Schlüsselwörter
Versorgungsstruktur - Allgemeine Innere Medizin - Ärzte in Teilzeit - Krankenhausreform
Keywords
Care structure - General internal medicine - Part-time doctors - Hospital reform
Einleitung
Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) unterstützt bereits seit vielen
Jahren eine bedarfsgerechte medizinische Versorgung mit gesicherter Qualität und hat
das Konzept „Medizin vor Ökonomie“ im Rahmen des sogenannten „Ärzte-Codex“ in die
breite Öffentlichkeit getragen [1]. Bei aktuellen Entwicklungen im Gesundheitswesen – darunter Krankenhausreform und
-finanzierung, transsektorale Versorgungskonzepte oder Ambulantisierung – müssen deren
Auswirkungen auf die Allgemeine Innere Medizin und ihre Schwerpunkte berücksichtigt
werden. Hinzu kommen gesellschaftliche und demografische Veränderungen, die das Krankheitsspektrum,
aber auch die ärztliche Personalstruktur verändern. Die DGIM hat daher entschieden,
gemeinsam mit dem „Fachgebiet Management im Gesundheitswesen“ (FG MiG) der Technischen
Universität Berlin eine Analyse des Status Quo und der Trends der letzten 10 Jahre
in der Versorgungssituation der Inneren Medizin (IM) durchzuführen. Dabei erfolgten
die Aufbereitung und Analysen der Daten durch das FG MiG, während die Interpretation
und Schlussfolgerungen durch die DGIM erfolgten.
Material und Methoden
Für die Analysen wurden Daten aus verschiedenen existierenden Statistiken herangezogen.
Die Datenquellen und ihre für die Innere Medizin verwendeten Kennzahlen, sowohl für
den stationären als auch den ambulanten Bereich, sind in [Tab. 1] zusammengefasst. Es wurden das letzte verfügbare Datenjahr (bis einschließlich 2020)
und die vorherige Entwicklung über einen Zeitraum von 10 Jahren soweit wie möglich
einbezogen.
Tab. 1 Verwendete Datenquellen.
Verwendete Datenquellen und deren Abdeckung und Besonderheiten (stationärer Bereich)
Daten/Quelle
|
Kennzahlen im Bericht
|
Besonderheiten/Einschränkungen
|
(Ärztestatistik der Bundesärztekammer [3])
|
|
|
Krankenhaus-Statistik – Grunddaten der Krankenhäuser des Statistischen Bundesamtes
[4]
|
-
Jahre 2010–2019/2017
-
Ärzte in Krankenhäusern nach FA/SP (Personen und Vollkräfte)
-
Aufgestellte Betten, Fälle und mittlere Verweildauer nach Fachabteilung
|
-
Seit 2018 Änderung der Erhebung der FA/SP und der Fachabteilungen: Zeitreihenbruch
(aktuell: FA/SP nach (Muster-)Weiterbildungsordnung BÄK, Zuordnung Fachabteilungen
nach § 301 SGB V)
-
Ausweisung der Vollkräfte erst seit 2018
-
Fälle werden inkl. Der internen Verlegungen erfasst: mehr Fälle und kürzere Verweildauer
als bei Zählung nach Aufenthalt
|
Krankenhaus-Statistik – Tiefgegliederte Diagnosedaten der Krankenhaus-Patientinnen
und -patienten des Statistischen Bundesamtes [5]
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|
Strukturierte Qualitätsberichte (sQB) der Krankenhäuser nach § 136b SGB V via Datenbank
Qualitätstransparenz der TUB
|
-
Jahre 2015–2019
-
Ärzte (Vollkräfte), Krankenhaus-Trägerschaft und -standort nach Fachabteilung
-
Fallzahlen nach Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) nach Fachabteilung
|
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Datenveröffentlichung gem. § 21 KHEntgG des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus
GmbH (InEK)
|
Datenlieferung DRG 2019 gruppiert nach 2020
-
Mittlere Verweildauer und mittlere PCCL nach Hauptdiagnose
-
Anteil an Fällen nach Altersgruppen, Krankenhausgröße und Trägerschaft nach Hauptdiagnose
|
-
Daten können nicht nach Fachabteilungen unterschieden werden: Es sind nur Aussagen
zu Fällen/Diagnosen möglich, die häufig in der IM behandelt werden, aber direkte Vergleiche
zwischen den (Sub-)Disziplinen sind nicht möglich.
