Dtsch Med Wochenschr 2016; 141(10): e96-e103
DOI: 10.1055/s-0042-101467
Fachwissen
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Überdiagnostik mit Bildgebung bei Rückenschmerzen

Qualitätssicherung mittels GKV-RoutinedatenQuality Assurance using routine data: Overdiagnosis by radiological imaging for back pain
R. Linder*
1   Wissenschaftliches Institut der TK für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen, Hamburg
,
D. Horenkamp-Sonntag*
1   Wissenschaftliches Institut der TK für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen, Hamburg
,
S. Engel
1   Wissenschaftliches Institut der TK für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen, Hamburg
,
U. Schneider
1   Wissenschaftliches Institut der TK für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen, Hamburg
,
F. Verheyen
1   Wissenschaftliches Institut der TK für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen, Hamburg
› Author Affiliations
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Korrespondenz

Prof. Dr. med. habil. Roland Linder
Wissenschaftliches Institut der TK für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen
Habichtsstraße 30
22305 Hamburg
Phone: 040 / 69 09–2338   
Fax: 040 / 69 09–2307   

Publication History

Publication Date:
13 May 2016 (online)

 

Zusammenfassung

Hintergrund | Bei akuten nicht-spezifischen Rückenschmerzen sind die Beschwerden üblicherweise selbst begrenzend. Nur bei klinischem Verdacht auf einen gefährlichen Verlauf sollte gemäß Nationaler Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz sofort eine bildgebende Diagnostik erfolgen. Ansonsten gilt es, mindestens 6 Wochen abzuwarten.

Patienten und Methodik | Mit Routinedaten der gesetzlichen Techniker Krankenkasse wurde analysiert, bei wie vielen Versicherten, die erstmalig akute Rückenschmerzen hatten und bei denen kein Hinweis auf einen gefährlichen Verlauf vorlag, eine nicht indizierte Bildgebungsdiagnostik erfolgte.

Ergebnisse | Bei ca. 10 % der Fälle erfolgte nach Diagnosestellung eine radiologische Bildgebungsdiagnostik. Wenn eine Bildgebung durchgeführt wurde, fand sie in einem Drittel der Fälle zu früh statt oder war gänzlich unnötig. Da es sich methodisch um eine sehr konservative Schätzung handelt, steht zu vermuten, dass in der Versorgungsrealität das Ausmaß der Überdiagnostik größer ist.

Folgerungen | Bei jedem Dritten, der wegen erstmalig aufgetretener akuter nicht-spezifischer Rückenschmerzen eine radiologische Diagnostik erhält, wird die sechswöchige Wartezeit nicht eingehalten. Hochgerechnet auf die gesetzliche Krankenversicherung sind jährlich 48 957 Versicherte betroffen. Überdiagnostik ist nicht nur ökonomisch problematisch, sondern hinsichtlich Patientenorientierung und -sicherheit kann sie dem Patienten auch erheblichen Schaden zufügen – entweder durch die Diagnostik selbst oder durch die Diagnostik ausgelöste Therapieformen.


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Abstract

Background and Problem: Acute nonspecific back pain disorders are typically self-limiting. According to the national guideline low back pain, only in case of clinical suspicion of a serious course radiological imaging should take place immediately. Otherwise, the guideline recommends waiting at least six weeks.

Patients and Methodology: Using Statutory Health Insurance (SHI) routine data of the Techniker Krankenkasse we analyzed how many of the insured persons suffering from acute back pain for the first time with no indication of a serious outcome received a non-indicated diagnostic imaging.

Results: In about 10 % diagnostic imaging is conducted after initial diagnosis. If an imaging is carried out, roughly one third of these cases takes place ahead of time or is completely unnecessary. Methodically this is a very conservative estimation, thus it seems likely that the extent of overdiagnosis in actual medical care situation is even larger.

Conclusions: Every third patient who received radiological diagnostics due to first acute nonspecific back pain underwent the procedure more quickly than recommended (less than six weeks). Overdiagnosis is not only economically problematic but also with respect to patient orientation and patient safety. It may cause substantial damage to patients – either by the use of diagnostics itself or by means of therapies initiated after diagnostics.


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Einleitung

Aktueller Stand

Die gesundheitspolitische Diskussion der letzten Zeit ist zunehmend geprägt von dem Bedarf nach Qualitätssicherung und Transparenz. Dahinter steht der Wunsch nach Verbesserungen in der Patientenversorgung, neuen Modellen zur intelligenten Steuerung über qualitätsbasierte Ressourcenallokationen bis hin zu Ansätzen in Richtung Pay for Performance oder Contracting for Outcomes. Augenfälligstes Zeichen dieses zunehmend qualitätsorientierten Denkens ist das Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-FQWG). In diesem Gesetz wird die Einrichtung eines eigenständigen Instituts zur Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTiG) angekündigt.

Auch von den Leistungserbringern wird ein konstruktiver Wettbewerb um gute Qualität in wachsendem Maße als Chance verstanden. Den Krankenkassen als Kostenträgern erlaubt die Qualitätsorientierung, etwa über selektivvertragliche Regelungen, den Versicherten Versorgungsangebote zu machen, welche den größtmöglichen medizinischen Nutzen bei gleichzeitiger Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots gemäß §12 SGB V entfalten. Damit wird eine optimale Ressourcenallokation angestrebt. Mit der Qualitätsorientierung eröffnen sich neue Perspektiven für einen konstruktiven Service-basierten Wettbewerb.

In der Qualitätssicherung wurde lange Zeit „vom Ende her gedacht“ und damit neben Struktur-, Prozess- und Indikationsqualität [1] vor allem die Ergebnisqualität analysiert. In den Abrechnungsdaten des gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) fehlen häufig die anamnestischen, klinischen und apparativen Detailbefunde. Daher stößt eine routinedatengestützte Untersuchung von Ergebnisqualität mit Blick auf den einzelnen Versicherten früh an Grenzen. Nach einer gewissen Ernüchterung bei der Messung der Ergebnisqualität mit Surrogatparametern [2] gewinnt aktuell die Prozessqualität an Bedeutung [3], die sich dank einer nahezu kompletten (weil abrechnungsrelevanten) Leistungshistorie in den Routinedaten hervorragend abbildet und mit den jeweiligen Leitlinienempfehlungen abgeglichen werden kann.

