ergopraxis 2014; 7(04): 36-37
DOI: 10.1055/s-0034-1373757
ergotherapie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

Box and Block Test – Wenn die Würfel fallen

Markus Kraxner

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Publication Date:
31 March 2014 (online)

 

Um die Grobgeschicklichkeit der Arme zu messen und Therapieerfolge abzubilden, eignet sich der Box and Block Test. Er ist zuverlässig, gut erforscht und enthält umfangreiche Normwerte für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Außerdem kann man ihn leicht selbst herstellen.


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Markus Kraxner

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Markus Kraxner, Ergotherapeut aus Österreich, arbeitet hauptberuflich in der Akutpsychiatrie sowie freiberuflich im neurologischen und geriatrischen Fachbereich. Seine Spezialgebiete sind die Sturzprävention und www.handlungsplan.net – eine offene und kostenfreie Internetplattform für Ergotherapeuten.

Der Box and Block Test (BBT) entstand in der Mitte des 20. Jahrhunderts. In der prototypischen Urform verwendete man zunächst eine Schüssel und Holzblöcke, um mit diesen Materialien die grobe Geschicklichkeit als Teil der Armfunktion zu messen. Seine endgültige äußere Form als offene Holzbox mit zwei Fächern erhielt der BBT schließlich im Jahr 1957 durch Patricia Holser Buehler und Elisabeth Fuchs.

Geeignet in der neurologischen Reha

Ziel des Box and Block Tests ist es heute, die unilaterale Grobgeschicklichkeit zu messen. Hierfür muss eine Testperson würfelförmige Holzblöcke von einer Seite der Kiste auf die andere Seite transportieren. Der US-amerikanische Ergotherapeut Virgil Mathiowetz, PhD, Associate Professor of Occupational Therapy an der University of Minnesota, USA, ermittelte in den 1980er Jahren Normwerte für Kinder und Jugendliche von 6 bis 19 Jahren und für Erwachsene ab 20 Jahren. Die Stichprobengröße lag bei 471 respektive 628 Personen.

Das standardisierte Messverfahren nutzen Therapeuten hauptsächlich in der neurologischen Rehabilitation, zum Beispiel bei Krankheitsbildern wie Zerebralparese, Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma und Multiple Sklerose. In der aktuellen Leitlinie „Motorische Therapien für die Obere Extremität zur Behandlung des Schlaganfalls“ der Deutschen Gesellschaft für Neurologische Rehabilitation, ist unter anderem auch der BBT angeführt, um Armaktivitäten zu messen.

Nach Ansicht von Virgil Mathiowetz können Klienten mit eingeschränkter beziehungsweise geminderter Intelligenz und/oder eingeschränkter allgemeiner Geschicklichkeit den Test ebenfalls durchführen.


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150 Würfel in einer Kiste und eine Minute Zeit

Die offene Holzbox lässt sich selbst herstellen, allerdings muss man die genauen Abmessungen von Mathiowetz einhalten. Die Maße betragen 53,7 x 25,4 x 8,5 cm (Länge/Breite/Höhe). In der Mitte befindet sich eine Trennwand (15,2 cm), welche die Seitenwände deutlich überragt. Außerdem gehören 150 lackierte Holzwürfel mit einer Kantenlänge von je 2,5 cm zum Material. Um den Lärmpegel während der Testung zu reduzieren, kann man die Unterseite auch mit einem geräuschdämpfenden Material, zum Beispiel mit Schaumstoff, beziehen.

Der Test findet im Sitzen statt. Der Patient sitzt auf einem geeigneten Stuhl an der langen Seite eines Tisches in Standardhöhe. Direkt vor ihm befindet sich die Holzkiste, mit ihrer Längsseite parallel zur Längsseite des Tisches. Die Therapeutin sitzt ihm gegenüber. Die Würfel befinden sich immer in der Hälfte der Box, die auf der Seite des zu testenden Arms liegt. Zuerst wird der dominante Arm getestet. Dazu legt der Patient seine Hand zu Testbeginn neben die Kiste, mit der Handfläche nach unten auf den Tisch.

Die zentrale Aufgabe besteht darin, innerhalb von einer Minute so viele Holzwürfel wie möglich einzeln über die Trennwand in die leere Hälfte der Box zu befördern. Die Therapeutin demonstriert die Aufgabenstellung. Wie in vielen motorischen Testverfahren gibt sie auch beim BBT in exaktem Wortlaut definierte Anweisungen. Zum Beispiel: „Ich möchte feststellen, wie schnell Sie einzelne Blöcke mit Ihrer rechten (linken) Hand aufheben können.“ Dann zeigt sie auf die jeweilige Hand. Bevor es losgeht, muss der Patient einen fünfzehnsekündigen Probedurchgang mit jedem Arm durchführen. So versichert sich die Therapeutin, dass er die Anweisungen verstanden hat.