|
Verwendete Datenquellen und deren Abdeckung und Besonderheiten (ambulanter Bereich)
Daten/Quelle
|
Kennzahlen im Bericht
|
Besonderheiten/Einschränkungen
|
Bundesarztregister der Kassenärztlichen Bundesvereinigung [6]
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KBV-Honorarbericht (KBV 2017)
|
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KBV-Honorarbericht (KBV 2021a)
|
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[Tab. 1], [Tab. 2], [Tab. 3]
Im Bericht abgedeckte Versorgungsformen im Bereich der Schnittstelle ambulant-stationär
und jeweilige Quellen-/Datenverfügbarkeit
Versorgungsform nach SGB V
|
Quellen und verfügbare Daten
|
Besonderheiten/Einschränkungen
|
Medizinische Versorgungszentren (§ 95)
|
-
BAR der KBV > Jahre 2016–2020 > Fachärztlich tätige Internisten nach FA/SP (Personen und Bedarfsplanungsgewichte)
-
MVZ-Statistik der KBV > Jahr 2019 > Anzahl der MVZs mit fachärztlich tätigen Internisten
|
-
BAR der KBV: Ebene der Subdisziplinen nur für die angestellten, nicht die Vertragsärzte
im MVZ (< 10%) ausgewiesen
-
MVZ-Statistik der KBV: Nur aktuelles Berichtsjahr verfügbar
|
Im Falle der Fachärzte in den Schwerpunkten wurde die Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer
(BÄK) zur Eingruppierung der Qualifikation herangezogen. Für die Zuordnung der Krankenhaus-Abteilungen
zu den Fachrichtungen wurden die Abteilungsschlüssel gemäß der Vereinbarung nach §
301 Abs. 3 SGB V verwendet. Hierbei sind die Schlüssel 100–900 der Inneren Medizin
und ihren Subdisziplinen zugeordnet. Bei der Datenaufbereitung wurde zusätzlich die
separat ausgewiesene Lungen- und Bronchialheilkunde (1400) der Pneumologie zugerechnet.
Die Angiologie (3750) ist derzeit nur innerhalb der „sonstigen Fachabteilungen“ verortet.
Daten zur Ärzteschaft in Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) liegen in den von
der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) veröffentlichten Statistiken vor. Hier
wurden ausschließlich fachärztlich tätige Internisten berücksichtigt.
Auf die internistischen Abteilungen ohne Spezialisierung (100er-Schlüssel) und die
Internisten ohne bzw. außerhalb der jeweils genannten Spezialisierungen wird in den
Tabellen und Abbildungen unter den Bezeichnungen „Innere Medizin“ bzw. „IM (sonstige)“
verwiesen. Unter diesen sind auch jene Spezialisierungen bzw. Subdisziplinen enthalten,
deren eigenständige Abbildung aufgrund der Datenstrukturen nicht möglich ist (etwa
die Infektiologie).
Die Daten wurden aus den jeweiligen Quellen bezogen, auf Plausibilität geprüft und
deskriptiv anhand von Tabellen und Abbildungen aufbereitet, etwa absolute und relative
Häufigkeiten, die regionale Verteilung von Internisten und Patientenzahlen im Verhältnis
zu den Einwohnern sowie zeitliche Trends. Die Datenverarbeitung und -visualisierung
erfolgte mit Microsoft Excel und R (Version 4.3.1; Paket ggplot2: Version 3.4.3) [2].
Ergebnisse
Im Folgenden werden die Ergebnisse im Hinblick auf ärztliches Personal, Versorgungsstrukturen
und Leistungsentwicklungen, jeweils im stationären sowie ambulanten Bereich, dargestellt.
