Klin Monbl Augenheilkd 2025; 242(05): 546-554
DOI: 10.1055/a-2556-4235
Klinische Studie

Kinderophthalmologische Versorgung in großen ophthalmologischen Zentren im Vergleich zur gesamten Fachgruppe

Article in several languages: deutsch | English
Ursula Hahn
1   Fakultät für Gesundheit, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland
2   Augenheilkunde, OcuNet, Düsseldorf, Deutschland
,
Joerg Michael Koch
3   Augenabteilung am St. Franziskus-Hospital Münster, Deutschland
,
Ulrich Kellner
4   Stellvertretender Ärztlicher Leiter, MVZ Augenärztliches Diagnostik- und Therapiecentrum Siegburg GmbH, Deutschland
› Author Affiliations

Zusammenfassung

Hintergrund Die Kinderophthalmologie leidet unter einem sich ausdünnenden Versorgernetzwerk. Als 2 (von mehreren) möglichen Ursachen werden die zunehmende Zahl neuer Organisationsformen (große vertragsärztliche Einrichtungen nach Patienten-, Arzt- und Standortzahl) sowie Medizinischer Versorgungszentren (MVZ) in nichtärztlichem Fremdbesitz diskutiert.

Methode In einem Verbund großer vertragsärztlicher ophthalmologischer Versorgungseinrichtungen wurden die kinderophthalmologischen Versorgungsaktivitäten je Träger entlang von Anteilen an Fallzahl und Strukturmerkmalen (Anzahl Standorte mit Orthoptistinnen und OP-Standorten mit Kinderchirurgie) für 2019 insgesamt und in Subgruppen nach Trägerschaft (nichtärztlicher Fremdbesitz und ärztlicher Eigenbesitz) erhoben sowie fachgruppenbezogenen Vergleichsdaten gegenübergestellt.

Ergebnisse Mit einer Ausnahme (ein Träger in ärztlichem Eigenbesitz) versorgten alle Träger (n gesamt = 15, davon 12 ärztlicher Eigenbesitz) Kinder < 6 Jahre. Die Versorgung umfasste im Jahr 2019 mit 90 461 GKV-Behandlungsfällen 9,3% aller GKV-Behandlungsfälle bei Kindern < 6 Jahren. In der gesamten Kohorte betrug der Anteil von Kindern an allen GKV-Fällen 3,7% (Eigenbesitz: 4,8%, Fremdbesitz: 3,2%). Die Unterschiede zum Fachgruppendurchschnitt von 3,2% bzw. zwischen den Subgruppen waren nicht signifikant. Orthoptistinnen waren an insgesamt 98 Standorten (58 Eigenbesitz, 40 Fremdbesitz, Unterschied signifikant [p = 0,03]) tätig. Ambulante und stationäre Kinderophthalmochirurgie boten alle Träger in Fremdbesitz und ein Teil der Träger in Eigenbesitz.

Schlussfolgerungen In einer ersten großen Datenerhebung zur vertragsärztlichen Versorgung von Kindern nach Organisationsformen wurde der Versorgungsbeitrag neuerer Organisationsformen erhoben. Im Vergleich zu traditionellen Praxen ist keine systematisch andere Ausrichtung weder für die gesamte Studienkohorte noch nach Trägertyp bezogen auf relative Fallzahlen wie Strukturmerkmale (Einsatz von Orthoptistinnen, Infrastruktur zur ambulanten und stationären chirurgischen Versorgung von Kindern) erkennbar.

Fazitbox
  • Konservative wie chirurgische Kinderophthalmologie leidet unter problematischen (finanziellen) Eckdaten; das Angebot dünnt aus.

  • Die Versorgung von Kindern erfolgt weit überwiegend ambulant; die vertragsaugenärztliche Fallzahl von GKV-Versicherten < 6 Jahren betrug 2019 knapp 1 Mio.

  • Diskutiert wird, dass mit steigender Zahl von nach Patienten-, Arzt- und Standortzahl großen Trägern respektive Trägern in nichtärztlichem Fremdbesitz (neuer Organisationsformen im Vergleich zu traditionell geprägten Praxen) das vertragsärztliche Angebot weiter ausdünnen könnte.

  • Auf eine Kohorte von Trägern neuerer Organisationsformen entfielen 2019 9,3% aller Behandlungsfälle von Kindern < 6 Jahre.

  • Die Fallzahlanteile (Anteil Kindern < 6 Jahre) lagen in der Gesamtkohorte mit 3,7% (Träger in ärztlichem Eigenbesitz 4,8%, in nichtärztlichem Fremdbesitz 3,2%) über bzw. auf dem Niveau der Fachgruppen (3,2%), die Unterschiede waren durchweg nicht signifikant.

  • Das Versorgungsnetzwerk wurde entlang der Indikatoren Anteil Standorte mit Orthoptistinnen und ambulant- resp. stationär-chirurgisches Angebot beschrieben.

  • Die in die Studie einbezogenen neueren Organisationsformen lassen keine systematisch andere Ausrichtung in der kinderophthalmologischen Versorgung gegenüber traditionellen Praxen nach Anteilen Kindern und Versorgungsnetzwerk erkennen.

Conclusion Box
  • Conservative as well as surgical paediatric ophthalmology suffers from problematic (financial) key data; the provision of care is thinning out.

  • Paediatric care is largely provided in an outpatient setting; the number of contractual ophthalmological cases of GKV insured persons < 6 years in 2019 was just under 1 million.

  • It is discussed that with the increasing number of large-scale providers – based on patient, doctor, and location numbers – and providers owned by non-medical third parties (new organisational forms compared to traditionally structured practices), the contracted medical services might further diminish.

  • In 2019, a cohort of providers of newer organisational forms accounted for 9.3% of all paediatric treatment cases < six years.

  • In the overall cohort, the proportion of cases involving children under six years was 3.7% (with physician-owned providers accounting for 4.8% and non-medical third-party ownership accounting for 3.2%) over or at the level of the specialist groups (3.2%). The differences were generally not statistically significant.

  • The supply network was described along the indicators “proportion of locations with orthoptists” and “outpatient or inpatient-surgical offer”.

  • The newer forms of organisation included in the study do not systematically reveal a different orientation in paediatric ophthalmological care compared to traditional practices in terms of proportion of children and care network.



Publication History

Received: 11 October 2024

Accepted: 07 March 2025

Article published online:
21 May 2025

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