Einleitung Die Betreuung von Menschen mit einer Beinamputation erfordert einen komplexen Versorgungsansatz.
Leitlinien spielen hierbei eine zentrale Rolle, da sie eine evidenzbasierte Therapie
fördern und eine hochwertige Versorgung sicherstellen. Diese Studie zielte darauf
ab, die Bekanntheit, praktische Anwendung und Adhärenz gegenüber der S2k-Leitlinie
für die physiotherapeutische Rehabilitation nach Majoramputationen an der unteren
Extremität [1] zu evaluieren.
Material und Methodik Im Juni 2023 wurden strukturierte Interviews mit Physiotherapeut:innen geführt, die
in der Rehabilitation von Personen mit einer Beinamputation tätig sind. Der Interviewleitfaden
wurde in zwei Pilotinterviews vorab getestet und umfasste Fragen zum Leitlinieninhalt
als auch zur physiotherapeutischen Praxis. Teilnehmende wurden mittels Ausschreibung
in einer Rehabilitationsklinik rekrutiert. Die Interviews wurden nach Dresing und
Pehl [2] transkribiert und anhand der Inhaltsanalyse nach Mayring mit der induktiven Kategorienbildung
ausgewertet [3]. Alle Interviews wurden von einer Person (KS) durchgeführt, transkribiert und analysiert.
Für das Abstracts wurde die COREQ-Checkliste genutzt [4].
Ergebnisse Vier Physiotherapeut:innen (3 Frauen, 1 Mann) nahmen an den Interviews teil. Die
Hälfte der Befragten gab an, die S2k-Leitlinie für die Rehabilitation nach Majoramputationen
an der unteren Extremität zu kennen. Als Gründe für die Nichtnutzung wurden mangelnde
Bekanntheit und Unwissen über Leitlinien genannt. Nach Angaben der Befragten wurde
die S2k-Leitlinie für die Rehabilitation nach Majoramputationen an der unteren Extremität
in Fortbildungen nicht thematisiert und muss in der Klinik, in der die Teilnehmenden
rekrutiert wurden, nicht zwingend genutzt werden. Die physiotherapeutischen Untersuchungen
konzentrieren sich auf Kontrakturen und Teilhabe, mit dem Therapieziel der Prothesenversorgung
und Mobilitätsverbesserung. Die Therapie umfasst Prothesenhandling und Dehnungsübungen,
wobei genaue Parameter als weniger relevant gelten. Die Physiotherapeut:innen bewerteten
die Leitlinieninhalte anhand einer Relevanzbewertungsskala, wobei Alltags-, Gang-,
Prothesentraining und Kontrakturbehandlung als besonders relevant eingestuft wurden
[5].
Diskussion Die S2k-Leitlinie zur Rehabilitation nach Majoramputationen an der unteren Extremität
hat in der Physiotherapie eine geringe Bekanntheit, obwohl die Praxis deren Inhalte
berücksichtigt. Schlüsselbarrieren sind eine geringe Leitlinienadhärenz, beeinflusst
durch fehlendes Wissen. Leitlinien sollten gezielt implementiert werden, durch zum
Beispiel eine Fortbildungskultur, um ihre Nutzung durch Physiotherapeut:innen zu fördern.
Es muss einschränkend erwähnt werden, dass die Rekrutierung ausschließlich in einer
Klinik erfolgte und nur vier Interviews durchgeführt wurden.