Ärztliches Personal
Von den 58155 bei der BÄK Ende 2020 registrierten ärztlich tätigen Internisten sind
mit 26417 etwa 45% im stationären Bereich tätig [3]. In Bezug auf die Schwerpunkte schwanken die Anteile der stationär Tätigen zwischen
33% (922 von 2802) in der Nephrologie und 84% (140 von 166) in der Geriatrie ([Abb. 1]). Gegenüber 2011 gab es 2020 ca. 30% mehr Internisten in stationärer Tätigkeit und
einen Zuwachs von 25% im ambulanten Bereich [3]. Bei den Ärztinnen betrug der Zuwachs der ärztlich Tätigen 60%: auf 23111 gegenüber
14405 im Jahr 2011, während es bei den Ärzten 12% sind – ein Anstieg von 31154 auf
35044.
Abb. 1 Zahl der Internisten je nach Schwerpunkt (obere Abbildung) und ausgewählten Zusatz-Weiterbildungen
(untere Abbildung), jeweils nach Tätigkeitsbereich im Jahr 2020. Abbildung nach Daten
aus [3].
Für die Altersstruktur ([Abb. 2]) der Internistinnen und Internisten ergab sich durch diese Entwicklungen ein Anteil
der unter 40-Jährigen von 18% (10143 von 58155) gegenüber 15% (6727 von 45559) im
Jahr 2011 [3]. Die Anteile der 50- bis 59-, der 60- bis 65- und der über 65-Jährigen stiegen ebenfalls,
sodass sich für die Gruppe der 40- bis 49-Jährigen ein Rückgang von 38% im Jahr 2011
(n=17184) auf 29% im Jahr 2020 (n=16598) zeigte. Die stationär Tätigen innerhalb der
Inneren Medizin sind mit einem Anteil von 30% (7863 von 26417) der unter 30-Jährigen
deutlich jünger als im niedergelassenen Bereich mit 3% bzw. 632 von 20516. Der Anteil
an über 60-Jährigen ist im Mittel bei den Niedergelassenen mit 33% (6689 von 20516)
deutlich höher als mit 12% (3164 von 26417) im stationären Bereich.
Abb. 2 Altersstruktur und Ärztinnen-Anteil der ärztlich Tätigen: Entwicklungen innerhalb
der Inneren Medizin (IM) im Vergleich zwischen 2011 und 2020, sowie alle Fachrichtungen
für 2020, im Vergleich zur IM stationär und niedergelassen. Abbildung nach Daten aus
[3].
Krankenhaus-Statistiken zeigten ([Abb. 3]), dass die Zahl der Vollzeit-Beschäftigten mit einem Facharzt der IM von 2010–2019
um gut 17% von 14715 auf 17283 anstieg und die Zahl der Teilzeit- und geringfügig
Beschäftigten im gleichen Zeitraum um 166% von 2665 auf 7080 [4].
Abb. 3 Entwicklung der Zahl der in Krankenhäusern tätigen Internisten von 2010–2019 nach
Vollzeit (VZ)-, Teilzeit (TZ)/geringfügig Beschäftigten und Belegärzten sowie Vollzeit-Äquivalenten
(VZÄ) und Anteil der Teilzeit-/(geringfügig) Beschäftigten. Abbildung nach Daten aus
[4].
Eine differenziertere Betrachtung der Internisten in der vertragsärztlichen Versorgung
nach hausärztlichem und fachärztlichem Bereich zeigt, dass sich der Anteil von Internisten
an allen Ärzten in der vertragsärztlichen Versorgung im Zeitverlauf von 2013 zu 2020
um 17,7% (25183 von 142660) auf 19,4% (29276 von 150850) erhöht hat. 2020 stellte
die Gesamtheit der vertragsärztlich tätigen Internisten demnach rund jeden 5. Arzt
in der vertragsärztlichen Versorgung. Der Anteil hausärztlicher Internisten an allen
Hausärzten hat hingegen von rund 25% (n=13400) im Jahr 2013 auf über 30% (n=16700)
im Jahr 2020 zugenommen. Damit stellten die internistischen Hausärzte 2020 fast jeden
3. Hausarzt. Die Anstellungsart internistischer Fachärzte in der vertragsärztlichen
Versorgung unterlag zwischen 2016 und 2020 einem deutlichen Wandel ([Abb. 4]). So hat sich etwa die Anzahl der Internisten in Niederlassung im Zeitverlauf um
6,2% von 6883 auf 6456 verringert, während sich die Anzahl der in einer Einrichtung
angestellten Internisten um 62% von 1762 auf 2800 erhöht hat. Der Anstieg jener Internisten,
die in freier Praxis angestellt sind, war mit 17,4% von 1045 auf 1227 vergleichsweise
moderat.
