Dtsch Med Wochenschr 2017; 142(23): 1778-1779
DOI: 10.1055/s-0043-120914
Facharztfragen
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

58-jähriger Patient mit Potenzabnahme und Leistungsschwäche

Further Information

Publication History

Publication Date:
16 November 2017 (online)

 
    Zu Ihnen kommt ein 58-jähriger Patient, der über eine Abnahme der Potenz und der Libido sowie eine allgemeine Leistungsschwäche klagt. Woran denken Sie?
    Antwort

    Ganz allgemein an eine internistische Erkrankung, insbesondere natürlich kardiovaskuläre Erkrankungen, im Besonderen sollte aber auch immer ein Testosteronmangel in Erwägung gezogen werden.

    Kommentar

    Testosteronmangel: Unter Umständen unspezifische Symptomatik.

    Wie können Sie den Testosteronmangel feststellen?
    Antwort

    Durch Messung des Serumtestosterons.

    Kommentar

    Serumtestosteron:

    • Normal: > 12 nmol/l

    • Grenzbereich: 8 – 12 nmol/l

    • Testerosteronmangel: < 8 nmol/l

    Gibt es Regeln, zu welcher Tageszeit Sie den Testosteronspiegel messen sollten?
    Antwort

    Ja, morgens.

    Kommentar

    Der abendliche Testosteronwert liegt 20 – 30 % unter dem morgendlichen.

    Merke

    Testosteron sollte morgens gemessen werden.

    Zu welchen Symptomen führt denn ein Testosteronmangel?
    Antwort

    Zu Störungen der sexuellen Funktion, der Knochenmineralisation, des Muskel- und Fettstoffwechsels, des Blutes sowie zu Allgemeinsymptomen.

    Kommentar

    Mögliche Symptomatik bei Testosteronmangel:

    • Sexualfunktion:

      • Libidoverminderung

      • Potenzstörungen

    • Knochenmineralisation:

      • Osteoporose

    • Muskel- und Fettstoffwechsel:

      • Muskelatrophie

      • Muskelschwäche

      • Zunahme des Körperfettgewebes

    • Blut:

      • Anämie

    • Allgemeinbeschwerden:

      • Leistungsminderung

      • Depression

      • Müdigkeit

    Welches sind überhaupt die wichtigsten Ursachen einer Osteoporose bei einem Mann?
    Antwort

    Alkoholabusus, Einnahme von Glukokortikoiden, Hypogonadismus.

    Kommentar

    Osteoporose beim Mann: Immer auch konkurrierende Ursachen zum Testosteronmangel abklären.

    Merke

    Hauptursache der Osteoporose beim Mann → Alkoholabusus und Steroideinnahme.

    Kennen Sie den Unterschied zwischen primärem und sekundärem Hypogonadismus?
    Antwort

    Beim primären Hypogonadismus liegt die Störung im Hoden, beim sekundären im Bereich der Hypophyse oder des Hypothalamus.

    Kommentar

    Differenzierung primärer – sekundärer Hypogonadismus:

    • Primärer Hypogonadismus:

      • verminderte Testosteronproduktion im Hoden mit erhöhten Gonadotropinspiegeln (hypergonadotroper Hypogonadismus)

    • Sekundärer Hypogonadismus:

      • verminderte Sekretion von Gonadotropin-Releasing-Hormon (hypogonadotroper Hypogonadismus)

    Wodurch ist das Testosterondefizit beim älter werdenden Mann bedingt?
    Antwort

    Durch einen sekundären Hypogonadismus.

    Kommentar

    Beim älter werdenden Mann ist der Testosteronmangel eine Folge der nachlassenden hypothalamischen Sekretion von Gonadotropin-Releasing-Hormon.

    Wie würden Sie bei dem vorhin erwähnten 58-jährigen Patienten jetzt weitermachen?
    Antwort

    Sorgfältige Anamneseerhebung im Hinblick auf mögliche Symptome eines Testosteronmangels, Messung des Testosteronspiegels.

    Kommentar

    Über die Diagnosestellung und die therapeutische Konsequenz eines symptomatischen Testeronmangels muss im Einzelfall entschieden werden. Je niedriger der Testosteronspiegel und je stärker die potenziellen Symptome des Testosteronmangels, desto eher sollte eine Testosteronsubstitution erfolgen.

    Wer übernimmt eigentlich die Kosten für eine Testosteronsubstitution?
    Antwort

    Die Krankenkassen.

    Kommentar

    Bei Vorliegen eines Hypogonadismus werden die Kosten für eine Testosteronbehandlung derzeit noch von den Kassen übernommen.

    Wie führen Sie die Substitutionsbehandlung durch?
    Antwort

    Testosteron kann auf unterschiedliche Weise zugeführt werden: p. o., i. m. oder transdermal.

