Einleitung:
Ein Drittel der Befragten gaben bei einer Umfrage unter den LeserInnen des Magazins
Nature an, dass sie sich durch die Verbreitung verschreibungspflichtige Medikamente
(wie Methylphenidat) unter Mitschülerinnen und Mitschülern ihrer Kinder unter Druck
gesetzt fühlten, ihren gesunden Kindern ebenfalls solche Substanzen zu verabreichen
[1]. In der ethischen Debatte wird dieses sogenannte „Cognitive Enhancement“ kritisch
diskutiert. Einerseits wird diesen Medikamenten die Fähigkeit zugeschrieben, die Auswirkungen
schlechter schulischer Bedingungen, auszugleichen. Mithilfe von Medikamenten könnten
gesunde Kinder besser ihr intellektuelles Potenzial entfalten. Gegenargumente thematisieren
unter anderem die Gefahren (z.B. Nebenwirkungen wie Sucht oder Depression) einer solchen
medikamentösen „Lösung“ von sozialen Problemen.
Wie Eltern ihre Entscheidungen für oder gegen eine Medikation treffen und welchen
Einfluss das nahe und erweiterte soziale Umfeld spielt, wurde bislang jedoch kaum
untersucht [2]. Basierend auf verschiedenen theoretischen Annahmen (Theorie differentieller
Assoziation, Rational-Choice Theorie, Wirkung deskriptiver/injunktiver Normen, etc.)
untersuchen wir mögliche soziale Lernprozesse.
Material & Methoden:
In vier experimentellen Studien (N
1 – 4 > 300) mit Vignetten untersuchen wir bei US-amerikanischen Eltern mit Kindern im
schulpflichtigem Alter unter anderem den Einfluss sozialer Kontrolle und von Imitationsprozessen.
Dabei testen wir die moderierende Rolle der Nähe bzw. Distanz zur Referenzgruppe.
Ergebnisse:
Die Experimente zeigen, dass Eltern unter anderem vom Verhalten und von den Erfahrungen
anderer Eltern beeinflusst werden, nicht jedoch von deren moralischen Einstellungen.
Die Effekte variieren in Abhängigkeit davon, ob enge Freunde oder Kommunikation in
sozialen Medien die Quelle der Informationen zum Medikamentenkonsum darstellen. Außerdem
zeigt sich, dass Eltern eher bereit sind ihren Kindern solche Mittel zu verabreichen,
wenn sie es in der Vergangenheit bereits getan haben.
Diskussion:
Die Studie zeigt, dass soziale Einflussprozesse die Bereitschaft von Eltern partiell
darin beeinflussen ihren gesunden Kindern Medikamente zur Steigerung der schulischen
Leistung zu geben.
Schlussfolgerung:
Mithilfe der Ergebnisse lassen sich Implikationen für Präventions- und Interventionsmaßnahmen
ableiten, wie eine Aufklärung zu den Risiken der Medikamenteneinnahme.
Literatur:
[1] Maher, B. 2008. Poll results: look who's doping. Nature 452: 674 – 75.
[2] Sattler, S., Wörn, J. (in press). Public Perceptions of Prescription Drug Use
for Cognitive Enhancement Drug Use in Healthy Children and Adolescents. in: Saskia
Nagel (ed.), Enhancing Children.