Dtsch Med Wochenschr 2024; 149(15): 857
DOI: 10.1055/a-2173-5498
Editorial

Neuroendokrine Neoplasien

Neuroendocrine neoplasia
Judith Gebauer

In den letzten Jahrzehnten steigt die Inzidenz neuroendokriner Neoplasien („NEN“) weltweit an, wobei der zunehmende Einsatz radiologischer und endoskopischer Verfahren, die eine NEN-Diagnose als Zufallsbefund nach sich ziehen können, als eine mögliche Ursache für diesen Anstieg diskutiert wird. Die Versorgung von NEN-Patient*innen erfordert häufig eine interdisziplinäre Zusammenarbeit, die mittlerweile an einigen spezialisierten Zentren in Deutschland angeboten wird. Durch neue therapeutische und diagnostische Möglichkeiten hat sich die Behandlung dieser Erkrankungen in den letzten 10 Jahren deutlich geändert, was sich auch in den im letzten Jahr von ENETS („European Neuroendocrine Tumor Society“) herausgegebenen aktualisierten Leitlinien abbildet.

In dem nachfolgenden Dossier werden diese Änderungen aufgegriffen und, unterteilt nach verschiedenen in die Behandlung von NEN-Patient*innen involvierten Fachbereichen, auf dem neusten Stand dargestellt.

Zunächst werden in der Übersichtsarbeit von Kellers et al. die Möglichkeiten der histologischen und molekularpathologischen Diagnostik bei gastroenteropankreatischen NEN vorgestellt. Unter Berücksichtigung der WHO-Klassifikation werden die morphologischen sowie immunhistochemischen Charakteristika neuroendokriner Tumore, neuroendokriner Karzinome und gemischt neuroendokrin-nichtneuroendokriner Neoplasien präsentiert und insbesondere auch auf Hinweise für die Lokalisation bei unbekanntem Primarius sowie auf molekulare Analysen eingegangen.

Danach präsentieren Kaletsch et al. nuklearmedizinische Ansätze in der Diagnostik und Therapie von NEN und stellen in diesem Beitrag das synergistische Prinzip des Anwendens von therapeutischen und diagnostischen Tracern („Theragnostik“) vor, das bei NEN zum Einsatz kommt. Es werden in diesem Beitrag, neben der funktionellen Bildgebung, auch die häufig bei NEN genutzte Peptid-Rezeptor-Radio-Therapie (PRRT) und die selektive interne Radiotherapie (SIRT) sowie Kombinationsmöglichkeiten dieser Therapien diskutiert.

Abschließend stellen Rinke et al. das Spektrum der Systemtherapien bei NEN und die hierbei zu berücksichtigenden Besonderheiten, u.a. im Hinblick auf die hormonelle Aktivität, den Proliferationsindex, das Metastasierungsmuster sowie den Somatostatinrezeptorstatus dar. Zudem werden potenzielle neue Therapieoptionen unter Berücksichtigung neuer Studienergebnisse für diese heterogene Erkrankungsgruppe praxisnah diskutiert.

Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Lektüre dieser Beiträge.

Dr. med. habil. Judith Gebauer

ENETS CoE extended scope UKSH



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Article published online:
16 July 2024

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