Abb. 4 Anstellungsart internistischer Fachärzte von 2016–2020. Abbildung nach Daten aus [5].
Struktur
Im letzten Jahr vor der Sars-CoV2-Pandemie (2019) waren in Abteilungen der Inneren
Medizin im Jahresschnitt 166000 Betten aufgestellt, was ca. 1/3 der 494000 Betten
der gesamten Medizin entspricht [4]. Die Bettenzahl pro Bevölkerung blieb von 2010–2017 sowohl für die IM insgesamt
als auch über alle Fachabteilungen hinweg nahezu unverändert. Die Arztzahlen als Vollzeit-Äquivalente
in den Krankenhaus-Abteilungen der Schwerpunkte und ihre Entwicklungen in den Jahren
2015–2019 sind in [Abb. 5] dargestellt.
Abb. 5 Entwicklung der Ärztezahlen (Vollzeit-Äquivalente ohne Belegärzte) laut den strukturierten
Qualitätsberichten in Krankenhaus-Abteilungen der internistischen Schwerpunkte (2015
entspricht 100%). Abbildung nach Daten aus [6].
Zwischen den Bundesländern variiert die Zahl der internistischen Betten pro 100000
Einwohner von 150 (Baden-Württemberg) bis 256 (Bremen), siehe [Tab. 2]
[3]
[7]. Bei der Interpretation der Daten ist zu beachten, dass die fachliche Zuordnung
von Betten u.a. durch organisatorische Aspekte auf Ebene der Krankenhäuser beeinflusst
ist und eine Darstellung der Kapazitäten nach Disziplinen daher nur näherungsweise
möglich ist.
Tab. 2 Auf- und abgerundete Zahlen der Betten pro 100000 Einwohner in Krankenhaus-Abteilungen
der Subdisziplinen, nach Bundesland (2019) (Destatis 2021a, 2021b). Abkürzungen: kA
(keine Angaben), DE (Deutschland), BW (Baden Württemberg), BY (Bayern), BE (Berlin),
BB (Brandenburg), HB (Bremen), HH (Hamburg), HE (Hessen), MV (Mecklenburg-Vorpommern),
NI (Niedersachsen), NM (Nordrhein-Westfalen), RP (Rheinland-Pfalz), SL (Saarland),
SN (Sachsen), ST (Sachsen-Anhalt), SH (Schleswig-Holstein), TH (Thüringen).
|
DE
|
BW
|
BY
|
BE
|
BB
|
HB
|
HH
|
HE
|
MV
|
NI
|
NW
|
RP
|
SL
|
SN
|
ST
|
SH
|
TH
|
Innere Medizin
|
134
|
113
|
110
|
73
|
122
|
136
|
69
|
133
|
194
|
128
|
157
|
172
|
132
|
148
|
187
|
125
|
209
|
Geriatrie
|
22
|
2
|
11
|
46
|
48
|
51
|
65
|
35
|
kA
|
7
|
31
|
12
|
28
|
15
|
17
|
43
|
32
|
Kardiologie
|
18
|
13
|
23
|
34
|
14
|
17
|
34
|
11
|
5
|
16
|
22
|
9
|
37
|
17
|
12
|
14
|
kA
|
Nephrologie
|
3
|
2
|
4
|
6
|
2
|
5
|
6
|
3
|
kA
|
2
|
2
|
1
|
8
|
1
|
1
|
1
|
kA
|
Hämatologie/Onkologie
|
6
|
7
|
6
|
12
|
9
|
23
|
9
|
5
|
6
|
5
|
7
|
1
|
8
|
4
|
3
|
6
|
kA
|
Endokrinologie
|
1
|
1
|
1
|
0
|
0
|
kA
|
kA
|
1
|
kA
|
kA
|
1
|
kA
|
kA
|
1
|
1
|
kA
|
kA
|
Gastroenterologie
|
9
|
7
|
14
|
24
|
6
|
7
|
17
|
5
|
kA
|
7
|
10
|
6
|
kA
|
6
|
3
|
2
|
kA
|
Pneumologie
|
7
|
5
|
8
|
13
|
10
|
12
|
12
|
5
|
kA
|
3
|
9
|
2
|
7
|
5
|
8
|
7
|
kA
|
Rheumatologie
|
1
|
0
|
2
|
1
|
3
|
4
|
2
|
1
|
kA
|
0
|
3
|
1
|
3
|
0
|
4
|
1
|
kA
|
IM gesamt
|
201
|
150
|
179
|
209
|
214
|
255
|
214
|
199
|
205
|
168
|
242
|
204