Dem Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen (SVRKAiG) von 2000/2001 zufolge lassen sich Qualitätsmängel drei Kategorien zuordnen [4]:

  • Überversorgung

  • Unterversorgung

  • Fehlversorgung

Vor dem Hintergrund des Primats „Primum non nocere“ wird in den letzten Jahren vermehrt über Fehl- und Überversorgung nachgedacht sowie darüber, wie Patienten vor überflüssigen oder sogar schädlichen Untersuchungen und Behandlungen bewahrt werden können. Maßgeblich angeregt durch die US-amerikanische Initiative „Choosing Wisely“ wurde eine öffentliche Diskussion zum Thema Patientensicherheit angestoßen, die sich in Deutschland nur langsam entwickelt. Zuletzt wurde sie aber v. a. durch die Initiative der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) mit der Entwicklung einer entsprechenden Leitlinie „Schutz vor Überversorgung – gemeinsam entscheiden“ [5] belebt.

In diesem Zusammenhang sind wir der Frage nachgegangen, welchen Beitrag Krankenkassendaten leisten können und in welchen Handlungsfeldern die Diskussion durch eine Auswertung von GKV-Routinedaten bereichert werden kann. Einer der von Choosing Wisely [6] wie auch der Nationalen Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz [7] inspirierten Themenbereiche, der sich ebenso in einer breit angelegten Recherche australischer Autoren zum Thema Überversorgung prominent abbildet [8] und auch die Top-5-Liste der Schweizer Initiative „Smarter Medicine“ anführt [9], ist eine potenzielle Überdiagnostik mit radiologischer Bildgebung bei Rückenschmerzen, für deren Einschätzung GKV-Routinedaten grundsätzlich geeignet sind.


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Überversorgung

Wird von Überversorgung bei Patienten mit Rückenschmerz gesprochen, so lassen sich therapeutische Aspekte – etwa die Überprüfung der Indikationsstellung im Rahmen eines Zweitmeinungsverfahrens – von diagnostischen Aspekten, der sogenannten Überdiagnostik, unterscheiden. Hierunter versteht man, dass eine bildgebende Diagnostik zu früh und v. a. oftmals zu unkritisch erfolgt. Bereits im genannten Gutachten des SVRKAiG von 2000/2001 wurde dieser Punkt hervorgehoben. Daraus entstünde neben medizinischer und ökonomischer Überversorgung auch eine Fehlversorgung: Kranke würden ohne Notwendigkeit Röntgenstrahlen ausgesetzt und festgestellte Befunde führten häufig zu nicht indizierten invasiven Eingriffen [4].

An diesem Punkt setzt die Nationale Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz [7] an, die als Langfassung seit 2010 speziell für Ärzte und seit 2011 auch für die Zielgruppe der Patienten in Form einer separaten Patientenleitlinie u. a. Orientierung zu Art und Umfang radiologischer Diagnostik gibt.


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Medizinische Definition

Rückenschmerzen können verschiedenste Ursachen haben. Die Nationale Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz [7] fokussiert auf die Versorgung von Patienten mit nicht-spezifischem Kreuzschmerz, definiert als Schmerz im Rückenbereich zwischen Rippenbogen und Gesäßfalten, ggf. mit Ausstrahlung.

  • Neben somatischen Faktoren, z. B.

    • Prädisposition,

    • Funktionsfähigkeit

  • sind auch psychische, z. B.

    • Problemlösekompetenz,

    • Selbstwirksamkeit und

  • soziale Aspekte bei Krankheitsentstehung und -fortdauer relevant, z. B.

    • soziale Netze,

    • Versorgungsstatus,

    • Arbeitsplatz.

Kreuzschmerz kann nach Ursache, Dauer, Schweregrad und Chronifizierungsstadium klassifiziert werden. Ursächlich kann zwischen nicht-spezifischem und spezifischem Kreuzschmerz unterschieden werden. Für letzteren kann eine objektive Ursache wie eine Fraktur, Knochenmetastase oder ein Bandscheibenvorfall verantwortlich gemacht werden.

Der Kreuzschmerz kann auch nach dem zeitlichen Verlauf differenziert werden:

  • akut: Schmerzepisoden kürzer als 6 Wochen

  • subakut: länger als 6 Wochen

  • chronisch / chronisch rezidivierend: Symptome bestehen bereits länger als 12 Wochen

Die Schmerzintensität kann während dieser Perioden variieren. Unter rezidivierendem Kreuzschmerz versteht man Schmerzepisoden im beschriebenen Rückenbereich, die nach einer symptomfreien Phase von mindestens 6 Monaten wieder auftreten.


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Prävalenz und Inzidenz

Rückenschmerzen sind in der deutschen Bevölkerung weit verbreitet; Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Bei einer repräsentativen Forsa-Umfrage gaben lediglich 20 % an, noch nie unter Rückenproblemen gelitten zu haben [10]. Es existieren nur wenige Studien, die spezifische Prävalenzen für akuten bzw. chronischen Kreuzschmerz ausweisen.

Rückenschmerzen gehören auch zu den häufigsten Gründen für Krankschreibungen. Die Gesamtzahl an Arbeitsunfähigkeitstagen von Pflichtmitgliedern der GKV lag im Jahr 2012 bei knapp 32 Millionen [11]. Laut Robert Koch-Institut verursachten allein nicht-spezifische Rückenschmerzen im Jahr 2008 rund 3,6 Milliarden Euro an Kosten [12]. Rückenschmerzen haben in den Statistiken zur Arbeitsunfähigkeit, Frühberentung und medizinischen Rehabilitation seit Jahren einen maßgeblichen Anteil [7], [12], [13].


