Klin Monbl Augenheilkd 2019; 236(09): 1139-1155
DOI: 10.1055/a-0972-4548
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Pseudoexfoliationssyndrom und Glaukom

Pseudoexfoliation Syndrome and Glaucoma
Matthias Nobl
,
Marc Mackert
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Publication Date:
14 August 2019 (online)

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Zusammenfassung

Das Pseudoexfoliationssyndrom (PEX-Syndrom) ist eine häufige, mit dem Alter zunehmende und weltweit auftretende Erkrankung. Charakteristisch ist die Produktion und Ablagerung von extrazellulärem, fibrillärem Material im Bereich der vorderen Augenkammer. Mit einem breiten Spektrum potenzieller Komplikationen ist die Relevanz sowohl für die konservative als auch die operative Ophthalmologie groß.

Abstract

Pseudoexfoliation (PEX) syndrome is a common, worldwide occurring and age-related disorder characterised by the deposition of extracellular fibrillar material. It is a systemic disease with significant ocular manifestations, including cataract and glaucoma. All structures of the anterior segment are affected leading to multiple specific findings in slit lamp examination. The most prominent findings are white, dandruff like deposits on the anterior surface of the lens or the pupillary border of the iris. Furthermore, PEX syndrome is the most common identifiable cause of open angle glaucoma. PEX glaucoma generally takes a more rapidly progressive course than primary open angle glaucoma. Patients therefore typically need earlier surgical intervention. PEX syndrome is often accompanied by nuclear cataract formation. Cataract extraction tends to be complicated and remains a challenge. Several technique modifications and new devices help to reduce the complication rate. The purpose of this paper is to summarize information regarding ocular manifestations of PEX-syndrome to facilitate an early diagnosis and to present a general view of the treatment of PEX glaucoma.

Kernaussagen
  • Das PEX-Syndrom ist eine häufige, weltweit auftretende und altersabhängige Erkrankung. Sie zeichnet sich durch eine Ablagerung von extrazellulärem, fibrillärem Material vor allem im Bereich des vorderen Augenabschnitts aus.

  • Die Diagnose des PEX-Syndroms gelingt anhand typischer Veränderungen, die in der Untersuchung an der Spaltlampe erkennbar sind. Zu den deutlichsten Veränderungen zählen die Auflagerung von weißlichem, flockenartigem PEX-Material auf der Linsenvorderfläche oder dem Pupillarsaum. Eine hohe Sensitivität wird nur durch die Untersuchung in Mydriasis erreicht.

  • Das PEX-Syndrom ist die häufigste identifizierbare Ursache des Offenwinkelglaukoms. Im Vergleich zum POWG nimmt es einen meist aggressiveren Verlauf. Zum therapeutischen Management stehen verschiedene medikamentöse Wirkstoffklassen sowie verschiedene Laserverfahren oder Operationsmethoden zur Verfügung. Ein chirurgisches Vorgehen ist meist bereits früher im Krankheitsverlauf indiziert. Die Trabekulektomie stellt nach wie vor den Goldstandard dar.

  • Häufig geht das PEX-Syndrom mit dem Vorliegen nukleärer Katarakte einher. Die Kataraktoperation ist durch eine Zonulaschwäche und die insuffiziente Mydriasis komplikationsbehaftet und stellt eine Herausforderung für den Chirurgen dar. Wichtig ist ein präoperatives Assessment, um ein geeignetes operatives Vorgehen planen zu können. Das PEX-Syndrom stellt die häufigste Ursache für postoperative Linsen(sub)luxationen dar.

  • Beim PEX-Syndrom handelt es sich um eine systemische Erkrankung. Ablagerungen können in vielen verschiedenen Geweben nachgewiesen werden. Trotz beschriebener Assoziationen zu kardio- und zerebrovaskulären Erkrankungen konnte bisher keine erhöhte Letalität nachgewiesen werden.