    Kommentar

    Testosteronsubstitution:

    • Per os:

      • Testosteron-Unedecanoat (Andriol): 2 – 4-mal 40 mg/d

    • Intramuskulär:

      • Testosteron-Enantat: 250 mg alle 2 – 3 Wochen

      • Testosteronundecanoat: 1000 mg alle 10 – 14 Wochen

    • Transdermal:

      • 1 – 2 Pflaster à 2,5 mg/d

      • Gel

    • Weitere Möglichkeiten:

      • Implantat eines Hormondepots

      • sublingual

    Das sind ja eine ganze Menge Möglichkeiten. Welche Vor- und Nachteile beachten Sie bei der Auswahl?
    Antwort

    Die Kosten, die Praktikabilität der Anwendung, die Spiegelschwankungen.

    Kommentar

    Vor- und Nachteile unterschiedlicher Testosteronapplikationsformen:

    • Per os:

      • hohe Kosten

      • variable Resorption

      • Anwendung mehrfach pro Tag

    • Pflaster:

      • Hautreizung

      • hohe Kosten

    • Intramuskulär:

      • preiswert

      • hohe Spitzenwerte

      • Schwankungen

    Welches ist die wichtigste Maßnahme vor Einleitung einer Therapie?
    Antwort

    Ausschluss eines Prostatakarzinoms.

    Cave

    Vor Testosteronsubstitution Ausschluss eines Prostatakarzinoms durch Tastbefund, transrektale Sonografie, PSA-Wert.

    Welche Kontrolluntersuchungen führen Sie während der Substitutionsbehandlung durch?
    Antwort

    Zum einen Kontrolle der Wirkung auf die Symptomatik, die im Vordergrund stand. Dann Kontrolluntersuchung im Hinblick auf mögliche Nebenwirkungen, insbesondere auf die wachstumsfördernde Wirkung bei bestehendem Prostatakarzinom.

    Kommentar

    Unter Testosteronbehandlung sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen notwendig.

    Wie sehen die Kontrolluntersuchungen genau aus?
    Antwort

    Anamnese: Wirkung auf Sexualität und Leistungsfähigkeit, körperliche Untersuchung: insbesondere Muskel- und Fettverteilung, Laboruntersuchungen: hier insbesondere Blutbild und Lipide, Untersuchung im Hinblick auf die Prostata.

    Kommentar

    Kontrolluntersuchungen bei Testosteronsubstitution:

    • Anamnese:

      • Wirkung auf die subjektiven Symptome des Testosteronmangels: Leistungsfähigkeit, Sexualität, Befindlichkeit

    • Körperliche Untersuchung:

      • Muskelmasse, Muskelfett, Behaarung

    • Laborwerte:

      • Blutbild, Lipide, Testosteron im Serum

    • Prostata:

      • Tastbefund, sonografischer Befund, PSA-Wert

    • Knochen:

      • Knochendichtemessung

    Sie behandeln einen Patienten mit etwas erniedrigtem Testosteronspiegel. Bei ihm stehen die Potenzstörungen im Vordergrund. Lässt sich durch Testosteron die Potenz steigern?
    Antwort

    Schlecht.

    Merke

    Testosteronwirkung auf die Sexualfunktion → Die Libido lässt sich besser steigern als die Potenz.

    Welche anderen Ursachen von Potenzstörungen beim älter werdenden Mann berücksichtigen Sie?
    Antwort

    Gleichzeitig bestehende internistische Erkrankungen, insbesondere kardiovaskuläre Erkrankungen, Diabetes mellitus, chronische Niereninsuffizienz, außerdem Medikamente, z. B. Betablocker, sowie psychosomatische Faktoren.

    Kommentar

    Der Hypogonadismus ist nur eine mögliche Ursache neben zahlreichen anderen für die männliche Impotenz.

    Wann setzen eigentlich die „Wechseljahre“ des Mannes ein?
    Antwort

    Überhaupt nicht.

    Kommentar

    Es kommt ab dem 40. Lebensjahr zu einem langsamen Absinken des freien Testosterons, nicht jedoch – wie bei der Frau – zu einem abrupten Abfall.

    Gibt es eigentlich unterschiedliche Normwerte für Testosteronspiegel bei alten Männern und jungen Männern?
    Antwort

    Nein.

    Merke

    Im Hinblick auf die Substitution werden für alte und junge Männer gleiche Normwerte angesetzt.

    Adaptiert nach: Berthold Block,

    Facharztprüfung Innere Medizin,

    3000 kommentierte Prüfungsfragen.

    5., vollständig überarbeitete Auflage 2017

    ISBN 9783 131 359 551


    #