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DOI: 10.1055/s-2004-821069
Georg Thieme Verlag KG Stuttart, New York · Masson Editeur Paris
40 Jahre Kinderchirurgische Zeitschriften im Hippokrates-Thieme Verlag
Publication History
Publication Date:
21 June 2004 (online)

Vor 40 Jahren, im August 1964, erschien zum ersten Mal eine deutsche Zeitschrift für Kinderchirurgie: die „Zeitschrift für Kinderchirurgie und Grenzgebiete“ wurde herausgegeben von K.-A. Bushe (Neurochirurgische Universitätsklinik Göttingen), Gerhard Joppich (Pädiatrische Universitätsklinik Göttingen) und F. Rehbein (Bremen) und erschien vierteljährlich. Sie umfasste pro Jahrgang etwa 480 Seiten.
Es war dies die Zeit, in der die Kinderchirurgie eine sprunghafte Verbreitung erfuhr, dank einer Geburtenrate von 1,2 - 1,3 Mio. p. a. allein in Deutschland und dank der bahnbrechenden Erfolge zunächst amerikanischer, später auch europäischer Kinderchirurgen bei bisher nicht heilbaren, angeborenen Fehlbildungen. So hatte Hiatt 1953 erstmals eine intrathorakale End-zu-End-Anastomose bei der Ösophagusatresie durchgeführt, ein Verfahren, das später von Rehbein verfeinert wurde. 1948 hatte Swenson die erste erfolgreiche Resektion eines aganglionären Darmsegmentes beim Morbus Hirschsprung vorgenommen, eine Technik, die Mitte der 60er-Jahre durch Rehbein in Form der tiefen anterioren Resektion, kurz darauf von Romualdi und Soave in Form des endorektalen Durchzuges, dann durch Duhamel in Form eines retrorektalen Durchzuges mit End-zu-Seit-Anastomose modifiziert wurde. Die Arbeiten von Dennis Browne, Max Grob und später Rickham wirkten auf anderen Gebieten stimulierend, so dass nach einem Publikationsforum zunächst im deutschsprachigen Raum gesucht wurde.
An der ersten Ausgabe der „Zeitschrift für Kinderchirurgie und Grenzgebiete“ beteiligten sich die Kinderchirurgen M. Grob (Zürich), H. Hartl (Linz), F. Meissner (Leipzig), A. Oberniedermayr (München), P. P. Rickham (Liverpool), D. Vervat (Rotterdam), die Pädiater E. Rossi (Bern), E. Zweymüller (Wien), der Urologe H. K. Büscher (Hannover), der Orthopäde H. Mau (Tübingen), der Anästhesist J. van't Oever (Rotterdam) und der Kinderradiologe E. Willich (Bremen).
In ihrem Geleitwort wiesen die Herausgeber darauf hin, dass die Zeitschrift kinderchirurgische Arbeiten aus den Niederlanden, Österreich, Schweiz, Deutschland und anderen Ländern in einem einzigen Heft zusammenfassen wolle. Weiterhin bemühe man sich über den engeren Aufgabenbereich der Kinderchirurgie, d. h. die Behandlung angeborener Fehlbildungen hinaus, auch die Grenzgebiete zur Kinderchirurgie wie Orthopädie, Radiologie, Anästhesie, Urologie und Neurochirurgie zu vertreten. In einem Grußwort begrüßte Professor Rickham für die British Association of Pediatric Surgery das Erscheinen der neuen Zeitschrift.
Seit diesem Beginn sind 40 Jahre weiterer Entwicklung vergangen. Die Zahl der Arbeiten, die bei der „Zeitschrift für Kinderchirurgie“ eingereicht wurden, nahm stetig zu, so dass sich der Hippokrates Verlag in den 70er-Jahren in Absprache mit den Herausgebern dazu entschloss, aus der Quartalszeitschrift eine Monatszeitschrift zu machen.