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Diagnostik und Therapie

Bei akutem nicht-spezifischen Kreuzschmerz sind die Beschwerden üblicherweise selbst begrenzend. Folglich benötigen die meisten Patienten, die sich erstmalig wegen Rückenbeschwerden in medizinische Behandlung begeben, lediglich einer Beratung und Akutversorgung. Nur wenn klinisch der Verdacht auf einen gefährlichen Verlauf besteht, sollte gemäß der Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz eine bildgebende Diagnostik sofort veranlasst werden. Ansonsten gilt es, mindestens sechs Wochen abzuwarten ( [ Abb. 1 ]). In diesem Zeitraum sind als therapeutische Optionen Bewegung und ggf. Analgetika indiziert. Alle anderen nichtmedikamentösen Therapien wie

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Abb. 1 Durchführung bildgebender Diagnostik in Abhängigkeit vom zeitlichen Verlauf der Schmerzsymptomatik gemäß Nationaler Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz [7].
  • Akupunktur,

  • Bettruhe,

  • Krankengymnastik,

  • Elektrotherapie oder

  • Massagen

sind genauso wenig angezeigt wie beispielsweise Phytotherapeutika oder perkutan applizierbare Medikamente. Sowohl bei einer Überdiagnostik als auch einer Übertherapie besteht die Gefahr, unbeabsichtigt zu einer Chronifizierung des Krankheitsgeschehens beizutragen.


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Methoden

Unser Ziel war es, das Ausmaß einer potenziellen Überdiagnostik anhand nicht indizierter radiologischer Bildgebung zu untersuchen. Unter Verwendung von GKV-Routinedaten analysierten wir, bei wie vielen Versicherten, die erstmalig von akuten nicht-spezifischen Rückenschmerzen ohne Hinweise auf einen gefährlichen Verlauf betroffen waren, eine zu diesem Zeitpunkt nicht indizierte radiologische Bildgebung erfolgte.

Tagesgenau wurde die radiologische Bildgebungsdiagnostik mithilfe der Gebührenordnungsziffern nach EBM (einheitlicher Bewertungsmaßstab) im ambulanten Bereich oder OPS-Codierungen (Operationen- und Prozedurenschlüssel) im stationären Sektor operationalisiert. Eine detaillierte Auflistung der Leistungen ist dem Online-Supplement zu entnehmen.

Ausgehend von ca. 8 Millionen Versicherten der Techniker Krankenkasse im Jahr 2011 wurden diejenigen in die Analysen eingeschlossen, für die ambulant oder stationär eine gesicherte Rückenschmerz-Diagnose ICD-10-GM M54 dokumentiert war. Ausgeschlossen wurden Versicherte ohne eine mindestens einjährige lückenlose TK-Versicherung vor und nach der ersten Diagnose von Rückenschmerz in 2011. Versicherte, die nach der M54-Erstdiagnose gestorben sind, wurden nicht ausgeschlossen.

Die Spezifität des Rückenschmerzes wurde anhand des Vorliegens ambulanter und / oder. stationärer Diagnosen von Rückenschmerz verursachenden Erkrankungen operationalisiert. Dazu zählen u. a.

  • Bandscheibenvorfälle,

  • Unfallereignisse oder

  • Tumore als Ursachen für ossäre Metastasen.

ICD-Diagnosen, die als mögliche Ursachen für spezifische Rückenschmerzen berücksichtigt wurden, sind dem Online-Supplement zu entnehmen.

Um die Analyse auf inzidente Fälle mit ausschließlich nicht-spezifischen Rückenschmerzen zu beschränken, wurden nur diejenigen Versicherten herangezogen, bei denen im Jahr vor der M54-Erstdiagnose weder Rückenschmerzen noch Ursachen für spezifische Rückenschmerzen dokumentiert waren. Ebenfalls wurden Patienten ausgeschlossen, bei denen eine mögliche Ursache für Rückenschmerz bis zu 92 Tage nach der M54-Erstdiagnose dokumentiert war. Die Berücksichtigung auch zeitlich nachgelagerter Hinweise auf eine Spezifität des Rückenschmerzes ist zwar konservativ, trägt jedoch solchen Konstellationen Rechnung, in denen ein bereits vorbestehender aber noch undokumentierter Hinweis auf eine spezifische Ursache bestand.

Eine besondere Schwierigkeit der Analyse von Routinedaten besteht darin, dass die Diagnosedaten in der vertragsärztlichen Versorgung (§295 SGB V) nicht tagesgenau, sondern nur quartalsweise dokumentiert vorliegen. Um eine zeitliche Vergleichbarkeit mit den tagesgenauen Diagnosen aus dem stationären Bereich herzustellen, wurden alle ambulanten Diagnosedaten einheitlich auf den ersten Tag des jeweiligen Quartals vordatiert. Dieses Vorgehen erlaubt es jedoch nicht, eine leitlinienkonforme Unterschreitung des 6-Wochen-Intervalls zwischen Erstdiagnose und Bildgebung zuverlässig zu bestimmen.

Als Lösung für diese methodische Limitation wurden die Analysen zunächst mit derjenigen Subpopulation an Versicherten durchgeführt, für die zusätzlich zur ambulanten Diagnose tagesgenaue Informationen zur Arbeitsunfähigkeit (AU, §44 SGB V) wegen Rückenschmerzen vorlagen. Der so ermittelte Prozentsatz an Versicherten mit Bildgebung im 6-Wochenzeitraum nach Erstdiagnose wurde anschließend zur Analyse der Gesamtpopulation in 2011 genutzt.


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Ergebnisse

In den Voranalysen mit den AU-Daten hatten 2155 Versicherte im Zeitraum 2011–2012 akute nicht-spezifische Rückenschmerzen. Bei 265 Fällen war eine radiologische Bildgebung ausschließlich nach dem Datum der M54-Erstdiagnose im Leistungsverlauf dokumentiert, wobei diese in 28,7 % der Fälle (n = 76) innerhalb der ersten 6 Wochen durchgeführt wurde ( [ Abb. 2 ]).

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Abb. 2 Wartezeit von Erstdiagnose „Rückenschmerzen“ bis zur radiologischen Bildgebung. Ordinate: Anteil Versicherter mit radiologischer Erstdiagnostik an allen Versicherten mit radiologischer Diagnostik, die ausschließlich nach Beginn der Rückenschmerzen erfolgt ist.

Für die Hauptanalyse der TK-Versicherten mit M54-Diagnose in 2011 galt:

  • 1 559 446 TK-Versicherte hatten im Jahr 2011 mindestens eine gesicherte ambulante oder stationäre Rückenschmerz-Diagnose.

  • 77 416 (5,0 %) davon hatten vor der ersten M54-Diagnose weder Rückenschmerz verursachende Krankheiten noch Tumorerkrankungen im Krankheitsverlauf.

