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DOI: 10.1055/a-2058-1588
Kommentar zu „Typ-2-Diabetes: SGLT2-Inhibitoren und DPP4-Inhibitoren im Vergleich“

Trotz aller Erfolge der Behandlung akuter kardialer Ereignisse bleiben kardiovaskuläre Erkrankungen die wichtigste lebensverkürzende Erkrankung bei Menschen mit Diabetes. Die Übersterblichkeit im Vergleich zur gleich alten Normalbevölkerung ohne Diabetes ist dabei über die letzten Jahrzehnte konstant geblieben – trotz aller Bestrebungen zur Verbesserung der Therapie [1].
Wirkstoffe aus 2 Substanzklassen zur Behandlung des Typ-2-Diabetes, Glucagon-like-Peptid-1-Rezeptoragonisten (GLP-1 RA) und Sodium-Glucose-Transporter-2-Inhibitoren (SGLT-2i), haben sich dabei in den letzten Jahren hervorgetan, über die Blutzuckersenkung hinaus das kardiovaskuläre und auch renale Risiko in randomisiert kontrollierten Studien (RCT) signifikant zu senken. Diese für diese spezielle Fragestellung konzipierten Outcome-Studien (CVOT) haben das Management der Behandlung von Menschen mit Diabetes nachhaltig verändert. So erfolgte die Einordnung dieser beiden Substanzgruppen in die Empfehlungen zur medikamentösen Therapie für Menschen mit Typ-2-Diabetes mit bereits etablierter kardiovaskulärer/renaler Erkrankung, bzw. bei hoher Risikokonstellation für diese Erkrankungen, in exponierter Weise. Im Falle der SGLT2 i erfolgt bei Herz- und Nierenisuffizienz die Empfehlung unabhänig vom HbA1c [2].
In Realwelt-Studien (RWE) ließ sich dieser Effekt der CVOTs für SGLT-2i für eine deutlich breitere und heterogenere Gruppe von Menschen mit Diabetes bestätigen. Auch das Nebenwirkungsprofil der RCT bestätigte sich in RWE. So bestätigte auch diese Studie den zu erwartenden Effekt auf den zusammengesetzten Endpunkt des 3-P-MACE (~15% relative Risikoreduktion). Übertroffen wird dies von einer fast 50%igen Reduktion der Hospitalisierung für Herzinsuffizienz. Und es zeigte sich – wie auf dem Boden der CVOT zu erwarten – bereits ein früher Effekt innerhalb des 1. Überwachungszeitraums von 3 Monaten.
Die vorliegende Studie ergänzt dieses Wissen um zwei wichtige Nachrichten: Der positive Effekt ist unabhängig vom Ausgangs-HbA1c im Vergleich zur in der klinischen Praxis breit eingesetzten Vergleichstherapie mit Sitagliptin in gleicher Weise apparent. Somit wird die aus den RCT aufgrund der Einschlusskriterien verbliebene Frage: „Profitieren Menschen mit Typ-2-Diabetes und niedrigem Ausgangs-HbA1c in gleicher, starker und früher Weise wie das in die CVOT eingeschlossene Hochrisikokollektiv mit weiter fortgeschrittenem Krankheitsbild?“ beantwortet. Die am besten vorbehandelte Gruppe wies einen Baseline-HbA1c von 6,8% im Mittel auf, der damit unter 7,0% als Einschlussgrenze bei den CVOT prädefiniert war. Besonders bemerkenswert ist dabei, dass der Haupttreiber dieses Effektes auf den 3-P-Mace die Reduktion der Gesamtmortalität ist, was insgesamt unerwartet stark ausfällt (HR: 0,74).
Aber auch für das andere Spektrum des HbA1c-Bereiches liefert die Studie wichtige und behandlungsrelevante Informationen. So wird Sicherheit geschaffen in der Frage, ob bei Menschen mit Typ-2-Diabetes und einem hohem Ausgangs-HbA1c ein gesteigertes Risiko für unerwünschte Effekte wie urogenitale Infekte oder Hypovolämie besteht.
Auch hier vermittelt die vorliegende Registerstudie Sicherheit. Bemerkenswert ist insbesondere, dass in der schlecht kontrollierten Gruppe – mit hohem Ausgangs-HbA1c von im Mittel über 10% – keine höhere Rate von Genitalinfekten oder Ketoazidosen beobachtet wurde als unter den niedrigeren Ausgangs-HbA1c. Noch überraschender ist, dass Hypovolämien insbesondere in dieser schlecht vorkontrollierten Gruppe mit dem geringsten Risiko auftraten.
Als methodische Schwäche ist dabei die fehlende Unterscheidung in Bezug auf den verwendeten SGLT-2i zu nennen, insbesondere in Anbetracht des teils heterogenen Ergebnisbildes in ihren CVOT, insbesondere für die Substanz Ertugliflozin. Vielleicht ist dies die Erklärung für einen fehlenden signifikanten Effekt bei nicht tödlichem Myokardinfarkt.
Publication History
Article published online:
04 August 2023
© 2023. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Rawshani A, Rawshani A, Franzén S. et al. Mortality and Cardiovascular Disease in Type 1 and Type 2 Diabetes. N Engl J Med 2017; 376 (15) 1407-1418
- 2 Davies MJ, Aroda VR, Collins BS. et al. Management of Hyperglycemia in Type 2 Diabetes, 2022. A Consensus Report by the American Diabetes Association (ADA) and the European Association for the Study of Diabetes (EASD). Diabetes Care 2022; 45 (11) 2753-2786