Schlüsselwörter Habilitation - Habilitationsordnung - Karriere - akademische Qualifikation - medizinische
Fakultäten
Key words habilitation - regulations on habilitation - career - academic qualification - medical
faculties
Einleitung
Die Habilitation gilt in Deutschland als Nachweis der Qualifikation zur selbstständigen
Forschung und Lehre. Sie stellt die hochrangigste Prüfung an deutschen Universitäten
dar und ist die Voraussetzung zur Erlangung der Lehrbefähigung im jeweiligen Fachgebiet.
Die Voraussetzungen für eine Habilitation sind in den Habilitationsordnungen der Universitäten
und gleichgestellten Institutionen festgeschrieben. Diese orientieren sich wiederum
an den Landesgesetzen der einzelnen Bundesländer. Bis zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes
(HRG) im Jahr 2002 galt die Habilitation als Grundlage für eine Berufung auf eine
Professorenstelle (Hochschulrahmengesetz 5. Novelle, 1. Januar 2002). Gegenwärtig
wird die medizinische Habilitation oftmals als wünschenswert angesehen, um leitende
Funktionen in größeren Krankenhausabteilungen übernehmen zu können. Mit dem Ziel,
einen zusätzlichen Qualifikationsnachweis für wissenschaftliches Personal zu schaffen,
wurde die Habilitation zu Beginn der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Deutschland
eingeführt. Seitdem ist die Zahl an abgeschlossenen medizinischen Habilitationen kontinuierlich,
bis zum Höchststand im Jahr 2004 mit 910 medizinischen/gesundheitswissenschaftlichen
Habilitationen, angestiegen. In den letzten Jahren war die Zahl an Habilitanden im
medizinischen Bereich schwach rückläufig. Die medizinischen Fakultäten führen dabei
im Gesamtvergleich aller Fakultäten die meisten Habilitationsverfahren durch [1 ]. Die Anforderungen an die medizinischen Habilitationen sind an den meisten medizinischen
Fakultäten in den letzten Jahren überarbeitet worden. Bisherige Untersuchungen zeigten
zum Teil deutliche Unterschiede bzgl. der Anforderungen an eine medizinische Habilitation
zwischen den einzelnen Ordnungen der Fakultäten auf [2 ]
[3 ]
[4 ]. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, einen Überblick über die aktuell gültigen
Anforderungen an die medizinische Habilitation in Deutschland zu geben.
Methoden
Es wurden die aktuell gültigen Habilitationsordnungen und Ausführungsbestimmungen
aller 39 medizinischen Fakultäten in Deutschland, sofern diese vorhanden sind, einbezogen.
Die deutschen Universitäten mit gültiger Habilitationsordnung sind in [Tab. 1 ] aufgelistet. Dazu wurden die relevanten Habilitationsordnungen und Ausführungsbestimmungen
von der Internetseite der jeweiligen Fakultät heruntergeladen und im Falle fehlender
Informationen das Dekanat der jeweiligen Hochschule schriftlich kontaktiert.
Tab. 1
Medizinische Fakultäten mit Habilitationsordnung in Deutschland.
Einschlusskriterien
Einschlusskriterium war das Vorliegen einer aktuell gültigen Habilitationsordnung
einer staatlich anerkannten deutschen medizinischen Fakultät.
Ausschlusskriterien
Ausschlusskriterium war das Nichtvorliegen einer aktuell gültigen Habilitationsordnung
einer staatlich anerkannten deutschen medizinischen Fakultät.
Kooperationsprojekte mit ausländischen Fakultäten und ausländischem Studienabschluss
wurden bei der Analyse nicht berücksichtigt.
Zielkriterien
Dabei wurden folgende Zielkriterien bzgl. der zu erfüllenden Habilitationsleistung
betrachtet ([Abb. 1 ]):
Abb. 1 Darstellung der berücksichtigten Zielkriterien bei der Analyse der Habilitationsordnungen.
