Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-0035-1553583
Clinical Research Forum: Bericht zur 9. Ausgabe 2014 und Ausblick zum 10-Jahres-Jubiläum am 7. November 2015
Publication History
Publication Date:
21 August 2015 (online)

Experimental Single-Case Studies
Die Initiatoren des 9. Clinical Research Forums (CRF) luden am 15. November 2014 nach Valens inmitten der herrlichen Berglandschaft der Kantone St. Gallen und Graubünden (Schweiz) ein ([Abb. 1]). Zahlreiche Teilnehmer nahmen die kurvige Bergfahrt auf sich, um Näheres zum Thema „Single-case Studies“ zu erfahren. Dieses Studiendesign, auch n-of-1-trial genannt, erfährt auch in der Medizin zunehmende Beliebtheit und ist nicht mit retrospektiven Fallbeispielen oder Fallserien zu verwechseln. Bei Single-case Studies wird in der Regel ein einziger Patient sowohl über eine Phase ohne als auch mit einer experimentellen Intervention über einen längeren Zeitraum beobachtet.


Dr. Judith Sieben, Senior Forscherin am CAPHRI Institut der Universität Maastricht (NL), führte die Zuhörer mit großem didaktischen Geschickt in die Thematik ein ([Abb. 2]). Die Vorteile gegenüber einer randomisierten kontrollierten Studie (RCT) sind offensichtlich: Single-case Studies sind kostengünstiger in der Durchführung und bieten viel klinisch relevante Information. Ähnlich wie die RCT hat eine Single-case Study einen experimentellen Charakter und eignet sich damit für Pilotversuche einer neuartigen Intervention oder als Grundlage für neue Theorien. Die Daten werden sowohl optisch mittels Grafiken als auch statistisch mittels Effektgröße oder C-Statistik analysiert. Mit dem Design lassen sich Fragen über den Zusammenhang von Therapiedosis und entsprechendem Effekt, aber auch Vergleiche verschiedener Therapien analysieren. Dr. Sieben mahnte jedoch, trotz aller Vorteile den Aufwand für eine engmaschige Beobachtung des Patienten mit zahlreichen Messungen nicht zu unterschätzen. Im anschließenden Workshop entwickelten die Teilnehmer unter Begleitung von Dr. Sieben eigene Single-case Studies. Sie waren sich einig, dass sich dieses Studiendesign als Methode der Wahl zur Beantwortung ausgewählter Fragestellungen in der Physiotherapie eignet und eine praxisnahe, leicht durchführbare und kostengünstige Alternative zu RCT darstellt.


Clare Maguire vom Bildungszentrum Gesundheit Basel-Stadt referierte über ihre konkreten Erfahrungen mit der Durchführung von RCT und Single-case Studies. Sie zeigte eindrucksvoll auf, wie schwierig die Finanzierung eines RCT sein kann und wies auf andere potenzielle Probleme des Designs wie Rekrutierung und das Vermeiden von Kontamination hin. Sie ermunterte die Teilnehmer, auch andere Finanzierungsmodelle wie das sogenannte „Crowd-funding“ zu versuchen. In ihrer eigenen Single-case Study stellte sie die praktische Anwendung dieses Designs dar. Sie untersuchte Patienten mit chronischem Schlaganfall jede Woche über einen Zeitraum von 9 Monaten. Die jeweils 2,5 – 3,5 Monate dauernden 3 Phasen umfassten: (1) Phase A: Baseline, (2) Phase B: Intervention und (3) Phase C: Follow-up. Da die Probanden ihre eigene Kontroll- oder Vergleichsgruppe waren, konnten sie mit breiter angelegten Ein- und Ausschlusskriterien als in einem RCT rekrutiert werden. Die wöchentlichen Messungen erlaubten die Kontrolle von Störfaktoren und das genaue Erfassen der Reaktionen der Patienten.
Nach dem Mittagessen boten die Forscher und Physiotherapeuten Dr. Peter Oesch und Dr. Jan Kool spannende Workshops an. Peter Oesch untersuchte im Rahmen einer EU-finanzierten Studie, ob Balancetraining mittels Computerspielen einen Zusatznutzen gegenüber konventionellen Gleichgewichtsübungen bringt. Er stellte eindrucksvoll die Herausforderung der Realisierung der Spiele mit den Softwareentwicklern und Partnerinstitutionen dar. Anschließend konnten die Teilnehmer selbst an den neu entwickelten Computerspielen üben ([Abb. 3]). Obwohl keine Schlussergebnisse vorliegen, scheint laut Peter Oesch eine gewisse Patientengruppe vom Balancetraining zu profitieren.


Jan Kool führte die aufmerksamen Zuhörer in die Ganganalyse mit der Gaitrite-Matte ein. Im Vergleich zur kostspieligen Ausrüstung eines Ganglabors mit Infrarotkameras und Kraftmessplatte sind die Anschaffungskosten dieser Messmethode deutlich geringer. Er plädierte dafür, Routinemessungen bei möglichst vielen Patienten zu erheben, um so Normwerte zu entwickeln. Hier gebe es noch großes Potenzial.
Mit vielen Impressionen, neuen Kontakten und zahlreichen neuen Ideen für künftige Clinical Research Foren und gut verpflegt endete die Tagung 2014.