Die Zeitschrift hatte inzwischen den Fokus vom rein deutschen Sprachraum auf eine europäische Verbreitung erweitert. Dies spiegelt sich auch in der Zusammensetzung der Schriftleitung im Jahr 1980 wider. Sie setzte sich zusammen aus M. Bettex (Bern), K.-A. Bushe (Würzburg), H. Hartl (Linz), G. Joppich (Göttingen), A. M. Holschneider (München). Im weiteren Editorial Board fanden sich darüber hinaus die Damen und Herren F. J. Berchi (Madrid), R. Daum (Heidelberg), H. B. Eckstein (London), E. A. Enger (Göteborg), S. L. Gans (Los Angeles), I. Joppich jun. (Mannheim), V. Kafka (Prag), T. Kitamura (Tokio), C. E. Koop (Philadelphia), F. Meissner (Leipzig), J. C. Molenaar (Rotterdam), C. A. Montagnani (Rom), R. Morger (St. Gallen), A. Oberniedermayr (Starnberg), J. Prévot (Nancy), H. Sauer (Graz), A. Schärli (Luzern) und Louise Schnaufer (Philadelphia). Die Pädiatrie war durch E. Rossi (Bern) und E. Zweymüller (Wien), die Embryologie durch G. Töndury (Zürich), die Kinderpathologie durch D. Harms (Kiel), die Anästhesie durch P. Dangel (Zürich), die Neurochirurgie durch W. T. Koos (Wien), die Urologie durch K. V. Parkkulainen (Helsinki), die Orthopädie durch H. Mau (Tübingen) und die Gynäkologie durch E. Dreher (Bern) vertreten.
Die Öffnung der Zeitschrift für internationale Publikationen und ein internationales Herausgeber- und Editoral Board führte vor dem Hintergrund, dass die Zeitschrift inzwischen „Organ der Deutschen, Schweizerischen und Österreichischen Gesellschaft für Kinderchirurgie“ war, zu einem Problem: Die Anzahl englischsprachiger Arbeiten nahm zu, deutschsprachige Manuskripte nahmen ab. Ein wesentlicher Grund hierfür war, dass zu Beginn der 70er-Jahre vor allem im deutschsprachigen Bereich die angrenzenden Fachgebiete wie Urologie, Neurochirurgie, Orthopädie, die sich bei Gründung der Zeitschrift für ihre kinderchirurgischen Themen ebenfalls vertreten sahen, eigenständige Abteilungen für den kindlichen Bereich gründeten und die chirurgischen Fragestellungen bei ihren jungen Patienten in ihrem eigenen Fachbereich und damit auch in ihren eigenen Zeitschriften selbst vertreten wollten. (Man darf dabei nicht vergessen, dass z. B. in Deutschland die Kinderchirurgie bis 1994 noch Teilgebiet der Allgemeinchirurgie war und erst spät ein eigenständiges Fachgebiet wurde.)
So entschied man sich bereits Anfang der 70er-Jahre, auch englischsprachige Arbeiten in der „Zeitschrift für Kinderchirurgie und Grenzgebiete“ zu publizieren. 1982 wurde der Titel um den englischsprachigen Untertitel „Surgery in Infancy and Childhood“ erweitert. Die Zeitschrift blieb weiterhin das offizielle Organ der Deutschen, Schweizerischen und Österreichischen Gesellschaft für Kinderchirurgie. Darüber hinaus publizierte sie jedoch Arbeiten aus fast allen europäischen und vielen außereuropäischen Ländern. Sie war neben der bekannten angloamerikanischen Zeitschrift „Journal of Pediatric Surgery“ die einzige internationale Zeitschrift unseres Faches. Die 1982 begonnene Internationalisierung führte zu dem Wunsch, die Zeitschrift vollständig in ein englischsprachiges, internationales Journal umzuwandeln.
1990 begannen Kontakte zwischen Herrn Professor Juskiewenski (Präsident der Französischen Gesellschaft für Chirurgie) und mir, um eine Fusion der französischen Zeitschrift „Chirurgie Pédiatrique“ mit der deutschsprachigen „Zeitschrift für Kinderchirurgie“ herbeizuführen. Die „Chirurgie Pédiatrique“ war ebenfalls zu Beginn der 60er-Jahre von Bernhard Duhamel gegründet worden und sah sich jetzt vor die gleichen Probleme gestellt wie die deutschsprachige „Zeitschrift für Kinderchirurgie“. Mit dem Einverständnis der Französischen und Deutschen Gesellschaften für Kinderchirurgie wurde 1991 das „European Journal of Pediatric Surgery“ mit den Untertiteln „Zeitschrift für Kinderchirurgie und Chirurgie Pédiatrique“ aus der Taufe gehoben. Darüber hinaus konnten durch weitere Verhandlungen mit anderen Fachgesellschaften weitere nationale kinderchirurgische Gesellschaften zur Kooperation mit dem „European Journal of Pediatric Surgery“ gewonnen werden. Bereits die erste Ausgabe der „neuen“ zweimonatlich erscheinenden Zeitschrift stellte sich als offizielles Organ der Österreichischen, Belgischen, Niederländischen, Französischen, Deutschen, Skandinavischen und Schweizerischen Gesellschaft für Kinderchirurgie vor. Die frühere Gliederung in anästhesiologische, embryologische, pathologische, neurochirurgische, onkologische, radiologische, pädiatrische, traumatologische, orthopädische, urologische und pädiatrisch-plastisch chirurgische Schwerpunkte wurde beibehalten.