Anzahl der Gesamtpublikationen, Anzahl an erforderlichen Erst- bzw. Letztautorenschaften,
erforderliche Lehrleistungen, Berücksichtigung von Drittmitteleinwerbung und Patentrechten,
Berücksichtigung von Abstracts aus Vorträgen und Postern, Möglichkeit und Anforderungen
an die kumulative Habilitation, Berücksichtigung von Teilnahme an didaktischen Fortbildungen,
Voraussetzung von Promotion oder äquivalenten Leistungen, Erlangung einer Gebiets-,
Teilgebiets- oder Bereichsbezeichnung, Anzahl der Gutachter und deren Zugehörigkeit,
Abhaltung eines hochschulöffentlichen und wissenschaftlichen Vortrags sowie einer
Lehrprobe. Keine Berücksichtigung in der Analyse fanden weitere wissenschaftliche
Leistungen, die von den einzelnen Fakultäten und zuständigen Ministerien als Äquivalent
zu den obengenannten Kriterien anerkannt wurden.
Analyseziel
Die einzelnen Kriterien wurden hinsichtlich der Anforderungen und Berücksichtigung
zwischen den Ordnungen der einzelnen medizinischen Fakultäten gegenübergestellt und
verglichen.
Ergebnisse
In die Analyse wurden die Habilitationsordnungen von 37 medizinischen Fakultäten miteinbezogen.
Bei 2 Fakultäten lag keine aktuelle Habilitationsordnung vor.
Grundvoraussetzungen
Bei allen 37 medizinischen Fakultäten gilt als Grundvoraussetzung die Erbringung des
Nachweises der Befähigung zur wissenschaftlichen Arbeit. Dieser gilt in der Regel
durch einen erfolgreichen Abschluss einer Promotion oder eine als gleichwertig anerkannte
akademische Qualifikation an einer ausländischen Hochschule im medizinischen Bereich
sowie eine weitergehende wissenschaftliche Tätigkeit nach der Promotion als erbracht.
In den meisten Ordnungen wird bei klinischen Fächern die Erlangung der Gebiets-, Teilgebiets-
oder Bereichsbezeichnung gefordert (n = 28; 76 %). Bei einem experimentellen Fachgebiet
ohne Bereichsbezeichnung wird durch die meisten Fakultäten eine mehrjährige (in den
meisten Fällen eine 4-jährige) Tätigkeit in dem jeweiligen Gebiet als Voraussetzung
angesehen. Ebenfalls darf der Bewerber sich in keinem parallellaufenden, auf dasselbe
Fachgebiet beziehenden Habilitationsverfahren befinden.
Forschungsleistung und wissenschaftliche Publikationsleistung
Hinsichtlich der geforderten wissenschaftlichen Publikationsleistungen gibt es zwischen
den einzelnen Ordnungen teils erhebliche Unterschiede ([Abb. 2 ]). Gemein ist allen Ordnungen, dass nur Publikationen in Peer-Review-gelisteten Zeitschriften
oder Journals, in der Regel mit Impact Factor (Journal Citation Reports des Science
Citation Index), gewertet werden. Unterschieden wird dabei zwischen einer Erst- und
Letztautorenschaft und einer Mitautorenschaft. Eine bestimmte Anzahl an Erst- bzw.
Letztautorenschaften wird von allen Ordnungen zur Habilitation festgeschrieben. Die
Anzahl derer variiert zwischen den einzelnen Ordnungen der Fakultäten teilweise deutlich.
Die Letztautorenschaft (auch Seniorautorenschaft genannt) wird in der überwiegenden
Anzahl der Ordnungen (n = 28; 76 %) wie eine Erstautorenschaft gewertet. In 5 Ordnungen
(14 %) werden nur Erstautorenschaften berücksichtigt, in 4 Ordnungen (11 %) ist keine
Präzisierung genannt. Die höchste Anzahl setzt die Charité in Berlin mit 10 Erst-
bzw. Letztautorenschaften fest. In vielen weiteren Ordnungen ist eine Anzahl von 6–8
Erst- bzw. Letztautorenschaften festgeschrieben. Die niedrigste Anzahl an Erst- bzw.
