Dtsch Med Wochenschr 2018; 143(23): 1668
DOI: 10.1055/a-0729-3610
Leserbrief
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Leserbrief zum Beitrag: COPD – Dreifachtherapie senkt Exazerbationsrate

Norbert Frank
Facharzt für Innere Medizin, Schwerpunkt Pneumologie; Oberarzt
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Publication Date:
15 November 2018 (online)

Ich denke die Ergebnisse des „IMPACT-Trial“ sollten kritischer bewertet werden und das Fazit des Referats zur Studie von Lipson et al. [1] in der DMW Heft 16 ist doch etwas anders zu sehen. In der Studie zeigte die inhalative Kombination aus ICS/LABA/LAMA eine signifikant bessere Senkung der moderaten und schweren Exazerbationen bei COPD-Patienten verglichen mit der Kombination aus ICS/LABA bzw. LABA/LAMA. Bei genauer Betrachtung des Studiendesigns und der Ergebnisse kommen jedoch Zweifel.

Auffällig ist eine stärkere Senkung der Exazerbation unter Medikation mit ICS/LABA vs. LABA/LAMA. Dies steht im Gegensatz zu der ebenfalls im N Engl J Med publizierten Flame-Studie 2016 von Jadwiga et al. [2], in der sich die Kombination aus LABA/LAMA vs. ICS/LABA als potenter in der Vermeidung von Exazerbationen erwies. In der geführten Diskussion der Autoren der Impact-Studie, deren Erstautor ein Angestellter des Studiensponsors GlaxoSmithKline ist, wird dies mit dem unterschiedlichen Studiendesign (in der Flame-Studie gab es eine 1-monatige Run-in-Phase mit dem LAMA Tiotropium), sowie der unterschiedlichen Studienpopulation begründet. Letztem Punkt stimme ich zu: Auffällig in der Wahl der Studienpopulation der Impact-Studie ist, dass nur 65 % der Teilnehmer eine positive Raucheranamnese hatten. Zudem gab es bei 18 % einen positiven Reversibilitätstest in der Lungenfunktion (also Zunahme des FEV1 von > 12 % und 200 ml nach Gabe eines kurzwirksamen β-Mimetikums). Außerdem kam es zu einem Zuwachs im trough-FEV1 unter ICS/LABA/LAMA vs. LABA/LAMA von 54 ml, was wir aus vorangegangenen COPD-Studien so nicht kennen. Durch die Hinzunahme eines ICS zu bestehender antiobstruktiver Therapie ließ sich also die Lungenfunktion signifikant verbessern. ⅓ der Patienten waren Nie-Raucher. 18 % hatten eine positive Bronchospasmolyse in der Spirometrie. Dies zeigt: Ein nicht unerheblicher Teil der Studienteilnehmer hatte vorwiegend ein Asthma bronchiale und war somit natürlich auf die Gabe eines ICS zur Symptomkontrolle angewiesen. Dies repräsentiert nicht das durchschnittliche COPD-Patientenkollektiv im klinischen Alltag.

Somit ist auch zu erklären, weshalb die Ergebnisse der Impact-Studie genau zum gegenteiligen Fazit der Wisdom-Studie 2014 kommen [3]. Hier zeigte sich bekanntermaßen keine Zunahme der Exazerbationen nach Ausschleichen der ICS-Medikation bei verbleibender inhalativer dualer LABA/LAMA-Therapie.

Gehäufte Exazerbationen sind ein entscheidender prognostischer, mortalitätsbestimmender Faktor in der Erkrankung der COPD [4].

Alle Zulassungsstudien waren zuletzt ausgelegt auf die Senkung der Exazerbationsrate. Eine Senkung der Mortalität konnte durch medikamentöse Senkung der Exazerbationsrate jedoch nie gezeigt werden. So zuletzt auch nicht in der Summit-Studie, in der ICS/LABA vs. Placebo keinen signifikanten Effekt bzgl. Mortalität hatte [5].

Die unterschiedlichen Studienergebnisse haben nicht nur bei ambulant oder stationär tätigen Pneumologen für Verwirrung gesorgt.

Man sollte nicht den Fokus der Therapie der COPD verlieren. Vorrangig ist eine individuelle Behandlung des Patienten. Primäres Therapieziel ist dabei Rauchverzicht. Auch in Bezug auf Mortalitätssenkung. Die pharmakologische Therapie der COPD ist überschätzt und rein symptomatisch. Die richtige Wahl des Inhalationsdevice ist unerlässlich. Die Differenzierung zu einem Asthma bronchiale, auch als evtl. Ko-Faktor, bleibt wichtig. Welches Therapieregime zur besten Symptomkontrolle führt, muss für jeden Erkrankten individuell angepasst werden.

 
  • Literatur

  • 1 Lipson DA, Barnhart F, Brealey N. et al. Once-Daily Single-Inhaler Triple versus Dual Therapy in Patients with COPD. N Engl J Med 2018; 378: 1671-1680
  • 2 Wedzicha JA, Banerji D, Chapman KR. et al. Indacaterol-Glycopyrronium vs. Salmeterol-Fluticason for COPD. N Engl J Med 2016; 374: 2222-2234
  • 3 Magnussen H, Disse B, Rodriguez-Roisin R. et al. Withdrawal of inhaled glucocorticoids and exacerbations of COPD. N Engl J Med 2014; 371: 1285-1294
  • 4 Suissa S, Dell’Aniello S, Ernst P. Long-term natural history of chronic obstructive pulmonary disease: severe exacerbations and mortality. Thorax 2012; 67: 957-963
  • 5 Vestbo J, Anderson JA, Brook RD. et al. Fluticasone furoate and vilanterol and survival in chronic obstructive pulmonary disease with heightened cardiovascular risk (SUMMIT): a double-blind randomised controlled trial. Lancet 2016; 387: 1817-1826