung« der Rasse
Empfängnisverhütung und Ärzteschaft bis zur Einführung der OvulationshemmerPublication History
Publication Date:
31 December 2000 (online)

»Der Geburtenrückgang ist zweifellos eine schwere Krankheit am sozialen Körper der Kulturvölker. ... Ich persönlich bekenne mich zu der Ansicht, dass der erschreckende Sturz der Geburtenziffer in Deutschland ganz wesentlich ein ethisches Problem ist. Das Streben nach gesteigertem Wohlstand und Wohlleben, die Scheu vor den Beschwerden der Schwangerschaft und Mutterschaft, die Verminderung des Verantwortungsgefühls gegenüber der Allgemeinheit sind die Triebfedern« [1].
Mit diesen Worten gab der städtische Kinderarzt in Barmen Theodor Hoffa 1915 in der DMW einer weitverbreiteten Furcht vor dem Aussterben des deutschen Volkes Ausdruck. Hoffa führte den beklagten Geburtenrückgang auf Empfängnisverhütung (und Abtreibung) zurück, eine Praxis, die er sich nur durch »sittliche Degeneration« erklären konnte. Doch nicht nur um die Quantität, sondern auch um die Qualität des Volkes sorgte sich Hoffa. Ein wachsender Anteil von Erstgeborenen sei bedenklich, man wisse ja, dass »die erstgeborenen und namentlich die einzigen Kinder nicht nur meist in körperlicher, sondern auch in intellektueller Beziehung den spätgeborenen nachstehen und ganz besonders schwer aufzuziehen und zu erziehen sind.« Der Vorsitzende der Gesellschaft für soziale Medizin, Paul Mayet, hatte schon 1908 in der DMW durch die »Herabsetzung der ehelichen Konzeptionsziffer bei Gleichbleiben der unehelichen ein Ueberwiegen hygienisch belasteter Individuen« befürchtet [2].
Literatur:
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Diskussion über den Vortrag des Herrn C. Hamburger über die Frage der Konzeptionsbeschränkung
in Arbeiterkreisen (Vereinsbericht: Gesellschaft für soziale Medizin, Hygiene und
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1908;
34
719
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- 7
Schluß der Diskussion über den Vortrag des Herrn C. Hamburger: Konzeptionsbeschränkung
in Arbeiterkreisen Vereinsbericht: Gesellschaft für soziale Medizin, Hygiene und Medizinalstatistik
in Berlin. Sitzung am 27. Februar 1908).
Dtsch. Med. Wschr.
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Knaus H.
Zum Gebrauch der "Pille" als Antikonzipiens.
Medizinische Klinik.
1968;
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447-450
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Dr med. Ralf Bröer
Institut für Geschichte der Medizin
Im Neuenheimer Feld 327
69 120 Heidelberg
Email: E-mail: ralf.broer@urz.uni-heidelberg.de