  • Bei 23 354 dieser 77 416 Versicherten (30,2 %) war eine radiologische Bildgebung im Leistungsverlauf dokumentiert, bei 19 482 davon ausschließlich nach der ersten ICD-M54-Diagnose.

  • Bei Anwendung des Prozentsatzes von 28,7 % wurde demnach bei 5591 Versicherten innerhalb der ersten sechs Wochen nach Beginn der Rückenschmerzen entgegen der Versorgungsleitlinie eine radiologische Diagnostik durchgeführt.

Viele Versicherte wurden aus der Analyse ausgeschlossen, weil sie chronischen Rückenschmerz hatten oder an Krankheiten litten, die potenziell Rückenschmerz verursachen können. Hierzu zählen

  • Gelenkkrankheiten (46,4 %),

  • Unfallverletzungen (44,1 %),

  • Erkrankungen der Wirbelsäule exkl. M54 (54,9 %)

  • Erkrankungen von Muskeln, Sehnen, Bindegewebe oder Weichteilen (48,4 %),

  • angeborene Fehlbildungen (17,9 %) und

  • Tumorerkrankungen (8,8 %).

Bei mehr als einer Million Versicherten (67,3 %) waren Rückenschmerzen als Vorerkrankung bekannt ( [ Abb. 3 ]).

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Abb. 3 Art und Umfang von Rückenschmerz verursachenden Diagnosen bei Versicherten mit Rückenschmerz (ICD M54). Ordinate: Anteil von Versicherten mit Rückenschmerzen verursachenden Erkrankungen.

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Diskussion

Bei der Analyse von GKV-Routinedaten ist stets zu bedenken, dass es sich um Sekundärdaten handelt, die nicht alle klinischen Informationen enthalten [14], [15], [16], [17]. Um dieses zu kompensieren, haben wir alle Krankheitskonstellationen ausgeschlossen, die potenziell relevant für die Pathogenese von Rückenschmerzen sein können bzw. bei denen möglicherweise „red flags“ vorgelegen haben könnten. Dies kann als ein Grund für die niedrige Inzidenz von akutem nicht-spezifischem Rückenschmerz gelten.

Zum anderen wurde hinsichtlich der Kausalität bewusst ein großer zeitlicher Sicherheitsabstand berücksichtigt, um eine potenziell verzögerte Dokumentation klinisch relevanter Informationen in GKV-Routinedaten zu berücksichtigen. So ist es vorstellbar, dass Rückenschmerzen infolge von ossären Metastasen bei undokumentiertem Verdacht Auslöser für eine Tumordiagnostik bei einem Versicherten waren und die entsprechenden Diagnoseinformationen zum Tumor erst zeitlich versetzt in den GKV-Routinedaten dokumentiert wurden. Auch wenn hier innerhalb des 6-Wochen-Intervalls nach Erstdiagnostik eines Rückenschmerzes eine Radiologie erfolgte, wurden derartige Konstellationen bewusst von den Analysen ausgeschlossen. Insofern darf die vorliegende Operationalisierung als konservativ gelten, d. h. es ist von einer Unterschätzung des Ausmaßes der Leitlinienabweichung auszugehen.

In der Mehrzahl der Fälle (> 90 %) wird auf eine nicht indizierte oder zu früh durchgeführte radiologische Bildgebungsdiagnostik verzichtet und die Leitlinie damit adäquat umgesetzt. Wenn aber eine Bildgebung erfolgt, findet sie in einem Drittel dieser Fälle zu früh statt oder ist gänzlich unnötig. Hierbei ist auffällig, dass die Bildgebung in 74,2 % der Fälle innerhalb der ersten sieben Tage nach der Erstdiagnose erfolgt. Aus den vorgenannten Gründen steht jedoch zu vermuten, dass in der Versorgungsrealität die tatsächliche Zahl von Patienten mit zu früher oder gänzlich überflüssiger radiologischer Diagnostik noch höher liegt.

Die radiologischen Leistungen wurden bewusst sehr umfassend in die Analyse eingeschlossen, um möglichst keine radiologische Leistungserbringung zu übersehen. Alle potenziell in Frage kommenden EBM-Ziffern (ambulanter Sektor) und OPS-Codes (stationärer Sektor) wurden berücksichtigt. Dieses führt möglicherweise zu Unterschätzungen von konventionellen Röntgenleistungen, da diese im stationären Sektor nicht separat kodiert werden. Dafür könnten bei CT- und MRT-Untersuchungen eventuell Überschätzungen vorliegen, wenn diese im stationären Bereich wegen anderer Krankheitsindikationen zeitlich nachgelagert zur M54-Erstdiagnose durchgeführt wurden.

Eine bildgebende Diagnostik kann zum Ausschluss einer spezifischen Ursache führen und dann folgerichtig als nicht-spezifischer Rückenschmerz in den Daten verbleiben, wenn keine der möglichen Ausschlussgründe im Rahmen der ärztlichen Dokumentation kodiert werden sollte (falsch-positiver Fall). Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass in unseren Analysen sämtliche Fälle ausgeschlossen worden sind, bei denen auch ohne Vorliegen einer red-flag-Situation geröntgt worden ist und die dann festgestellten radiologischen (Zufalls-) Befunde in diesen Fällen erst zur Dokumentation von radiologisch motivierten ICD-Ausschlussdiagnosen geführt haben (falsch-negative Fälle).

GKV-Routinedaten werden im Rahmen der (ärztlichen) Leistungserbringung dokumentiert und fallen somit zeitlich nach dem Auftreten erster (klinischer) Symptome an. Es gibt Indikationen, bei denen das Zeitfenster zwischen klinischem Krankheitsbeginn und dokumentierter ICD-Morbidität gering ist (z. B. Myokardinfarkt) und Indikationen mit größerer Latenzzeit (z. B. Fußpilz).

