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DOI: 10.1055/s-0045-1808153
Anwendung und Adhärenz der S2K-Leitlinie für Majoramputationen an der unteren Extremität in der Physiotherapie: eine qualitative Interviewstudie
Einleitung Die Betreuung von Menschen mit einer Beinamputation erfordert einen komplexen Versorgungsansatz. Leitlinien spielen hierbei eine zentrale Rolle, da sie eine evidenzbasierte Therapie fördern und eine hochwertige Versorgung sicherstellen. Diese Studie zielte darauf ab, die Bekanntheit, praktische Anwendung und Adhärenz gegenüber der S2k-Leitlinie für die physiotherapeutische Rehabilitation nach Majoramputationen an der unteren Extremität [1] zu evaluieren.
Material und Methodik Im Juni 2023 wurden strukturierte Interviews mit Physiotherapeut:innen geführt, die in der Rehabilitation von Personen mit einer Beinamputation tätig sind. Der Interviewleitfaden wurde in zwei Pilotinterviews vorab getestet und umfasste Fragen zum Leitlinieninhalt als auch zur physiotherapeutischen Praxis. Teilnehmende wurden mittels Ausschreibung in einer Rehabilitationsklinik rekrutiert. Die Interviews wurden nach Dresing und Pehl [2] transkribiert und anhand der Inhaltsanalyse nach Mayring mit der induktiven Kategorienbildung ausgewertet [3]. Alle Interviews wurden von einer Person (KS) durchgeführt, transkribiert und analysiert. Für das Abstracts wurde die COREQ-Checkliste genutzt [4].
Ergebnisse Vier Physiotherapeut:innen (3 Frauen, 1 Mann) nahmen an den Interviews teil. Die Hälfte der Befragten gab an, die S2k-Leitlinie für die Rehabilitation nach Majoramputationen an der unteren Extremität zu kennen. Als Gründe für die Nichtnutzung wurden mangelnde Bekanntheit und Unwissen über Leitlinien genannt. Nach Angaben der Befragten wurde die S2k-Leitlinie für die Rehabilitation nach Majoramputationen an der unteren Extremität in Fortbildungen nicht thematisiert und muss in der Klinik, in der die Teilnehmenden rekrutiert wurden, nicht zwingend genutzt werden. Die physiotherapeutischen Untersuchungen konzentrieren sich auf Kontrakturen und Teilhabe, mit dem Therapieziel der Prothesenversorgung und Mobilitätsverbesserung. Die Therapie umfasst Prothesenhandling und Dehnungsübungen, wobei genaue Parameter als weniger relevant gelten. Die Physiotherapeut:innen bewerteten die Leitlinieninhalte anhand einer Relevanzbewertungsskala, wobei Alltags-, Gang-, Prothesentraining und Kontrakturbehandlung als besonders relevant eingestuft wurden [5].
Diskussion Die S2k-Leitlinie zur Rehabilitation nach Majoramputationen an der unteren Extremität hat in der Physiotherapie eine geringe Bekanntheit, obwohl die Praxis deren Inhalte berücksichtigt. Schlüsselbarrieren sind eine geringe Leitlinienadhärenz, beeinflusst durch fehlendes Wissen. Leitlinien sollten gezielt implementiert werden, durch zum Beispiel eine Fortbildungskultur, um ihre Nutzung durch Physiotherapeut:innen zu fördern. Es muss einschränkend erwähnt werden, dass die Rekrutierung ausschließlich in einer Klinik erfolgte und nur vier Interviews durchgeführt wurden.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
21. Mai 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Projektgruppe der Sektion Physikalische Medizin und Rehabilitation und Vereinigung Technische Orthopädie der DGOOC. Leitlinie eines speziellen Rehabilitationskonzeptes. Rehabilitation nach Majoramputation an der unteren Extremität (proximal des Fußes). Version 14 (2019). AWMF-Registernummer: 033/044
- 2 Dresing T, Pehl T.. Praxisbuch Interview, Transkription & Analyse. Anleitungen und Regelsysteme für qualitativ Forschende. 8. Aufl. Marburg: Eigenverlag; 2018
- 3 Mayring Philipp. Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. Weinheim: Julius Beltz GmbH & Co. KG; 2022
- 4 Tong A, Sainsbury P, Craig J.. Consolidated criteria for reporting qualitative research (COREQ): a 32-item checklist for interviews and focus groups. International journal for quality in health care: journal of the International Society for Quality in Health Care 2007; 19: 349-357
- 5 Brouwers MC, Kho ME, Browman GP. et al. AGREE II: advancing guideline development, reporting and evaluation in health care. CMAJ 2010; 182 E839-E842