Einleitung:
Die qualitative Gesundheitsforschung ist etabliert, auch im Kontext einer evidenz-basierten
Medizin. Im internationalen Vergleich gibt es in der deutschen medizinischen Psychologie
und Soziologie Nachholbedarf im Bereich der qualitativen Methodenschulung und -entwicklung.
Dabei verweisen viele Themen der Gesundheitsforschung, insbesondere die gemeindebasierten
und individuellen psychosozialen Interventionsstrategien, auf eine qualitative Forschungsstrategie,
da diese mit ihrer dialogisch-kommunikativen und prozessorientierten Methodologie
und ihren sinnverstehenden Interpretationsstrategien in besonderer Weise geeignet
ist, den Phänomenen von Gesundheit und Krankheit gerecht zu werden.
Material & Methoden:
Anhand eines Überblicks über den Stand der qualitativen Gesundheitsforschung wird
auf den Kanon qualitativer Forschung verwiesen und die Vielfalt der Erhebungs- und
Auswertungsmethoden, die bisher jedoch in der qualitativen Gesundheitsforschung zu
wenig Anwendung findet, dargestellt. Im Besonderen wird auf rekonstruktiv-interpretative
Verfahren wie z.B. das verstehende Interview, Grounded Theory, Sequenzanalyse eingegangen
und deren Anwendung diskutiert.
Ergebnisse:
Die Wandlungstendenzen in den Versorgungsbedürfnissen, im Arzt-Patienten-Verhältnis
etc. führen dazu, dass sich die kulturellen Deutungsmuster darüber wann Individuen
sich gesund oder krank fühlen bzw. als gesund oder krank diagnostiziert werden, verschieben.
Bei der Analyse dieses Wandels kann die interpretative Sozialforschung einen entscheidenden
Beitrag leisten.
Diskussion:
Der Entwicklungsstand qualitativer Methoden, deren Anwendung sowie Chancen in unterschiedlichen
Feldern werden diskutiert, wie auch die Herausforderungen von mixed-methods-designs.
Zu diskutieren wird sein, warum sich die etablierten qualitativen Erhebungs- und Auswertungsverfahren
im Feld der Gesundheitsforschung in ihrer Vielfalt kaum wiederfinden.
Schlussfolgerung:
Die subjektiven Erfahrungsaufschichtungen bei der Krankheitsbewältigung sowie die
individuellen als auch kollektiven Deutungsmuster zu Gesundheit und Krankheit können
mittels qualitativer Verfahren rekonstruiert und in eine möglichst genaue und reichhaltige
Beschreibung sowie Analyse der komplexen sozialen Wirklichkeiten im Zusammenhang mit
der Gesundheitsversorgung eingebettet werden. Dies gelingt jedoch nur, wenn zukünftig
die Methodenschulung und -entwicklung in der qualitativen Gesundheits- und Versorgungsforschung
vorangetrieben wird.