Die Internationalisierung schritt in den vergangenen 22 Jahren weiter fort. 2003 kam es zu einer weiteren Öffnung des Journals in Richtung Osteuropa, indem mit dem ehemaligen Schriftleiter von „Surgery in Childhood International“ (K. Łodziński und P. Kalicinski, Warschau) eine künftige Zusammenarbeit beim „European Journal of Pediatric Surgery“ vereinbart wurde. „Surgery in Childhood International“ vertrat zu diesem Zeitpunkt Russland, Ungarn, die Ukraine, Litauen, Slowakei, Polen und die Baltischen Länder. Ab 2003 übernahm das „European Journal of Pediatric Surgery“ die Aufgaben als kinderchirurgisches Forum auch in diesen Ländern. Prof. Kalicinski verstärkt seither aktiv das Editorial Board des „European Journal of Pediatric Surgery“, so dass sich dieses ab diesem Zeitpunkt den östlichen Ländern Europas im großen Umfang öffnete. Die Zeitschrift gedieh weiterhin sehr gut. Aus über 80 verschiedenen Ländern werden heute die Arbeiten beim „European Journal of Pediatric Surgery“ eingereicht. Auch die Auflage der Zeitschrift und damit ihre Verbreitung nimmt kontinuierlich zu.
Das heutige „European Journal of Pediatric Surgery“ versucht die seinerzeit von Professor Rehbein und Professor Duhamel zugrunde gelegten Überlegungen aufrecht zu erhalten. Die einzelnen, an der Publikation der Zeitschrift beteiligten Länder senden einen Vertreter ihrer Wahl - einen Associate Editor - in das Editorial Board. Dieser Vertreter ist die Verbindung zwischen den nationalen Gesellschaften, ihren Mitgliedern und der Zeitschrift. Wichtige Arbeiten aus den einzelnen Ländern werden so über die jeweiligen Associate Editors an die beiden Editors-in-Chief, Professor Revillon, Paris, oder Professor Holschneider, Köln, weitergeleitet. Die Zeitschrift versucht weiterhin, den Grenzgebieten Rechnung zu tragen und Kongresse zu publizieren, wie die Tagungen der EUPSA, oder Schwerpunktthemen zu Kongressen zu bilden, wie im Juni 2003 die Publikation der Arbeiten des Mannheimer Workshops zu dem Thema „The transanal pullthrough technique and recent experimental studies on microbiology and genetics of Hirschsprung's disease“. Sie versucht darüber hinaus, in ihren Mitteilungen dem Informationsbedürfnis ihrer Leser Rechnung zu tragen und dabei auch die Interessen der einzelnen Gesellschaften zu vertreten. So wurde zum Beispiel ganz aktuell die enge Kooperation der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie mit dem „European Journal of Pediatric Surgery“ beschlossen. Die Mitglieder erhalten ihre Zeitschrift künftig im Rahmen ihrer Mitgliedschaft.
Für viele Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie wie auch für die Mitglieder der Chirurgie Pédiatrique war es 1991 nach der Fusion der beiden Zeitschriften schmerzlich, keine deutsch- oder französischsprachige Zeitschrift ihres Fachgebietes mehr zu haben. Im deutschen Sprachraum nutzte Prof. Hofmann von Kap-herr (Mainz) in dieser Zeit das Interesse an einer deutschsprachigen Zeitschrift und gründete das „Zentralblatt für Kinderchirurgie“. Nach einiger Zeit war auch hier abzusehen, dass dieser Zeitschrift die gleiche Entwicklung zuteil werden würde wie der früheren „Zeitschrift für Kinderchirurgie“, d. h. dass sie sich mit Schwierigkeiten bei der Anzahl und Qualität der eingehenden Beiträge, der Anzahl ihrer Leser und Abonnenten und der Preisentwicklung auseinandersetzen musste. Es wurde auch hier deutlich, dass die Anforderungen an eine hochspezialisierte Zeitschrift in Bezug auf inhaltliche Qualität eine internationale Verbreitung und damit Englisch als Publikationssprache verlangt. Daher musste das Zentralblatt Ende 2002 sein Erscheinen einstellen.