|
223
|
197
|
236
|
199
|
241
|
Medizin gesamt
|
594
|
500
|
579
|
562
|
603
|
750
|
692
|
576
|
634
|
518
|
657
|
597
|
687
|
633
|
686
|
543
|
738
|
Aus den strukturierten Qualitätsberichten (sQBs) ist die Verteilung der Abteilungen
nach Trägerschaft verfügbar. Hier teilen sich die internistischen Abteilungen zu 43%
auf öffentliche, zu 40% auf freigemeinnützige und zu 17% auf private Träger auf ([Abb. 6]). Besonders häufig bei den öffentlichen Trägern vertreten sind die Nephrologie (59%)
und die Endokrinologie (57%). Bei den freigemeinnützigen sind es die Geriatrie und
die Rheumatologie – mit ca. 50% der Abteilungen – und 30% der Angiologie bei den privaten
Trägern.
Abb. 6 Krankenhaus-Abteilungen internistischer Schwerpunkte und der Inneren Medizin (IM)
gesamt, nach Trägerschaft (Anzahl und prozentuale Verteilung) für das Jahr 2019 laut
den strukturierten Qualitätsberichten. Abbildung nach Daten aus [6].
Für die ambulanten Versorgungsstrukturen prägen strukturell MVZs die Entwicklung.
MVZs sind nach § 95 SGB V ärztlich geleitete Einrichtungen, die an der vertragsärztlichen
Versorgung teilnehmen. Diesen werden in diesem Kapitel die Polikliniken nach § 400
Abs. 2 SGB V gleichgesetzt. 2019 waren 3539 MVZs zugelassen. An 16,8% von ihnen (n=596)
waren Internisten vertreten [7]. Damit stellen die Internisten mit einem Anteil von knapp 17% aller MVZs die dritthäufigste
Fachgruppe dar, nach der Chirurgie bzw. Orthopädie (28%; n=990) und den Hausärzten
(40%; n=1420).
Hinsichtlich der Ärzteschaft waren 2020 insgesamt 265 Vertragsärzte und 2799 angestellte
Ärzte der IM in MVZs tätig [5]. Wie auch im gesamten ambulanten Bereich ist der Zuwachs von 53% von 2003 auf 3065
Ärzte zwischen 2016 und 2020 nahezu ausschließlich auf eine Zunahme der angestellten
Ärzte zurückzuführen. Vertragsärzte machten 2020 einen Anteil von 8,6% (n=265) der
Internisten in MVZs aus, während es 2016 noch ca. 14% (n=275) waren.
Leistung
Im Jahr 2019 wurden 36% (7,2 Mio.) der knapp 20 Mio. stationären Fälle in Abteilungen
der Inneren Medizin behandelt, siehe [Tab. 3]
[5]. Von diesen entfielen mit ca. 5,0 Mio. 69% auf die Allgemeine IM und z.B. mit ca.
920000 Fällen 13% auf die Kardiologie sowie rund 5% (390000 bzw. 333000) je auf die
Gastroenterologie und Geriatrie. Die durchschnittliche Verweildauer betrug dabei 6,9
Tage. Bei den Schwerpunkten der IM war die mittlere Verweildauer in der Geriatrie
mit 18,7 Tagen am längsten, während die Spanne ansonsten zwischen 5,6 Tagen (Kardiologie)
und 8,7 Tagen (Nephrologie) lag. Besonders häufig sind die Uniklinika und Maximalversorger
in der Hämatologie/Onkologie, Endokrinologie und Nephrologie vertreten. Bei letzterer
werden lediglich 40% (34800 von 85800) der Fälle in Abteilungen außerhalb von Unikliniken
und Maximalversorgern behandelt.