Es wurden nur Patienten untersucht, die noch nie in ihrer Vorgeschichte Rückenschmerzen hatten. Da bei AU ein monetärer Anreiz besteht, frühzeitig einen Arzt aufzusuchen und andererseits nur diejenigen Patienten erfasst werden, die so sehr unter den erstmalig aufgetretenen Schmerzen leiden, dass sie ihrer Arbeit nicht nachgehen können, gehen wir von einer methodisch korrekten Operationalisierung aus. Die AU-Subgruppe (n = 265 Versicherte) unterschied sich vom Gesamtkollektiv in den ambulanten und stationären TK-Daten (n = 19 482) hinsichtlich der Altersstruktur nur geringfügig (Mittelwert 45,2 vs. 45,6 Jahre), während beim Geschlecht der Männeranteil in der AU-Subgruppe etwas höher (61,5 % vs. 52,9 %) war.

Ursachenanalyse – mögliche Einflussfaktoren

Unsere Ergebnisse liefern Hinweise darauf, dass die Leitlinie zum Rückenschmerz in der Versorgungswirklichkeit nicht ausreichend Beachtung findet. Es steht zu vermuten, dass viele Faktoren einen Einfluss auf eine vorzeitige radiologische Diagnostik haben: An erster Stelle der Versicherte, der sich ggf. von wenig validen Informationsangeboten verleiten lässt, diagnostische (High-Tech-) Möglichkeiten für sich in Anspruch nehmen zu wollen. Doch auch den Ärzten als Leistungserbringern mag eine besondere Bedeutung zukommen. Einerseits könnte der Hausarzt zur Defensivmedizin neigen, anderseits der Facharzt die Amortisierung seiner Praxisausstattung anstreben. Zudem scheuen womöglich beide Berufsgruppen die gegebenenfalls erforderliche, aber oft zeitintensive Überzeugungsarbeit beim Patienten, dass trotz vorhandener Schmerzsymptomatik ad hoc keine akute Diagnostik erforderlich ist. Auch kann der Patient bei vermeintlich zu restriktivem Vorgehen an die benachbarte Praxis verloren werden.

Letztlich müssen sich alle Beteiligten (einschließlich der Krankenkassen) fragen, wie Aspekte der Überversorgung thematisiert werden können, ohne dass Leistungen – in der Wahrnehmung der Versicherten – vorenthalten werden, sondern unnötige und teils kontraproduktive Ausgaben vermieden werden.

Bei der Arztgruppe des zum Radiologen überweisenden Arztes lässt sich nicht valide zwischen Haus- und Facharzt differenzieren. Es besteht weder Wissen darüber, wie sich Patientenströme auf die Haus- und Fachärzte verteilen, noch welche Besonderheiten es in der Zusammensetzung dieser Patientenströme gibt.

Zu diesen Besonderheiten zählt, dass bei der untersuchten Krankheitsindikation, den akuten Rückenschmerzen, die Akuität der Schmerzsymptomatik im Vordergrund stand. Daher dürfte bei der ersten ärztlichen Leistungsinanspruchnahme der Zeitfaktor bei der Terminvergabe (Wartezeit auf einen Facharzttermin) der dominierende Faktor hinsichtlich der Arztgruppenauswahl sein. Zudem können auch monetäre Anreize durch die sogenannte Praxisgebühr, die bis 2012 ein erstmaliges Aufsuchen des Hausarztes gefördert hat, eine Rolle gespielt haben.

Daher kann das Ergebnis unserer Analysen, dass 73,7 % aller Überweisungen zum Radiologen vom Hausarzt (hausärztlich niedergelassene Internisten, Allgemeinmediziner und praktische Ärzte) ausgestellt worden sind und der Anteil von Orthopäden, Unfallchirurgen und Chirurgen bei unter 10 % liegt, in keiner Weise im Sinne irgendeiner „Schuldzuweisung“ interpretiert werden.


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Handlungsoptionen

Die Ergebnisse machen deutlich, dass das Thema Überdiagnostik ein relevantes Problem darstellt, nicht nur aus ökonomischer Sicht, sondern auch im Hinblick auf die Patientenorientierung und -sicherheit. Dem Patienten kann erheblicher Schaden – sei es durch die Diagnostik selbst oder durch im Rahmen der Diagnostik ausgelöste Therapie – zugefügt werden [18], [19], [20]. Daher ist bei allen Beteiligten eine weitergehende Sensibilisierung erforderlich.


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Fazit und Ausblick

Bei jedem dritten Versicherten, der wegen erstmalig aufgetretener akuter nicht-spezifischer Rückenschmerzen eine radiologische Bildgebung erhält, wird die sechswöchige Wartezeit nicht eingehalten. Ausgehend von einem TK-Marktanteil von 11,4 % an allen gesetzlich krankenversicherten Personen in Deutschland in 2011 sind hochgerechnet auf die GKV jährlich 48 957 Versicherte betroffen. Angesichts des Krankheitsbildes mit üblicherweise selbst begrenzenden Beschwerden werden diese Menschen einer unnötigen Strahlenbelastung ausgesetzt. Zudem kann Überdiagnostik auch zu einer Chronifizierung führen und häufig nicht indizierte invasive Eingriffe zur Folge haben. Deshalb ist vor jeder radiologischen Bildgebung kritisch zu hinterfragen, inwieweit eine Indikationsstellung wirklich gegeben ist.

Hinsichtlich künftiger Weiterentwicklungen in der Qualitätssicherung stellen GKV-Routinedaten eine wertvolle Quelle dar, vorliegend gezeigt am Beispiel des Abgleichs der Versorgungswirklichkeit von Patienten mit Rückenschmerz gegen die entsprechende Leitlinienempfehlung. Weitere Untersuchungen zur Umsetzung der PRISCUS-Liste [21], der Nationalen Versorgungsleitlinie zur Koronaren Herzkrankheit [22], [23] oder der GBA-Richtlinie zur Stufendiagnostik [24] bei schlafbezogenen Atemstörungen unterstreichen das Potenzial der Routinedaten.

Konsequenzen für Klinik und Praxis
  • Bei akuten nicht-spezifischen Rückenschmerzen ohne klinischen Verdacht auf einen gefährlichen Verlauf sollte erst nach einer Wartezeit von sechs Wochen radiologisch untersucht werden.

  • In ca. 10 % der Fälle erfolgt nach Diagnosestellung eine radiologische Bildgebung.

  • Wenn eine radiologische Bildgebungsdiagnostik durchgeführt wird, findet diese in einem Drittel der Fälle zu früh oder gänzlich unnötig statt.

