PSYCH up2date 2025; 19(02): 169-183
DOI: 10.1055/a-2520-3727
Störungsübergreifende Themen und Methoden

Dimensionale Ansätze in der Diagnostik und Behandlung psychischer Erkrankungen

Teil 2: Persönlichkeitsfunktion, maladaptive Traits und die Hierarchische Taxonomie der Psychopathologie in der Praxis
André Kerber
,
Phileas Heim
,
Carina Remmers
Preview

Aufbauend auf dem Wissen aus Teil 1 geht dieser Beitrag auf die Hierarchical Taxonomy of Psychopathology (HiTOP) – ein dimensionales Klassifikationssystem für Psychopathologie – ein. Anschließend werden geeignete Instrumente für Persönlichkeitsfunktion, maladaptive Traits sowie HiTOP vorgestellt und anhand zweier Fallbeispiele der Mehrwert dimensionaler Diagnostik für Fallkonzeption und Therapieplanung erläutert.

Kernaussagen
  • Durch die aktuellen Entwicklungen in der dimensionalen Konzeptualisierung von Psychopathologie und insbesondere die theoretischen und klinischen Grundlagen wird deutlich, dass die scheinbar „neuen“ Entwicklungen eine lange theoretische Tradition in psychodynamischer Theoriebildung sowie empirisch-psychologischer Forschung haben.

  • Das Funktionsniveau der Persönlichkeit und maladaptive Persönlichkeitsmerkmale stellen Konstrukte dar, die sowohl für die Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen und -akzentuierungen klinisch relevant sind.

  • Aber auch im Rahmen von Modellen allgemeiner Psychopathologie wie der Hierarchischen Taxonomie der Psychopathologie haben sie – ebenso wie für die Behandlungsplanung – Implikationen.

  • Wie anhand der geschilderten sehr unterschiedlichen Fälle zu erkennen ist, ist eine Kombination der dimensionalen Ansätze der Persönlichkeitsfunktion und maladaptiven Persönlichkeitsmerkmalen für die Diagnostik und Therapieplanung sowie die Fallkonzeption sehr hilfreich.

  • Nicht nur der lexikalisch-beschreibende Ansatz wird mit den ätiologischen Theorien hinter dem Konzept der Persönlichkeitsfunktion verbunden, der Ansatz bietet auch eine Grundlage für eine schulenübergreifend integrative psychotherapeutische Arbeit.

  • Während die Integration systemischer, psychodynamischer und verhaltenstherapeutischer Ansätze in der Behandlung psychischer Erkrankungen noch Gegenstand vieler lebendiger Debatten ist, könnte die beschriebene dimensionale Diagnostik ein erster Schritt zu einer schulenübergreifenden Taxonomie zur Fallkonzeption sein.

  • Das HiTOP-Modell befindet sich noch in der Entwicklungsphase, weswegen einige Konstrukte und Dimensionen besser erforscht sind als andere.

  • Da das HiTOP-Modell auf die Entwicklungen des Modells maladaptiver Persönlichkeitsmerkmale im DSM-5 zurückgeht, sind die verschiedenen Versionen des PID-5 auch für das Erheben eines HiTOP-Profils geeignet.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
14. März 2025

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