Letztautorenschaften wird in einer Ordnung mit 4 Publikation in Impact-Factor-gerankten
Journals angegeben. In einer anderen Ordnung wird hinsichtlich der Anzahl an zu erwartenden
Publikationen keine Angabe gemacht.
Abb. 2 Darstellung der Anforderungen an die Anzahl an erforderlichen Publikationen in Bezug
auf die Erst- oder Letztautorenschaft, Gesamtzahl und Anforderungen an die kumulative
Habilitation.
Relevant zu erwähnen ist, dass bei den meisten Ordnungen jedoch nicht ausschließlich
die faktische Anzahl an wissenschaftlichen Publikationen berücksichtigt wird. Zunehmend
findet die Wertigkeit der Publikation, welche in der Regel anhand des Impact Factors
des jeweiligen Journals (nach dem Science Citation Index des Journal Citation Reports
(SCI/JCR) des Institute for Scientific Information (ISI)) erhoben wird, Berücksichtigung.
In welchem Rahmen die Publikationswertigkeit Berücksichtigung findet, unterscheidet
sich zwischen den Ordnungen. In einigen Ordnungen findet ein Punkte-Scoring-System
Anwendung, auf dessen Grundlage die Publikationsleistung am Impact Factor bewertet
wird. Die erreichten Punktzahlen werden summiert und zudem wird eine bestimmte Summe
als „Soll-Erreichungsgrenze“ deklariert. Andere Ordnungen verlangen eine festgelegte
Anzahl an Publikationen. Eine Anzahl derer muss, gemessen am Impact Factor, in dem
zugeordneten Fachgebiet im oberen Prozentzahlenbereich der Journallisten liegen. Dabei
kann zudem der Prozentzahlenbereich zwischen den Ordnungen variieren. Zumeist werden,
orientierend am Impact Factor, Abstufungen in Prozentgruppen vorgenommen, denen dann
wiederrum bestimmte Punktbereiche zugeschrieben werden. Die Habilitationsordnungen
schreiben in diesen Fällen folglich das Erreichen einer bestimmten Punktzahl vor.
Wiederum weitere Ordnungen schreiben eine Anzahl an Publikationen in einem Journal
vor, die einem bestimmten Prozentrang angehören.
An einigen Universitäten sind Abstracts von Kongressvorträgen als Kriterium festgeschrieben
(n = 5; 14 %). Verpflichtend ist dies an der Universität Münster, an der 15 Abstracts,
8 davon als Erstautor, erfüllt sein müssen. In der Mehrzahl der Ordnungen sind Abstracts
als Kriterium nicht benannt.
Große Unterschiede in den Habilitationsordnungen bestehen bei der Berücksichtigung
von Drittmitteleinwerbungen und Patenten. In einem Großteil der Ordnungen werden Drittmitteleinwerbungen
nicht gefordert. In anderen Ordnungen stellt die Einwerbung von Drittmitteln allerdings
ein gewünschtes Kriterium dar (n = 11; 30 %). In der Ordnung der medizinischen Fakultät
der Universität Leipzig kann die erfolgreiche Einwerbung einen Teil der erforderlichen
Publikationsleistung ersetzen. An der Universität Witten/Herdecke und mehreren weiteren
Universitäten hingegen sollte ein erfolgreicher Antrag auf Drittmitteleinwerbung als
verantwortlicher Autor gestellt worden sein.
In einigen wenigen Ordnungen findet auch die Eintragung von Patenten Berücksichtigung
(n = 4; 11 %). Beispielsweise kann an der Universität Münster eine Patenteintragung
als äquivalent zu einer Erstautorenschaft gewertet werden.