  • Hochgerechnet auf die GKV wird jährlich bei 48 957 Versicherten vor Ablauf der sechswöchigen Wartefrist eine bildgebende Diagnostik durchgeführt.


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Online-Supplement

1. Operationalisierung Krankheitsursachen für Rückenschmerzen

Synoptische Zusammenstellung ambulanter und stationärer Diagnosen gemäß ICD-10-GM als mögliche Ursache für (spezifische) Rückenschmerzen, gruppiert in selbst zusammengestellten Krankheitsgruppen (A-F, T1 und T3).

1.1. Gruppe-A: Gelenkkrankheiten

  • Infektiöse Arthropathie

    • M00.-Eitrige Arthritis

    • M01.-*Direkte Gelenkinfektionen bei anderenorts klassifizierten infektiösen und parasitären Krankheiten

    • M02.-Reaktive Arthritiden

    • M03.-*Postinfektiöse und reaktive Arthritiden bei anderenorts klassifizierten Krankheiten

  • Entzündliche Polyarthropathien

    • M05.-Seropositive chronische Polyarthritis

    • M06.-Sonstige chronische Polyarthritis

    • M07.-*Arthritis psoriatica und Arthritiden bei gastrointestinalen Grundkrankheiten

    • M08.-Juvenile Arthritis

    • M09.-*Juvenile Arthritis bei anderenorts klassifizierten Krankheiten

    • M10.-Gicht

    • M11.-Sonstige Kristall-Arthropathien

    • M12.-Sonstige näher bezeichnete Arthropathien

    • M13.-Sonstige Arthritis

    • M14.-*Arthropathien bei sonstigen anderenorts klassifizierten Krankheiten

  • Arthrose

    • M15.-Polyarthrose

    • M16.-Koxarthrose [Arthrose des Hüftgelenkes]

    • M17.-Gonarthrose [Arthrose des Kniegelenkes]

    • M18.-Rhizarthrose [Arthrose des Daumensattelgelenkes]

    • M19.-Sonstige Arthrose

  • Sonstige Gelenkkrankheiten

    • M20.-Erworbene Deformitäten der Finger und Zehen

    • M21.-Sonstige erworbene Deformitäten der Extremitäten

    • M22.-Krankheiten der Patella

    • M23.-Binnenschädigung des Kniegelenkes [internal derangement]

    • M24.-Sonstige näher bezeichnete Gelenkschädigungen

    • M25.-Sonstige Gelenkkrankheiten, anderenorts nicht klassifiziert


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1.2. Gruppe-B: Muskeln-Sehnen-Bindegewebe-Weichteil

  • Systemkrankheiten des Bindegewebes

    • M30.-Panarteriitis nodosa und verwandte Zustände

    • M31.-Sonstige nekrotisierende Vaskulopathien

    • M32.-Systemischer Lupus erythematodes

    • M33.-Dermatomyositis-Polymyositis

    • M34.-Systemische Sklerose

    • M35.-Sonstige Krankheiten mit Systembeteiligung des Bindegewebes

    • M36.-*Systemkrankheiten des Bindegewebes bei anderenorts klassifizierten Krankheiten

  • Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes

    • M70.-Krankheiten des Weichteilgewebes im Zusammenhang mit Beanspruchung, Überbeanspruchung und Druck

    • M71.-Sonstige Bursopathien

    • M72.-Fibromatosen

    • M73.-*Krankheiten des Weichteilgewebes bei anderenorts klassifizierten Krankheiten

    • M75.-Schulterläsionen

    • M76.-Enthesopathien der unteren Extremität mit Ausnahme des Fußes

    • M77.-Sonstige Enthesopathien

    • M79.-Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes, anderenorts nicht klassifiziert

  • Krankheiten der Muskeln

    • M60.-Myositis

    • M61.-Kalzifikation und Ossifikation von Muskeln

    • M62.-Sonstige Muskelkrankheiten

    • M63.-*Muskelkrankheiten bei anderenorts klassifizierten Krankheiten

  • Krankheiten der Synovialis und der Sehnen

    • M65.-Synovitis und Tenosynovitis

    • M66.-Spontanruptur der Synovialis und von Sehnen

    • M67.-Sonstige Krankheiten der Synovialis und der Sehnen

    • M68.-*Krankheiten der Synovialis und der Sehnen bei anderenorts klassifizierten Krankheiten


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1.3. Gruppe-C: Wirbelsäule exkl. M54-Rückenschmerz

  • Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens

    • M50.-Zervikale Bandscheibenschäden

    • M51.-Sonstige Bandscheibenschäden

    • M53.-Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens, anderenorts nicht klassifiziert

  • Deformitäten der Wirbelsäule und des Rückens

    • M40.-Kyphose und Lordose

    • M41.-Skoliose

    • M42.-Osteochondrose der Wirbelsäule

    • M43.-Sonstige Deformitäten der Wirbelsäule und des Rückens

  • Spondylopathien

    • M45.-Spondylitis ankylosans

    • M46.-Sonstige entzündliche Spondylopathien

    • M47.-Spondylose

    • M48.-Sonstige Spondylopathien

    • M49.-*Spondylopathien bei anderenorts klassifizierten Krankheiten


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1.4. Gruppe-D: Knochen

  • Veränderungen der Knochendichte und -struktur

    • M80.-Osteoporose mit pathologischer Fraktur

    • M81.-Osteoporose ohne pathologische Fraktur

    • M82.-*Osteoporose bei anderenorts klassifizierten Krankheiten

    • M83.-Osteomalazie im Erwachsenenalter

    • M84.-Veränderungen der Knochenkontinuität

    • M85.-Sonstige Veränderungen der Knochendichte und -struktur

  • Sonstige Osteopathien

    • M86.-Osteomyelitis

    • M87.-Knochennekrose

    • M88.-Osteodystrophia deformans [Paget-Krankheit]

    • M89.-Sonstige Knochenkrankheiten

    • M90.-*Osteopathien bei anderenorts klassifizierten Krankheiten

  • Chondropathien

    • M91.-Juvenile Osteochondrose der Hüfte und des Beckens

    • M92.-Sonstige juvenile Osteochondrosen

    • M93.-Sonstige Osteochondropathien

    • M94.-Sonstige Knorpelkrankheiten

  • Sonstige Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes

    • M95.-Sonstige erworbene Deformitäten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes

    • M96.-Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems nach medizinischen Maßnahmen, anderenorts nicht klassifiziert

    • M99.-Biomechanische Funktionsstörungen, anderenorts nicht klassifiziert


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1.5. Gruppe-E: Unfall-Verletzung

  • Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen

    • S00-S09 Verletzungen des Kopfes

    • S10-S19 Verletzungen des Halses

    • S20-S29 Verletzungen des Thorax

    • S30-S39 Verletzungen des Abdomens, der Lumbosakralgegend, der Lendenwirbelsäule und des Beckens

    • S40-S49 Verletzungen der Schulter und des Oberarmes

    • S50-S59 Verletzungen des Ellenbogens und des Unterarmes

    • S60-S69 Verletzungen des Handgelenkes und der Hand

    • S70-S79 Verletzungen der Hüfte und des Oberschenkels

    • S80-S89 Verletzungen des Knies und des Unterschenkels

    • S90-S99 Verletzungen der Knöchelregion und des Fußes

    • T00-T07 Verletzungen mit Beteiligung mehrerer Körperregionen

    • T08-T14 Verletzungen nicht näher bezeichneter Teile des Rumpfes, der Extremitäten oder anderer Körperregionen

    • T15-T19 Folgen des Eindringens eines Fremdkörpers durch eine natürliche Körperöffnung

    • T20-T32 Verbrennungen oder Verätzungen

    • T33-T35 Erfrierungen

    • T66-T78 Sonstige und nicht näher bezeichnete Schäden durch äußere Ursachen

    • T79-T79 Bestimmte Frühkomplikationen eines Traumas

    • T80-T88 Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer Behandlung, anderenorts nicht klassifiziert

    • T89-T89 Sonstige Komplikationen eines Traumas, anderenorts nicht klassifiziert

    • T90-T98 Folgen von Verletzungen, Vergiftungen und sonstigen Auswirkungen äußerer Ursachen

  • Äußere Ursachen von Morbidität und Mortalität

    • V01-X59 Unfälle

    • X60-X84 Vorsätzliche Selbstbeschädigung

    • X85-Y09 Tätlicher Angriff

    • Y10-Y34 Ereignis, dessen nähere Umstände unbestimmt sind

    • Y35-Y36 Gesetzliche Maßnahmen und Kriegshandlungen

    • Y40-Y84 Komplikationen bei der medizinischen und chirurgischen Behandlung


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1.6. Gruppe-F: Angeborene Fehlbildungen

  • Angeborene Fehlbildungen, Deformitäten und Chromosomenanomalien

    • Q35-Q37 Lippen-, Kiefer- und Gaumenspalte

    • Q65-Q79 Angeborene Fehlbildungen und Deformitäten des Muskel-Skelett-Systems

    • Q80-Q89 Sonstige angeborene Fehlbildungen


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1.7. Gruppe-T1: Bösartige Neubildungen

  • Bösartige Neubildungen (C00-C97)


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1.8. Gruppe-T3: Neubildungen unbekannten Verhaltens

  • Neubildungen unsicheren oder unbekannten Verhaltens (D37-D48)


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2. Operationalisierung radiologischer Leistungen

2.1. ambulanter Sektor

Synoptische Zusammenstellung ambulanter radiologischer und nuklearmedizinischer Gebührenordnungspositionen (GOPen) des einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM), die potentiell bei der Diagnostik von Rückenschmerzen zum Einsatz kommen könnten.

01 Röntgen

diagnostischen Radiologie (konventionell)

34220

34220 Aufnahmen des knöchernen Thorax

34221

34221 Aufnahmen von Teilen der Wirbelsäule

34222

34222 Aufnahme(n) der gesamten Wirbelsäule

34223

34223 Myelographie(n)

34230

34230 Aufnahme von Teilen des Skeletts oder des Kopfes

34231

34231 Aufnahmen der Schulter, des Schultergürtels

34234

34234 Aufnahmen des Beckens, der Beckenweichteile

34236

34236 Kontrastuntersuchung eines Gelenks (nicht Schulter, Ellbogen, Hüfte, Knie)

34237

34237 Röntgenteilaufnahmen des Beckens in mindestens zwei Ebenen

34238

34238 Durchführung gehaltener Aufnahmen im Zusammenhang mit den Gebührenordnungspositionen 34230 bis 34233

34240

34240 Übersichtsaufnahme der Brustorgane, eine Ebene

34241

34241 Übersichtsaufnahme der Brustorgane, zwei Ebenen

34242

34242 Übersichtsaufnahmen und Durchleuchtung der Brustorgane

34243

34243 Übersichtsaufnahme des Abdomens, eine Ebene

34244

34244 Übersichtsaufnahmen des Abdomens, zwei Ebenen

34245

34245 Röntgenaufnahme von Teilen des Abdomens

34280

34280 Durchleuchtung(en)

34281

34281 Durchleuchtung bei Fraktur, Luxation, Fremdkörper

34282

34282 Schichtaufnahmen

02 CT

spezielle GOPs zur Computertomographie

34311

34311 CT-Untersuchung von Teilen der Wirbelsäule

34330

34330 CT-Untersuchung des Thorax

34340

34340 CT-Untersuchung des Oberbauches

34341

34341 CT-Untersuchung des gesamten Abdomens

34342

34342 CT-Untersuchung des Beckens

03 MRT

spezielle GOPs zur Magnet-Resonanz-Tomographie

34411

34411 MRT-Untersuchung von Teilen der Wirbelsäule

34430

34430 MRT-Untersuchung des Thorax

34440

34440 MRT-Untersuchung des Oberbauchs

34441

34441 MRT-Untersuchung des Abdomens

34442

34442 MRT-Untersuchung des Beckens

04 Osteodensitometrie

arztgruppenübergreifende spezielle GOPs zur Osteodensitometrie

34600

34600 Osteodensitometrie (Photonenabsorptions-Technik)

05 Szintigraphie

diagnostische Leistungen in der Radiologie und Nuklearmedizin

17310

17310 - Teilkörperszintigraphie

17311

17311 Ganzkörperszintigraphische Untersuchung

17312

17312 Zuschlag zu der Gebührenordnungsposition 17311 für die Verwendung eines Ganzkörperzusatzes

06 Radionuklide

leistungsbezogene Kostenpauschalen für Radionuklide

40502

40502 Knochen/Skelett

40556

40556 Gelenk: 90-Yttrium-Colloid

40558

40558 Gelenk: 186-Rhenium-Colloid

40560

40560 Gelenk: 169-Erbium-Colloid

07 Radiologenbesuch

diagnostische und therapeutische GOPs innerhalb der radiologischen GOPs

24210

24210 Konsiliarkomplex bis 5. Lebensjahr

24211

24211 Konsiliarkomplex 6. - 59. Lebensjahr

24212

24212 Konsiliarkomplex ab 60. Lebensjahr


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2.2. stationärer Sektor

Synoptische Zusammenstellung von Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS-Codes), die potentiell bei der Diagnostik von Rückenschmerzen zum Einsatz kommen könnten.