Tab. 3 Fälle, Belegungstage und mittlere Verweildauer (in Tagen) der internistischen Schwerpunkte
im Jahr 2019. Daten aus [4].
(Sub-) Disziplin
|
Fälle
|
Belegungstage
|
Verweildauer
|
|
Anzahl
|
Anteil IM
|
Anzahl
|
Anteil IM
|
|
Innere Medizin
|
4982798
|
69,1%
|
31275130
|
63,1%
|
6,3
|
Geriatrie
|
330123
|
4,6%
|
6184654
|
12,5%
|
18,7
|
Kardiologie
|
917979
|
12,7%
|
5178306
|
10,4%
|
5,6
|
Nephrologie
|
82664
|
1,1%
|
718840
|
1,4%
|
8,7
|
Hämatologie/Onkologie
|
207804
|
2,9%
|
1708175
|
3,4%
|
8,2
|
Endokrinologie
|
18212
|
0,3%
|
144856
|
0,3%
|
8,0
|
Gastroenterologie
|
392791
|
5,4%
|
2416604
|
4,9%
|
6,2
|
Pneumologie
|
235876
|
3,3%
|
1634952
|
3,3%
|
6,9
|
Rheumatologie
|
43860
|
0,6%
|
331945
|
0,7%
|
6,9
|
IM gesamt
|
7212107
|
100%
|
49593462
|
100%
|
6,9
|
Medizin gesamt
|
19855784
|
|
142882556
|
|
7,2
|
Die Kennzahlen „Fälle pro Bevölkerung“, „Belegungstage pro Bevölkerung“, „Betten pro
Bevölkerung“ und „Bettennutzungsgrad“ haben sich für die IM von 2010–2019 kaum verändert.
Demgegenüber hat sich die mittlere Verweildauer um zuletzt ca. 9% auf 6,9 Tage reduziert,
während sich die Fallzahlen um etwa diesen Wert erhöht haben.
Mit Ausnahme der Endokrinologie sind die Fallzahlen seit 2010 überall gestiegen. Die
Geriatrie hatte mit einer Zunahme der Fallzahlen von 55% das größte relative Wachstum
der Schwerpunkte, deren Fallzahlen ansonsten nur zwischen 4 und 25% zunahmen ([Abb. 7]) [4]. Für die Fallzahlen der Angiologie ergibt sich aus den sQBs eine Abnahme um 37%
von 2015 auf 2019, nachdem der Rückgang zwischenzeitlich 46% betragen hatte. Die Zahlen
der Ermächtigungen für verschiedene Schwerpunkte der IM sind zwischen 2016 und 2020
deutlich zurückgegangen ([Abb. 8]).
Abb. 7 Entwicklung der Fallzahlen pro Bevölkerung in Krankenhaus-Abteilungen der internistischen
Schwerpunkte. 100% entsprechen den Zahlen von 2010. Abbildung nach Daten aus [4].
Abb. 8 Prozentuale Veränderungen der Zahl der Ermächtigten für verschiedene internistische
Schwerpunkte über die Zeit, in Bezug auf das Jahr 2016 (KBV 2020).
Vor dem Hintergrund der auf Länderebene erfolgenden Krankenhaus-Planung sind die großen
Unterschiede bei einzelnen Schwerpunkten der Inneren Medizin in Bezug auf die Anzahl
der Krankenhausbetten ([Abb. 9]), die Zahl der Ärzte ([Abb. 10]) sowie der Fälle ([Abb. 11]) bemerkenswert.
Abb. 9 Standorte der Krankenhaus-Abteilungen (jeder Standort entspricht einem Punkt auf der
Karte) der Inneren Medizin nach Abteilungsschlüsseln gemäß den strukturierten Qualitätsberichten
für das Jahr 2019. Abbildung nach Daten aus [6].
Abb. 10
a, b Verteilung von Fachinternisten (Bedarfsplanungsgewichte) pro 1 Million Einwohner
nach Bundesländern bzw. Raumordnungsregionen im Jahr 2012 laut KBV (die Zahlen in
den farbigen Legenden entsprechen den Bedarfsplanungsgewichten je Region, geteilt
durch die Einwohner je Region, multipliziert mit 1 Mio.).