Lehrtätigkeit
Die Lehrtätigkeit ist eine Grundvoraussetzung zur Habilitation. Die Angabe der Lehrleistung
variiert zwischen Semestern, Semesterwochenstunden und Jahren. Ein Großteil der Ordnungen
hat eine bestimmte Anzahl an Semestern oder Jahren zur Erfüllung der Lehrtätigkeit
festgeschrieben. Üblich erscheint eine Lehrleistung von 4–6 Semestern (2–3 Jahre,
n = 17, 46 %; > 3 Jahre, n = 4, 11 %). Andere Ordnungen verlangen eine längere Lehrtätigkeit.
In der Ordnung der Ruhr-Universität Bochum wird eine Lehrtätigkeit von 5 Jahren (10
Semester) über mindestens 2 Semesterwochenstunden erwartet. An der Universität Münster
erfolgt nochmals eine Unterscheidung zwischen curricularen und extracurricularen Veranstaltungen.
An wiederum anderen Fakultäten sind keine genaueren Angaben zur Lehrtätigkeit festgeschrieben
(beispielsweise Universität des Saarlandes, Universität Bonn). Des Weiteren wird an
den meisten Fakultäten zusätzlich eine Unterscheidung zwischen genereller Lehrtätigkeit
und Lehrtätigkeit an der jeweiligen Universität gemacht. Häufig schreiben die jeweiligen
Fakultäten eine Anzahl an Mindestlehrtätigkeit an der Heimatfakultät fest, z. B. die
Universität Oldenburg, Universität Frankfurt am Main und Universität Freiburg. Allerdings
variiert die Anzahl zwischen einem und 6 Semestern.
Zunehmend ist die Verbesserung der Qualität der Lehre in den Mittelpunkt des Interesses
vieler Fakultäten gerückt. Dies spiegelt sich in der Überarbeitung fast aller Habilitationsordnungen
wider. Verglichen mit der Vergangenheit ist gegenwärtig, mit Ausnahme zweier Ordnungen,
eine hochschuldidaktische Qualifikation gefordert (n = 35; 95 %). Diese erlangt man
an den meisten Fakultäten durch Teilnahme an speziell für diesen Bereich konzipierten
didaktischen Kursen. Sowohl der Inhalt als auch die festgeschriebene Dauer der Kurse
variieren teilweise deutlich zwischen den einzelnen Fakultäten. In einigen Ordnungen
sind auch keine detaillierten Anforderungsprofile in Bezug auf hochschuldidaktische
Qualifikationen festgeschrieben.
Schriftliche Habilitationsleistung
Die lange bestehende, übliche Form einer schriftlichen Habilitationsleistung bestand
in der Anfertigung einer Monografie zum Forschungsschwerpunkt der Habilitanden. In
den letzten Jahren wurde zunehmend auch die Möglichkeit zur kumulativen Habilitation
in die Ordnungen der einzelnen Fakultäten aufgenommen. Diese Möglichkeit ist bis dato,
bis auf einige Ausnahmen, in allen Ordnungen deutscher medizinischer Fakultäten ergänzt
worden (n = 36; 97 %). Bei der kumulativen Habilitation werden thematisch zusammenhängende,
wissenschaftliche Publikationen zusammengefasst und gelten folglich als Äquivalenzleistung
für die schriftliche Habilitationsleistung. Bezüglich der Anzahl an zu berücksichtigenden
Publikationen für die kumulative Habilitation variieren die Anzahl und Anforderungen
zwischen den Fakultäten stark. Die im Rahmen der kumulativen Habilitationsschrift
berücksichtigten Publikationen dürfen Bestandteil der zu erfüllenden wissenschaftlichen
Publikationsleistung sein. Üblich für eine kumulative Habilitation ist die Berücksichtigung
einer Anzahl von 4–6 thematisch zusammenhängenden Publikationen ([Abb. 2 ]). Hier besteht zwischen den einzelnen Ordnungen partiell ein deutlicher Unterschied
im Hinblick auf den geforderten Rang der Autorenschaft (Erst- bzw. Letztautor oder
Mitautor).