NORMWERTE

Zum Download

Die Originalarbeiten von Mathiowetz inklusive der Normwerttabellen lassen sich kostenfrei im Internet abrufen:

Der Patient muss die Würfel nicht auf dem Boden der anderen Seite ablegen, sondern kann sie nach dem Überqueren der Trennwand fallenlassen. Sollten ihm dabei Würfel herunterfallen, werden sie trotzdem gewertet. Gewertet wird die Anzahl der über die Trennwand transportierten Würfel. Wenn jemand zwei oder mehr Holzwürfel auf einmal transportiert, wird dennoch nur einer gewertet.


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Therapieerfolge quantitativ abbilden

Die Ergebnisse gleicht die Ergotherapeutin mit der altersgruppenspezifischen Normwerttabelle ab („Normwerte“). Die durchschnittlichen Normwerte liegen beispielsweise in der Altersgruppe der gesunden Männer von 50 bis 54 Jahren mit der rechten Hand zwischen 62 und 106 Würfeln, mit einem Mittelwert bei 79 Würfeln. Die höchsten Leistungen beim BBT erbringen Testpersonen im Alter von 20 bis 24 Jahren, mit einem Mittelwert bis zu 88,2 Würfel – abhängig natürlich auch vom Geschlecht und dominantem Arm. Übrigens: Frauen erzielen in der Regel bessere Ergebnisse als gleichaltrige Männer.

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Beim Box and Block Test haben Patienten eine Minute Zeit, um so schnell wie möglich einzelne Würfel auf der anderen Seite abzulegen.
(Abb.: S. Gallbrunner, Klinik Judendorf-Strassengel)

Der Box and Block Test gibt nicht vor, inwieweit man unterdurchschnittliche Werte interpretieren soll. Erreicht ein Patient die Normwerte nicht, weist das allerdings darauf hin, dass bei ihm eine Funktionsstörung der Grobgeschicklichkeit vorliegt. Damit ist der Test geeignet, um den Therapieerfolg einer Maßnahme quantitativ abzubilden.

Der BBT kommt auch bei Kindern zum Einsatz, bei denen man zum Beispiel die Feinmotorik aus verschiedenen Gründen nicht sinnvoll testen kann. Der Box and Block Test gibt dann zumindest einen Überblick über die Grobgeschicklichkeit.


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Ein gut erforschtes Instrument

Das Assessment wurde in zahlreichen Forschungsarbeiten nach 1985 auf seine Reliabilität und Validität hin überprüft. Die Test-Retest-Reliabilität und die Interrater-Reliabilität sind in mehreren Arbeiten als exzellent beschrieben, wobei geringe, krankheitsbildabhängige Unterschiede auftreten können. Der Korrelationskoeffizient liegt durchweg bei >0,9. Demnach erzielen auch andere testende Personen bei wiederholter Durchführung vergleichbare Ergebnisse.

Bei der Untersuchung der Kriteriums- und Konstruktvalidität zeigten sich, ebenfalls geringfügig abhängig vom vorliegenden Krankheitsbild, exzellente bis gute Werte. Vor allem in Korrelation zu ähnlich gelagerten Testverfahren wie dem Nine-Hole Peg Test, dem Action Research Arm Test und dem Fugl-Meyer-Assessment.


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Funktionell gut, aber nicht betätigungsorientiert

Der Box and Block Test misst genau das, was er soll, nämlich die unilaterale Grobgeschicklichkeit. Er ist zuverlässig, gut erforscht, verfügt über umfangreiche Normwerte bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Kommerziell erhältliche Varianten des Tests kosten im englischsprachigen Raum circa 220 Euro, im deutschsprachigen je nach Ausführung etwas mehr als 400 Euro. Man kann ihn aber auch kostengünstig selbst herstellen.

Trotzdem kommen Ergotherapeuten nicht um die Frage herum, inwieweit der BBT im Rahmen betätigungsorientierter Ergotherapie sinnvoll eingesetzt werden kann. Der Test ist rein auf die Funktion ausgerichtet, nicht auf den Lebensalltag bzw. auf das Betätigungsverhalten. Als alleiniger Wirkungsnachweis für ergotherapeutische Interventionen ist er meiner Einschätzung nach nicht geeignet. Hilfreich ist er als Teil einer Basis- und Verlaufsdiagnostik zu motorischen Funktionen in der neurologischen Reha. Hier kann er dazu dienen, eine Funktionsstörung festzustellen und deren Verbesserung zu dokumentieren.


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Beim Box and Block Test haben Patienten eine Minute Zeit, um so schnell wie möglich einzelne Würfel auf der anderen Seite abzulegen.
(Abb.: S. Gallbrunner, Klinik Judendorf-Strassengel)