Aktuelle Neurologie 2004; 31 - P453
DOI: 10.1055/s-2004-833314

Neurofibromatose Typ 2: Charakterisierung einer hereditären Tumorerkrankung

K Kämpchen 1, T Utermark 1, R Diebold 1, CO Hanemann 1
  • 1(Ulm)

Neurofibromatose Typ 2 (NF2) ist eine seltene (1:40000 Geburte) autosomal dominant vererbte Tumorerkrankung klinisch charakterisiert durch die Entstehung multiple ZNS Tumoren, vor allem Schwannome, Meningiome und Ependymome. Pathognomonisch sind bilaterale N. vestibularis Schwannome. NF2 Patienten tragen Mutationen auf einem Allel des NF2 Gens (Chromosom 22), das für die ERM (Ezrin, Radixin, Moesin) Protein Merlin kodiert. Durch einen „second hit“ kommt es zu Verlust der Merlinexpression und Tumorbildung. Alle spontane Schwannome (3. häufigstes ZNS Tumor) und ca. 50% aller Meningiome (2. häufigstes ZNS Tumor) zeigen ebenfalls Mutationen auf beide Allelen dieses Gens. Daher ist die Untersuchung des Mechanismus des Tumorsupressor Merlin Grundlage für spätere therapeutische Ansätze häufiger ZNS Tumoren, die bisher nur chirurgisch zu behandeln sind. Als Modell zu diesem Zweck wird die primär Kultur humane normale Schwann- und Schwannomzellen von NF2 Tumoren benützt. In diesem in vitro Model konnte durch die Anwendung verschiedener molekular- und zellbiologischer Methoden gezeigt werden, dass Merlin defiziente Zellen eine hohe Aktivität bestimmter Signalmoleküle (kleine GTPase Rac, dessen „down-stream“ Partner PAK (p21 activated kinase) und JNK (c-jun terminal kinase)) zeigen. Dies scheint verantwortlich für die veränderte Morphologie der Zellen, sowie für die erhöhte Adäsion, Proliferation- und Migrationsrate. Auf dem Level dieser Signaltransduktionswege werden entsprechend relevanten Inhibitoren untersucht, mit dem Ziel die Tumorzellen zu normalisieren. Daneben werden aufgrund der häufig vorhandenen Polyneuropathie bei NF2 Patienten, Mutationen im NF2 Gen in polyneuropathischen Nerven untersucht, um zu untersuchen, ob es präneoplastische Stadien bei der Neurofibromatose gibt.