Mündliche Habilitationsleistung
Die mündliche Habilitationsleistung besteht gewöhnlich bei der Mehrzahl der medizinischen
Fakultäten aus einer Abhaltung eines wissenschaftlichen Vortrags oder Kolloquiums
vor einem in den jeweiligen Ordnungen festgesetzten Fachpublikum (n = 36; 97 %). Die
Vortragsdauer ist in den einzelnen Ordnungen festgeschrieben und übersteigt in der
Regel inklusive Diskussion 30 Minuten nicht. Das Thema des wissenschaftlichen Vortrags
wird an einigen Fakultäten von dem Habilitationsgremium (-vorsitzenden) festgelegt
oder kann frei vom Habilitanden gewählt werden. Die Handhabung unterscheidet sich
hierbei zwischen den einzelnen Fakultäten.
Eine weitere Anforderung an den Habilitanden, die von einigen Fakultäten, aber bei
weitem nicht von allen Fakultäten erwartet wird, ist eine Abhaltung einer begutachteten
Lehrprobe oder Vorlesung. In 18 Ordnungen (48,6 %) sind diese bisher festgeschrieben,
in anderen sind diese erwähnt, aber kein Pflichtbestandteil. In einigen Ordnungen
findet dieser Faktor allerdings keine Berücksichtigung.
Begutachtung der schriftlichen Habilitationsleistung
Sind die Voraussetzungen hinsichtlich der wissenschaftlichen Publikationen, der Lehrleistung
und der schriftlichen Habilitationsleistung erfüllt, wird in der Regel von der Habilitationskommission
eine Begutachtung der eingereichten schriftlichen Habilitationsleistung in Auftrag
gegeben. Die Begutachtung erfolgt durch die Einholung von schriftlichen Gutachten.
Hierbei unterscheiden sich die Ordnungen hinsichtlich der notwendigen Anzahl an Gutachten
und in der Zugehörigkeit der Gutachter. Mit wenigen Ausnahmen ist in den Ordnungen
festgeschrieben, dass die Begutachtung durch habilitierte Professoren einer Universität
erfolgen muss. In der Ordnung einer medizinischen Fakultät besteht die Gutachterkommission
aus einem Fachmentorat aus 3 Hochschullehrern, in dem mindestens ein Mitglied den
akademischen Grad Professor tragen muss.
Hinsichtlich der Zugehörigkeit und der Anzahl der Gutachtenden sind in den Ordnungen
unterschiedliche Regelungen festgeschrieben. Unterschieden wird zwischen internen
Gutachtenden (Mitglied der eigenen Fakultät) und externen Gutachtenden (Mitglied einer
anderen Fakultät). Die Anforderungen unterscheiden sich zwischen der Möglichkeit nur
interner Gutachter (n = 3; 8 %), einer Kombination aus internen und externen Gutachtern
(n = 23; 62 %) und nur externer Gutachter (n = 8; 22 %). Bis auf wenige Ausnahmen
ist in den Ordnungen festgehalten, dass mindestens eine begutachtende Person einer
anderen Universität (externes Gutachten) angehören muss.
Alle Ordnungen fordern mindestens 2 oder mehr Gutachten. In der Regel sind in den
meisten Ordnungen 2–3 Gutachten vorgesehen (n = 34; 92 %).
In einzelnen Ordnungen der medizinischen Fakultäten gibt es noch weitergehende Bestimmungen
bezüglich der Fachgebietszugehörigkeit (Fachgebietsintern versus -extern) der Gutachtenden.
In der Regel setzt die Ordnung fest, dass mindestens eine begutachtende Person dem
Fachgebiet des Habilitationsthemas angehören muss.
