Dtsch Med Wochenschr 2005; 130(28/29): 1689-1690
DOI: 10.1055/s-2005-871885
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Über die Häufigkeit von Amputationen unterer Extremitäten in Deutschland

About the frequency of lower limb amputationsG. Heller1 , C. Günster1 , E. Swart2
  • 1Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO), Bonn
  • 2Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
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eingereicht: 10.2.2005

akzeptiert: 16.6.2005

Publication Date:
07 July 2005 (online)

Vor dem Hintergrund des Gutachtens des Sachverständigenrates zur Bedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen [5] und der Einführung des Disease Management Programms Diabetes mellitus Typ 2 war es unlängst zu einer Kontroverse über die Häufigkeit der Amputationen unterer Extremitäten allgemein bzw. der durch Diabetes mellitus bedingten Amputationen in Deutschland gekommen [1] [3] [4].

Dabei hatten wir eine Zählung der Amputationen unterer Extremitäten aufgrund der L5-Operationsstatistik für das Jahr 2001 durchgeführt und mit mehr als 43 000 Amputationen deutlich mehr Amputationen für Deutschland ausgewiesen als zuvor geschätzt (Tab. [1], Spalte 2) [2]. Dazu waren alle Operationen, bei welchen Amputationen unterer Extremitäten als leitender Eingriff in einer Operationssitzung durchgeführt worden waren, in die Analyse aufgenommen worden. Dies geschah aufgrund der Überlegung, dass Mehrfachamputationen sowohl Patienten, aber auch Leistungserbringer und Kostenträger mehrfach belasten. Ungeachtet dessen wurden die von uns ermittelten Zahlen als zu hoch kritisiert.

Ziel dieser Arbeit war es daher, die Zahl der in Deutschland durchgeführten Amputationen anhand einer weiteren Datenbasis zu validieren. Dazu wurde auf Daten nach § 21 KHEntgG zurückgegriffen, die unlängst durch das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) veröffentlicht wurden (www.g-drg.de).

Für das Jahr 2002 wurden 55 367 (Tab. [1], Spalte 3), und für das Jahr 2003 60 937 (Tab. [1], Spalte 5) Amputationen an unteren Extremitäten ausgewiesen. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass pro Krankenhausfall und auch pro OP-Sitzung mehrere Prozeduren (OPS-Kodes) angegeben werden können, z. B. bei beidseitigen Amputationen, bei mehrfachen Amputationsverfahren während einer OP-Sitzung oder auch bei mehrfachen Amputationen bei verschiedenen OP-Sitzungen während eines Klinikaufenthalts.

Um abschätzen zu können, wie groß der Effekt von beidseitigen Operationen und mehreren Operationen pro Klinikaufenthalt auf die oben ausgewiesene Anzahl der Amputationen laut InEK ist, wurden aufgrund von AOK-Abrechnungsdaten (nach § 301 SGB V) geprüft, wie viele der genannten OPS durchschnittlich pro Klinikaufenthalt abgerechnet wurden. Im Jahr 2002 waren es durchschnittlich 1,33 OPS/Krankenhausfall (gerundet), während sich für das Jahr 2003 ein Quotient von (gerundeten) 1,34 OPS pro Krankenhausfall ergab. Ganz ähnliche Ergebnisse ergaben auch die Auswertungen von regionalen Datenquellen für alle Versicherten. Demnach wurde in 2002 bei mehr als 41 000 Krankenhausfällen, in 2003 bei mehr als 45 000 Krankenhausfällen eine oder mehrere Amputationen der unteren Extremität(en) durchgeführt (Tab. [1], Spalte 6).

Tab. 1 Anzahl an Amputationen unterer Extremitäten in Deutschland. Datenquelle L 5- Operationsstatistik 2001 (1) Daten nach §21 KHEntgG 2002 Daten nach §21 KHEntgG 2002, AOK-Abrechnungsdaten nach §301 SGB V 2002 (2) Daten nach §21 KHEntgG 2003 Daten nach §21 KHEntgG 2003, AOK-Abrechnungsdaten nach §301 SGB V 2003 (2) Definition Grundgesamtheit Alle OP-Sitzungen mit leitendem Eingriff Amputation unterer Extremität Alle angegebenen Amputationen unterer Extremitäten Alle Krankenhausfälle mit Amputationen unterer Extremitäten Alle angegebenen Amputationen unterer Extremitäten Alle Krankenhausfälle mit Amputationen unterer Extremitäten OPS-301 5 - 864, 5 - 865 5 - 864, 5 - 865 5 - 864, 5 - 865 5 - 864, 5 - 865 5 - 864, 5 - 865 Anzahl Amputationen unterer Extremitäten 43 525 (3) 55 367 41 488 60 937 45 536 (1) Eine genauere Beschreibung der L 5-Operationsstatistik findet sich bei 2. (2) Zur Berechnung der Anzahl von angegebenen OPS pro Krankenhausfall vgl. Text. Eine genauere Beschreibung der AOK-Abrechnungsdaten findet sich bei 2 (3) In der Publikation 2 wurden insgesamt 17 Borggreveplastiken (OPS 5 - 869.0) ebenfalls ausgewiesen. Dadurch ergibt sich die marginale Abweichung zu der in dieser Publikation ausgewiesenen Zahl.

Literatur

  • 1 Ärzte rügen handwerkliche Fehler der Sachverständigen. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 06.01.2003 2003
  • 2 Heller G, Günster C, Schellschmidt H. Wie häufig sind diabetisch bedingte Amputationen unterer Extremitäten in Deutschland? Eine Analyse auf Basis von Routinedaten.  Dtsch Med Wochenschr. 2004;  129 429-433
  • 3 Hons J. Fragwürdiger Umgang mit Zahlen. Ärzte Zeitung vom 10.02.2003 http://www.aerztezeitung.de/doc/2003/2003/02/10/025a0205.asp (11.02.2003)
  • 4 Hons J. Überraschende Ergebnisse beim Diabetes-TÜV - Versorgung der Patienten ist besser als angenommen. Ärzte Zeitung vom 10.02.2003 http://www.aerztezeitung.de/doc/2003/2003/02/10/025a0203.asp (11.02.2003)
  • 5 Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen .Gutachten 2000/2001: Bedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit. Bd. III. 1 Über- Unter und Fehlversorgung: Grundlagen, Übersichten, Versorgung chronisch Kranker. Bonn 2001: 255

Dr. med. Günther Heller
Dipl. Math. Christian Günster

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