Sprache · Stimme · Gehör 2000; 24(2): 65-70
DOI: 10.1055/s-2000-11072
Schwerpunktthema
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Auditive Ordnungsschwellen normalhörender Versuchspersonen1 [*]

Auditory Order Thresholds of Subjects with Normal HearingH.  Meister,, H.  Klüser,, S.  Ernst,, A.  Foerst,, M.  Walger,, H.  von Wedel
  • Universitäts-HNO-Klinik Köln (Direktor: Univ.-Prof. Dr. med. E. Stennert)
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Publication Date:
31 December 2000 (online)

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Zusammenfassung

Die Ordnungsschwellen werden als ein mögliches Verfahren zur Diagnose zentral-auditiver Verarbeitungsstörungen im Hinblick auf ihre Ergebnisse und Aussagefähigkeit kontrovers diskutiert. Eine wichtige Ursache hierfür kann sein, dass deutlich unterschiedliche Methoden zur Anwendung kommen, die teilweise zur verlässlichen Erfassung von Messwerten nur bedingt geeignet erscheinen. Auch bezüglich der Normwerte ergeben sich widersprüchliche Ergebnisse, wobei oft die Angaben von inter- und intraindividueller Streuung fehlen.

In der vorliegenden Studie wurden mit 18 normalhörenden Versuchspersonen Experimente zur Erfassung der Ordnungsschwelle durchgeführt. Hierbei kamen zuvor validierte Messverfahren zur Anwendung. Die Probanden wurden audiologisch umfassend voruntersucht, wobei auch verschiedene zentrale Teilleistungen überprüft wurden. Für keine der Personen ergaben sich diesbezüglich Auffälligkeiten. Die Ordnungsschwellenmessungen zeigten, dass sich deutlich unterschiedliche Werte ergeben können, je nachdem, welche Wahrscheinlichkeit für eine richtige Antwort als Schwelle zugrunde gelegt wird. Damit ist ein direkter Vergleich von Ergebnissen, die mit verschiedenen Messverfahren ermittelt wurden, nicht ohne weiteres möglich. Als Mittelwert für die normalhörenden Versuchspersonen in unserer Studie ergab sich für eine 70,7 %-ige Richtig-Antwortwahrscheinlichkeit ein Wert von 51 ms, wobei eine erhebliche interindividuelle Streuung von 24,4 ms auftrat. Es konnten im Normkollektiv Werte von ca. 20 bis 100 ms nachgewiesen werden, was im Widerspruch zu den sonst üblichen Angaben von 30 - 40 ms steht. Die interindividuelle Standardabweichung war mit 6,4 ms hingegen recht gering, was als Maß für die Reliabilität der Messungen angesehen werden kann.

In der Praxis ist darauf zu achten, dass bei der Messung validierte Verfahren zur Anwendung kommen. Ob sich die Erfassung der Ordnungsschwellen zur Diagnostik zentral-auditiver Verarbeitungsstörungen eignen, ist bei der hohen Variabilität der Daten zweifelhaft.

The order threshold (OT) is discussed controversially as a possible procedure for the diagnosis of disturbances of central auditory processing. Possibly, marked differences in methodology can be an important reason for discrepancies. Furthermore, lack of standardised data - often associated with missing data on intra- and intersubject scatter - may account for the inconsistencies of results.

Measurements of the auditory OT were carried out with 18 normally hearing subjects. Previously validated methods were used with these investigations. The subjects showed a normal pure-tone audiogram as well as normal results concerning dichotic speech discrimination and cortically evoked potentials. There were no indications of central auditory processing disorders (CAPD). Besides examination of the OT, measurements of the lateralisation and speech perception in noise were also performed. The measurements of the OT yielded different outcomes depending on the underlying probability for correct responses. Hence, direct comparison of data is not permitted if different methods are used. In the present study a mean OT of 51 ms showing a large interindividual standard deviation of 24,4 ms was found, assuming a probability of 70.7 %. Values of 20 to 100 ms could be observed which contrasts with the frequently reported 30 to 40 ms. The intraindividual standard deviation (6.4 ms) was small, indicating a reliable outcome of the measurements. Basing on these findings, it is strongly recommended to use well-tried valid measurement methods in clinical practice. Whether OT are suitable for the diagnosis of CAPD is questionable because of the large variability of the data probably yielding low sensitivity and specificity.

1 Auszugsweise vorgetragen auf der 2. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie, München, 24. März 1999

Literatur

1 Auszugsweise vorgetragen auf der 2. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie, München, 24. März 1999

Dr. Hartmut Meister

Universitäts-HNO-Klinik Köln

Joseph-Smann-Str. 9

50931 Köln