Lehrbefähigung
An der überwiegenden Mehrzahl der Fakultäten (n = 31; 84 %) ist zur Beendigung des
Habilitationsverfahrens eine öffentliche Antrittsvorlesung bzw. ein hochschulöffentlicher
Vortrag Voraussetzung zum Erhalt der Habilitationsurkunde. In einer Ordnung einer
deutschen medizinischen Fakultät ist eine öffentliche Antrittsvorlesung nicht festgeschrieben,
3 weitere Ordnungen machen diesbezüglich keine weiteren Angaben. An allen anderen
medizinischen Fakultäten ist eine Antrittsvorlesung in den Ordnungen zur erfolgreichen
Beendigung des Habilitationsverfahrens niedergeschrieben. Nach erfolgreichem Abschluss
des Habilitationsverfahrens können die Habilitierten einen Antrag auf die Lehrbefugnis
(Venia legendi) stellen. Nach Verleihung der Venia legendi sind Habilitierte befugt,
den Titel „Privatdozent“ zu führen. Gleichzeitig verpflichten sich die Habilitierten,
einer Lehrverpflichtung von in der Regel 2 Semesterwochenstunden nachzukommen.
Diskussion
Die Habilitation ist ein Alleinstellungsmerkmal im deutschen Sprachraum und ist in
anderen Ländern nur eingeschränkt akzeptiert [5 ]. In Deutschland dient die abgeschlossene Habilitation als Qualitätskriterium zur
Darlegung einer erfolgreich erbrachten Leistung in Forschung und Lehre. Sie stellt
die Voraussetzung für die Lehrbefähigung in einem Fachgebiet dar [6 ]. Die meisten medizinischen Habilitationen erfolgen im Fachbereich Innere Medizin
[7 ]. Bemerkenswert ist der Anstieg des Frauenanteils im Bereich Humanmedizin und Gesundheitswissenschaften.
War dieser im Jahr 2006 noch bei 17,6 %, stieg dieser bis ins Jahr 2016 auf 25,7 %
an [8 ]. Dabei fand sich der größte Frauenanteil im Fachbereich Gynäkologie (Frauenanteil:
31 %) [7 ].
Ziel dieser Übersichtsarbeit ist die Darlegung und Gegenüberstellung der berücksichtigten
Kriterien an die medizinische Habilitation in Deutschland. Bisher sind wenige Übersichten
publiziert, die die Anforderungen und deren Unterschiede zwischen den Fakultäten aufzeigen.
Unterschiede in den Anforderungen basieren auf der Grundlage, dass die konkrete Ausgestaltung
der Habilitationsrichtlinien den jeweiligen Hochschulen unterliegt und diese eigenständig
ihre Habilitationsanforderungen festlegen. [Abb. 3 ] skizziert exemplarisch die Häufigkeit der Berücksichtigung einzelner Kriterien und
fasst die Ergebnisse der Untersuchung zusammen.
Abb. 3 Darstellung der Häufigkeit der Berücksichtigung einzelner exemplarischer Kriterien
in den Habilitationsordnungen.
Nagelschmidt et al. [4 ] haben bereits 1998 in einer Analyse die Habilitationsanforderungen auf Grundlage
eines Scoring-Systems verglichen und deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen
Ordnungen dargelegt. Dabei basierten die vorausgegangenen Analysen auf der numerischen
Einordnung von Anforderungen, denen unterschiedliche Wertigkeiten zugeordnet wurden.
Dagegen bietet die gegenwärtige Übersichtsarbeit eine deskriptive Beschreibung der
Anforderungen und Kriterien. Eine auf die Analyse von Nagelschmidt et al. aufbauende
Arbeit hat die Habilitationsordnungen aus den Jahren 1998 und 2010 verglichen [3 ]. Es zeigte sich ein Anstieg der Anforderungen an die Habilitanden zwischen diesen
Jahren, aber weiterhin beachtliche Unterschiede in der quantitativen und qualitativen
Ausgestaltung der Habilitationsordnungen zwischen den Fakultäten. Die Unterschiede
in den Anforderungen sind auch gegenwärtig vorhanden und bestehen vor allem bei den
Kriterien Anzahl und Wertung von Publikationsleistungen und des Begutachtungsverfahrens.
