Bösartige Tumoren folgen spezifischen Ausbreitungsmustern. Die Geweberäume, die im
Verlauf der malignen Progression eingenommen werden, entsprechen den Stadien der Embryonal-
und Fetalentwicklung des betroffenen Gewebes. Diese wichtige Erkenntnis haben M. Höckel
et al. von der Universität Leipzig im März in der Zeitschrift The Lancet Oncology
veröffentlicht. Zerstörerische Tumoren wachsen, indem sie pathologisch reaktivierte
Entwicklungsprozesse in rückwärtiger Abfolge durchlaufen. Dabei nehmen sie fest definierte
Geweberäume (sog. Kompartimente) ein.
Auf der Grundlage dieser Erkenntnis hatten die Forscher die totale mesometriale Resektion,
eine neue Operationsmethode in Form der Kompartimentresektion, entwickelt. Dabei wird
das tumorbefallene Gewebe präzise entlang seiner embryonalen Entwicklungsstruktur
entfernt. Gewebe, das sich aus anderen Vorläuferstrukturen entwickelt hat, kann geschont
werden. Eine zusätzliche Strahlentherapie ist nicht mehr erforderlich, da die Voraussetzung
für den lokalen Tumorrückfall beseitigt wird. Nach dieser Operationsmethode an der
Universitätsfrauenklinik Leipzig ist der Krebs in 95 % der Fälle nicht wieder aufgetreten.
Bei konventionellen Methoden liegt die Quote bei 85 %. Das Komplikationsrisiko ist
von 28 auf 15 % gesunken. Die Kompartimenttheorie ist nicht nur auf frühe sondern
auch auf fortgeschrittene Krebserkrankungen anwendbar. Zudem konnte eine neue, aus
der Kompartimenttheorie abgeleitete Stadieneinteilung, das „ontogenetische Tumorstaging",
die Prognose der Erkrankung deutlich besser einschätzen, als die konventionelle Stadieneinteilung.
Bei der üblichen weiten Exzision kommt es trotz sorgfältiger Durchführung nicht selten
zum Tumorrückfall. Mit einer zusätzlichen Bestrahlung wird versucht, das Risiko zu
verringern. Das Herausschneiden gesunden Gewebes und die zusätzliche Bestrahlung können
jedoch erhebliche Schäden verursachen. Deshalb haben die Leipziger Forscher die Kompartimentresektion
entwickelt, die sich in der klinischen Praxis bewährt.
Nach einer Mitteilung der Universität Leipzig