Zeitschrift für Komplementärmedizin 2012; 4(1): 1
DOI: 10.1055/s-0031-1298247
zkm | Editorial

© Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Viel zu tun für Naturheilverfahren und Komplementärmedizin?

Rainer Stange
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Publication Date:
15 February 2012 (online)

Die Krankheiten im Themenschwerpunkt dieses Heftes dürften den meisten Lesern nicht als erste einfallen, wenn man sie fragt, in welchen klinischen Situationen sie mit ihren jeweiligen Möglichkeiten die größten Erfolge sehen. Warum also weiterlesen? Als Herausgeber haben wir den Anspruch, den Stand der ärztlichen Kunst mit den in der zkm vertretenen Methoden in nahezu allen konservativen Behandlungssituationen darzustellen.

Die Bedeutung erhält das Thema zunächst durch wachsende Prävalenz und Inzidenz der neurodegenerativen Erkrankungen. Dagegen lässt sich eine gewisse Agonie bezüglich der Möglichkeiten der Prävention insbesondere der demenziellen Erkrankungen beobachten. Plausible Zusammenhänge v. a. aus epidemiologischen Studien brauchen lange, bis eine Umsetzung in Empfehlungen und eine reale Praxis erfolgt (Beitrag Rainer Stange). Saubere randomisierte Studien, die bei einem ausreichend großen Kollektiv für Ernährungsinterventionen eine Senkung der Alzheimer-Inzidenz ausweisen könnten, sind sicherlich machbar, aber ungeheuer aufwendig.

Wenn Ihnen in diesem Zusammenhang der Hinweis auf Ginkgo biloba im Heft fehlt, so steht Absicht dahinter. Die Möglichkeiten dieser Pflanze werden seit geraumer Zeit so breit und gut verfügbar dargestellt, dass wir bewusst zugunsten weniger bekannter Möglichkeiten verzichtet haben.

Der Schwerpunkt der Artikel bezieht sich jedoch auf die Polyneuropathie. Deren Inzidenz nimmt vermutlich real wie in jedem Falle aufgrund früherer Wahrnehmung und einsetzender Diagnostik zu. Patienten leiden in jedem Falle häufiger daran als Folge des zunehmenden Einsatzes von Polyneuropathie verursachenden Medikamenten, in erster Linie Statinen und einigen Zytostatika, insbesondere Taxanen. Mittlerweile leiden ca. 5 % der älteren Bevölkerung an einer Polyneuropathie, die somit gleichauf etwa mit ischämischen ZNS-Erkrankungen die häufigste neurologische Krankheit darstellt. Die Compliance ist hier besser als bei den übrigen neurodegenerativen Erkrankungen, etwa auch für die stark vernachlässigten physikalischen Maßnahmen (Beitrag Rainer Brenke).

Eine früher heiße, inzwischen etwas abgekühlte Diskussion rankt sich um die α-Liponsäure als derzeit einzige verfügbare und erprobte Substanz mit dem Anspruch einer neuro-regenerativen Wirkung (Beitrag Uwe Gröber).

In eigener Sache: Wir beginnen mit diesem Heft den 4. Jahrgang der Zeitschrift für Komplementärmedizin. In dieser Zeit hat sich die Zeitschrift ihr Konzept erarbeitet und für dieses mittlerweile dank Ihres Leseinteresses und Abonnements eine sichere Zukunft. Aber niemand sollte gehindert werden, sich zu verbessern! In diesem Heft wird erstmalig eine Originalarbeit exklusiv abgedruckt, die uns spontan erreicht hat (Beitrag Willem Evermann). Neben den ständigen Rubriken, in denen wir eher Sekundärwissen darstellen, wünschen wir uns mehr Beiträge dieser Art! Dies soll eine freundliche Aufforderung darstellen, Ihre Möglichkeiten zu prüfen, kleine eigene Studien, Fälle, Sammelkasuistiken zur Publikation zur Verfügung zu stellen. Beobachtungen und Wissen der „Praktiker“ in eine ansprechende publizistische Form zu bringen, ist eine der vornehmsten Aufgaben einer Ärztezeitschrift, die beansprucht, Wissenschaft und breite Praxis zu verbinden.

Rainer Stange, Berlin


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