Im Hinblick auf die schriftliche Habilitationsleistung hat sich mittlerweile die kumulative
Habilitation als Standardverfahren etabliert. Diese Form der schriftlichen Habilitationsanforderung
hat mittlerweile in jeder Ordnung Berücksichtigung gefunden und wird explizit von
vielen Ordnungen als favorisierte Form zur Erbringung der schriftlichen Habilitationsleistung
benannt und auch von Fachgesellschaften empfohlen [9 ]
[10 ]. Dementsprechend erfolgen mittlerweile vielfach die schriftlichen Habilitationsleistungen
in Form einer kumulativen Habilitation. Jedoch bestehen deutliche Unterschiede hinsichtlich
der Anforderungen, insbesondere zwischen Berücksichtigung des Autorenrankings (Erst-
bzw. Letzt- bzw. Mitautorenschaft) und der notwendigen Anzahl der einfließenden Publikationen
zwischen den einzelnen Ordnungen.
Die Gegenüberstellung der Anforderungen zeigt, dass die geforderten Publikationsleistungen
sich zum Teil erheblich, insbesondere in den Detailanforderungen (Anzahl, Wertigkeit,
berücksichtigte Journals), zwischen den einzelnen Ordnungen der Fakultäten unterscheiden.
Insgesamt sind die Beurteilungsinstrumente der Publikationsleistungen zwischen den
Ordnungen stark divergent und wenig transparent. Diese Punkte erschweren maßgeblich
die interuniversitäre Vergleichbarkeit. Zur Beurteilung der Publikationswertigkeit
wird zumeist der Impact Factor herangezogen. Die Beurteilung der Wertigkeit der veröffentlichten
Forschungsleistungen anhand des Impact Factors steht seit Jahren in der Kritik und
wird stark hinterfragt [11 ], vor allem wenn er zum disziplinübergreifenden Vergleich herangezogen wird [12 ]. In einer Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen
Fachgesellschaften (AWMF) aus dem Jahr 2014 distanziert sich diese davon, den Impact
Factor als Bewertungsmaßstab heranzuziehen. Vielmehr fordert die AWMF, eine multidimensionale
Beurteilung anhand verschiedener objektiver Kriterien vorzunehmen und die Bewertung
nicht nur auf ein Kriterium herunterzubrechen [13 ]. An einigen Universitäten wird dem insoweit nachgekommen, dass die Beurteilung der
Publikationsleistung anhand des Impact Factors in Bezug zu der Wertigkeit eines Journals
in dem jeweiligen Fachgebiet gesetzt wird. Vor allem in diesen Bereichen ist ein Handlungsbedarf
bezüglich der Anpassung und Harmonisierung der Ordnungen an Fakultäten vorhanden.
In Anbetracht dessen ist speziell in diesen Bereichen ein Handlungsbedarf bezüglich
einer Anpassung und Harmonisierung der Ordnungen der einzelnen Fakultäten angeraten.
Eine Umfrage von Sorg et al. [14 ] aus dem Jahr 2016 unter den Mitgliedern der Habilitationskommissionen der verschiedenen
Universitäten schätzt den Stellenwert der medizinischen Habilitation nach wie vor
als bedeutend ein. Insgesamt wird der Habilitation im medizinischen Bereich gegenwärtig
ein hoher Stellenwert eingeräumt und dieser scheint kontinuierlich einen etablierten
Stellenwert im akademischen Karriereweg im Gesundheitsbereich einzunehmen [5 ]. Faktisch spiegelt sich dies in den ausgeschriebenen Anforderungsprofilen zur Besetzung
einer leitenden Position im Gesundheitswesen wider. In diesen wird nicht selten die
erfolgreiche Habilitation als wünschenswertes Kriterium erwähnt.
