Dtsch Med Wochenschr 2026; 151(01/02): 1
DOI: 10.1055/a-2727-6881
Editorial

Schnittstellen in der Klinik

Interfaces in the clinic

Authors

  • Uwe Janssens

Die moderne Krankenhausmedizin ist durch hochspezialisierte Behandlungseinheiten und eine zunehmende Fragmentierung der Versorgungsprozesse gekennzeichnet. Patienten durchlaufen auf ihrem Behandlungspfad unterschiedliche Bereiche, an deren Übergängen Schnittstellen entstehen, die kritische Punkte der Patientenversorgung darstellen.

Zahlreiche Untersuchungen belegen, dass unzureichende Kommunikation und mangelhaft strukturierte Übergaben zu den häufigsten Ursachen vermeidbarer unerwünschter Ereignisse im Krankenhaus zählen [1] [2] [3]. Bis zu einem Drittel relevanter klinischer Informationen geht bei unstrukturierten Übergaben verloren, was zu Fehldiagnosen, Therapieverzögerungen und erhöhter Morbidität führen kann. Das vorliegende Dossier widmet sich den unterschiedlichen innerklinischen Schnittstellen und stellt diese bewusst sowohl im Hinblick auf ihre Risiken für die Patientensicherheit als auch auf die darin liegenden Chancen für eine optimierte Patientenversorgung dar.

Philipp Kümpers beleuchtet die Schnittstelle zwischen Schockraum und Intensivstation und analysiert, wie an diesem zentralen Übergabepunkt strukturelle und kommunikative Defizite das Risiko für kritische Ereignisse und Verzögerungen erhöhen.

David Heister stellt ein praxisnahes Vier-Phasen-Modell für die strukturierte Patientenübergabe in der Intensivmedizin vor. Im Zentrum stehen dabei sowohl die organisatorische Gestaltung der Übergabe als auch das gezielte Management von Human Factors wie Stress, Ablenkung und Teamkommunikation.

Lina-Hanne Ko widmet sich in ihrer Arbeit der Bedeutung innerklinischer Frühwarnsysteme und Medical Emergency Teams zur frühzeitigen Erkennung und Intervention bei klinischen Verschlechterungen außerhalb der Intensivstation.

Alle Arbeiten im Dossier betonen, dass die konsequente Standardisierung und Strukturierung von Übergabeprozessen sowie der Einsatz strukturierter Kommunikationsinstrumente zentrale Voraussetzungen für eine verbesserte Patientensicherheit an klinischen Schnittstellen sind. Digitale Lösungen, darunter elektronische Übergabetools und KI-gestützte Entscheidungshilfen, eröffnen zusätzlich erhebliche Potenziale zur Prozessoptimierung. Zugleich bleibt die Ressourcenknappheit ein bedeutsames Hindernis, das gezielte gesundheitspolitische Maßnahmen erfordert. Nur durch strukturierte Kommunikation, gegenseitige Wertschätzung und konsequente Fehleranalyse werden neuralgische Punkte zu sicheren Übergängen.

Mein herzlicher Dank gilt den Autorinnen und Autoren für ihre engagierten, fundierten Beiträge zu diesem Dossier. Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wünsche ich eine anregende und erkenntnisreiche Lektüre.



Publication History

Article published online:
10 December 2025

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