01 Projektionsradiographie

3-13 Projektionsradiographie mit Kontrastmittelverfahren

3-130

3-130 Myelographie

3-131

3-131 Diskographie

3-13k

3-13k Arthrographie

3-13x

3-13x Andere Projektionsradiographie mit Kontrastmittelverfahren

02a CT (nativ)

3-20 Computertomographie (CT), nativ

3-201

3-201 Native Computertomographie des Halses

3-202

3-202 Native Computertomographie des Thorax

3-203

3-203 Native Computertomographie von Wirbelsäule und Rückenmark

3-205

3-205 Native Computertomographie des Muskel-Skelett-Systems Inkl.: Gelenke

3-20x

3-20x Andere native Computertomographie

02b CT (mit KM)

3-22 Computertomographie (CT) mit Kontrastmittel

3-221

3-221 Computertomographie des Halses mit Kontrastmittel

3-222

3-222 Computertomographie des Thorax mit Kontrastmittel

3-223

3-223 Computertomographie von Wirbelsäule und Rückenmark mit Kontrastmittel

3-227

3-227 Computertomographie des Muskel-Skelett-Systems mit Kontrastmittel Inkl.: Gelenke

3-22x

3-22x Andere Computertomographie mit Kontrastmittel

02c CT (spezial)

3-24 Computertomographie (CT), Spezialverfahren

3-241

3-241 CT-Myelographie

3-24x

3-24x Andere Computertomographie-Spezialverfahren

03 Szintigraphie

Nuklearmedizinische diagnostische Verfahren

3-700

3-700 Szintigraphie von Gehirn und Liquorräumen

3-705

3-705 Szintigraphie des Muskel-Skelett-Systems

3-70c

3-70c Ganzkörper-Szintigraphie zur Lokalisationsdiagnostik

3-70d

3-70d Teilkörper-Szintigraphie zur Lokalisationsdiagnostik

3-70x

3-70x Andere Szintigraphien

3-733

3-733 Single-Photon-Emissionscomputertomographie mit Computertomographie (SPECT/CT) des Skelettsystems

3-73x

3-73x Andere Single-Photon-Emissionscomputertomographie mit Computertomographie (SPECT/CT)

3-742

3-742 Positronenemissionstomographie des gesamten Körperstammes

3-74x

3-74x Andere Positronenemissionstomographie

3-752

3-752 Positronenemissionstomographie mit Computertomographie (PET/CT) des gesamten Körperstammes

3-753

3-753 Positronenemissionstomographie mit Computertomographie (PET/CT) des ganzen Körpers

3-754

3-754 Positronenemissionstomographie mit Computertomographie (PET/CT) des gesamten Körperstammes und des Kopfes

3-75x

3-75x Andere Positronenemissionstomographie mit Computertomographie (PET/CT

04a MRT (nativ)

3-80 Magnetresonanztomographie (MRT), nativ

3-801

3-801 Native Magnetresonanztomographie des Halses

3-802

3-802 Native Magnetresonanztomographie von Wirbelsäule und Rückenmark)

3-806

3-806 Native Magnetresonanztomographie des Muskel-Skelett-Systems

3-809

3-809 Native Magnetresonanztomographie des Thorax

3-80x

3-80x Andere native Magnetresonanztomographie

04b MRT (KM)

3-82 Magnetresonanztomographie (MRT) mit Kontrastmittel

3-821

3-821 Magnetresonanztomographie des Halses mit Kontrastmittel

3-822

3-822 Magnetresonanztomographie des Thorax mit Kontrastmittel

3-823

3-823 Magnetresonanztomographie von Wirbelsäule und Rückenmark mit Kontrastmittel

3-826

3-826 Magnetresonanztomographie des Muskel-Skelett-Systems mit Kontrastmittel

3-82x

3-82x Andere Magnetresonanztomographie mit Kontrastmittel

04c MRT (spezial)

3-84 Magnetresonanztomographie (MRT), Spezialverfahren

3-841

3-841 Magnetresonanz-Myelographie

3-844

3-844 Magnetresonanz-Arthrographie

3-84x

3-84x Andere Magnetresonanz-Spezialverfahren

05 andere

3-90 Andere bildgebende Verfahren

3-900

3-900 Knochendichtemessung (alle Verfahren)


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Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

* geteilte Erstautorenschaft


Supporting Information


Korrespondenz

Prof. Dr. med. habil. Roland Linder
Wissenschaftliches Institut der TK für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen
Habichtsstraße 30
22305 Hamburg
Phone: 040 / 69 09–2338   
Fax: 040 / 69 09–2307   


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Abb. 1 Durchführung bildgebender Diagnostik in Abhängigkeit vom zeitlichen Verlauf der Schmerzsymptomatik gemäß Nationaler Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz [7].
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Abb. 2 Wartezeit von Erstdiagnose „Rückenschmerzen“ bis zur radiologischen Bildgebung. Ordinate: Anteil Versicherter mit radiologischer Erstdiagnostik an allen Versicherten mit radiologischer Diagnostik, die ausschließlich nach Beginn der Rückenschmerzen erfolgt ist.
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Abb. 3 Art und Umfang von Rückenschmerz verursachenden Diagnosen bei Versicherten mit Rückenschmerz (ICD M54). Ordinate: Anteil von Versicherten mit Rückenschmerzen verursachenden Erkrankungen.