Die 2002 neu eingeführte Kategorie der Juniorprofessur sollte gerade für junge Nachwuchswissenschaftler
Anreiz und Förderung für eine wissenschaftliche Karriere darstellen und einen alternativen,
ersetzenden oder kumulativen Weg zur Habilitation ermöglichen. Viele junge Nachwuchswissenschaftler
in der Medizin wählen jedoch weiterhin den Weg über die klassische Habilitation, auch
wenn diese zur Erlangung einer universitären Professur nach Einführung der Juniorprofessur
nicht mehr zwingend erforderlich ist. Des Weiteren besteht ein deutlicher Tenor der
Habilitierenden, dass sich zumindest aufgrund verschiedenster Faktoren die Gegebenheiten
erschwert haben, die Habilitationsanforderungen erfüllen zu können. Eine repräsentative
Umfrage unter den Mitgliedern der Habilitationskommissionen konzertiert ebenfalls
im Konsens eine Reformbedürftigkeit der Habilitationsanforderungen [14 ].
Insgesamt ist die Zahl der medizinischen Habilitationen jedoch rückläufig [15 ]. Ursächlich hierfür erscheinen multifaktorielle Gründe. Anzunehmen ist, dass die
Ökonomisierung der Medizin und steigende Anforderungen in der Patientenversorgung
einen negativen Einfluss haben. Weiterhin ist anzunehmen, dass der steigende Arbeitsdruck
in den Kliniken und daraus resultierender mangelnder Freiraum für Forschungsprojekte
ebenso nicht unerhebliche Faktoren zu sein scheinen.
Zur Steigerung der Qualität der Lehre ist mittlerweile in fast allen Ordnungen ein
medizindidaktischer Qualifikationsnachweis gefordert. Dieses spiegelt die Einigkeit
über die Notwendigkeit zur Verbesserung der Lehrqualität wider. In diesem Punkt bestehen
nur geringfügige Unterschiede in Art und Weise sowie Umfang bezüglich des Nachweises
einer didaktischen Fortbildung.
Schlussfolgerung
Im Hinblick auf die quantitativen und qualitativen Anforderungen an die medizinische
Habilitation bestehen zwischen den Habilitationsordnungen der medizinischen Fakultäten
deutliche Unterschiede. Des Weiteren sind die Anforderungen bei vielen Kriterien intransparent
und in einzelnen Kriterien deutlich divergent. Insbesondere die einzelnen Anforderungen
und deren Gewichtung unterscheiden sich zwischen den einzelnen Habilitationsordnungen
der Universitäten deutlich. Explizit sei hier der Anstieg der quantitativen und qualitativen
Anforderungen an die wissenschaftliche Publikationsleistung und den Umfang der Lehrtätigkeit
erwähnt. Zur Aufwertung der Lehrqualität wird mittlerweile an fast allen medizinischen
Fakultäten eine Teilnahme an didaktischen Weiterbildungskursen erwartet.
Insgesamt erscheint eine Vereinheitlichung der Anforderungen an die medizinische Habilitation
wünschenswert und ratsam, um eine bessere Transparenz und Anerkennung von erbrachten
Leistungen in Forschung und Lehre zu erzielen.
Die Anforderungen an die medizinische Habilitation unterscheiden sich stark zwischen
den deutschen Fakultäten.
Die Anzahl der erforderlichen Gesamtpublikationen variiert je nach Fakultät zwischen
8 und 15.
Die Möglichkeit der kumulativen Habilitation ist in allen Ordnungen und Ausführungsbestimmungen
niedergeschrieben.
Fast alle Fakultäten fordern mittlerweile eine medizindidaktische Qualifikation.
Die Notwendigkeit der Gutachterzugehörigkeit variiert zwischen den Ordnungen zwischen
nur internen (Möglichkeit), internen und externen oder ausschließlich externen Gutachtern.