Abb. 11
a, b Regionale Verteilung der stationären Fallzahlen pro 100000 Einwohner je Schwerpunkte
im Jahr 2019 gemäß den strukturierten Qualitätsberichten (die Zahlen in den farbigen
Legenden entsprechen den Patientenzahlen je Region, geteilt durch die Einwohner je
Region, multipliziert mit 100000). Abbildung nach Daten aus [6].
Diskussion
In dieser Evaluierung wurden verschiedene Datensätze zusammengetragen, um eine Analyse
von Struktur, Personalentwicklung und Trends in einzelnen Schwerpunkten der Inneren
Medizin in Deutschland durchzuführen. Auf der einen Seite verschafft eine solche Datenanalyse
einen Eindruck über die derzeitige Versorgungssituation in der Inneren Medizin, andererseits
sind wesentliche Limitationen dieser Vorgehensweise, dass Datensätze und ihre Kodierungen
eine unterschiedliche Herkunft haben.
Die Innere Medizin durchlebt einen Wandel in der Beschäftigungsstruktur. Es zeigt
sich, dass der Anteil jüngerer Ärzte und der Anteil an Ärztinnen in der Inneren Medizin
steigt. Die absolute Zahl nimmt auf Grund der steigenden Teilzeitbeschäftigung zu,
im Vollzeit-Äquivalent ist sie jedoch nahezu gleichbleibend.
Jeder 5. Arzt in der vertragsärztlichen Versorgung ist ein Internist – und die Zahl
der hausärztlich tätigen Internisten steigt. Dies muss bei der politischen Diskussion
um eine flächendeckende hausärztliche Versorgung berücksichtigt werden und kann auch
für eine mögliche transsektorale Gestaltung in hausärztlichen Praxen oder „Primärversorgungszentren“,
die derzeit in Diskussion sind, wichtig werden.
Bei der Versorgung zeigen sich große Unterschiede für einzelne Schwerpunkte in den
Regionen, die bei einer regionalen bzw. länderbezogenen Bedarfsermittlung und Strukturierung
von Krankenhäusern berücksichtigt werden sollten. Ca. 16% (1,1 Mio.) aller Fälle in
der Inneren Medizin werden derzeit von Universitätsklinika und Maximalversorgern behandelt,
die dem durch die Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung
empfohlenen Level III der Krankenhausreform entsprechen. Es zeigt sich aber auch,
dass einzelne Schwerpunkte – wie z.B. Rheumatologie, Angiologie und Endokrinologie/Diabetologie
– in ihren Entwicklungen rückläufig oder „gefährdet“ sind. Dies hat nicht nur für
die Versorgung Implikationen, sondern auch für Weiterbildung, Lehre und Forschung.
Daher fordert die DGIM, dass die Weiterentwicklung aller Schwerpunkte der Inneren
Medizin sichergestellt werden muss.
Die Geriatrie ist ein „wachsendes“ Fach, welches kaum ambulant angeboten wird. Die
Angiologie fehlt zumindest im Plan für NRW bei den Leistungsgruppen – und auch in
dem des Bundes. Deshalb fordert die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin für die
Angiologie eine separate Leistungsgruppe; letzteres gilt auch für den neuen internistischen
Schwerpunkt Infektiologie. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass angiologische
und infektiologische Leistungen auch in anderen Disziplinen außerhalb der Inneren
Medizin angeboten werden (z.B. in Radiologie, Chirurgie, Intensivmedizin oder Kinderheilkunde).
Die Versorgungslandschaft der Inneren Medizin ist durch große regionale Unterschiede
gekennzeichnet. Es drängt sich der Eindruck auf, dass Leistungen bzw. Fallzahlen wesentlich
durch bestehende Strukturen bestimmt werden. Da stattdessen eine bedarfsorientierte
Versorgung angestrebt wird, sind weitere Analysen zum sogenannten „medizinischen Bedarf“
und entsprechende Modellierungen zu transsektoralen Versorgungspfaden notwendig. Hierfür
müssen Instrumente entwickelt werden, die einen medizinischen Bedarf in einer Region,
unabhängig von bestehenden Strukturen, identifizieren und messen können.