Das „European Journal of Pediatric Surgery“ blickt auf alte, feste Wurzeln und große europäische und außereuropäische Namen zurück. Es ist seit 40 bzw. 13 Jahren als eine internationale Zeitschrift anerkannt und ist seinen eigenen Weg ausgehend von den Wurzeln der alten Rehbeinschen „Zeitschrift für Kinderchirurgie“, der Duhamelschen „Chirurgie Pédiatrique“ und der Łodzińskischen „Surgery in Childhood International“ zukunftsorientiert gegangen und repräsentiert heute selbständig und emanzipiert die Kinderchirurgie Europas. Seit 1999 ist das „European Journal of Pediatric Surgery“ das offizielle Journal der EUPSA (European Union of Paediatric Surgical Associations) und der UEMS (Union of European Medical Specialists - Section Pediatric Surgery) und publiziert regelmäßig Mitteilungen aus diesen Bereichen. So werden seit 1999 - seit Durchführung der ersten EUPSA-Tagung durch Professor M. Höllwarth (Graz) - Arbeiten dieser Tagungen im „European Journal of Pediatric Surgery“ publiziert. Darüber hinaus wurden und werden im „European Journal of Pediatric Surgery“ Fragen der kinderchirurgischen Weiterbildung in Europa im Vergleich mit außereuropäischen Ländern diskutiert und Anregungen für die Zukunft gegeben. Das „European Journal of Pediatric Surgery“ wurde so zum Bindeglied zwischen dem wissenschaftlichen Arm Europas, der EUPSA und den politischen Ansprüchen der UEMS in der EU.
Acht der jüngst zur EU beigetretenen Länder waren bereits assoziierte Mitglieder, Lettland und Litauen werden als Vollmitglieder in der UEMS nachfolgen. Die unterschiedlichen Ausbildungsbedingungen, sei es in den Trainingszentren, sei es hinsichtlich der Weiterbildungsinhalte und Weiterbildungsdauer, sei es aber auch im Hinblick auf die Anerkennung der Kinderchirurgie als eigene Fachdisziplin, zwingen bei einem zusammenrückenden Europa zu einer gemeinsamen Basis, einem gemeinsamen Sprachrohr zur Artikulierung der gemeinsamen Wünsche. Ein solches Sprachrohr kann aber nicht nur politischer Natur sein. Die kinderchirurgischen Gesellschaften Europas sollten erkennen, dass sie mit dem „European Journal of Pediatric Surgery“ ein international, über die Grenzen Europas hinaus geachtetes Sprachrohr für ihre politischen Vorstellungen und wissenschaftlichen Leistungen haben. Bestrebungen, das eigene Kulturgut, das eigene Sprachverständnis und die eigenen, besonderen, traditionellen Strukturen zu erhalten, stehen dem nicht entgegen.
Die Zukunft des „European Journal of Pediatric Surgery“ hängt wie die Zukunft jeder wissenschaftlichen Zeitschrift davon ab, welche aktive Rolle die Mitglieder ihres Editorial Boards und ihre Leser bei der Gestaltung der Zeitschrift spielen. Was zählt, ist die Qualität der Inhalte und die Nutzung und Anerkennung der Zeitschrift als wissenschaftliches Forum. So lange die im „European Journal of Pediatric Surgery“ publizierten wissenschaftlichen Ergebnisse auf hohem Qualitätsniveau liegen, wird auch der Nutzen für das Fach hoch sein. Dies muss gemeinsames Ziel aller sein, d. h. der Leser, Mitwirkenden, Autoren und der verschiedenen Gesellschaften.
Die Editors haben sich dieses Ziel auch weiterhin vorgenommen.
Wir wünschen uns, dass die Entwicklung in dieser Richtung weitergeht und hoffen auf Ihre Unterstützung.
Köln, den 18. Mai 2004
Im Namen der Editors
Professor A. M. Holschneider
Prof. A. M. Holschneider
Kinderchirurgische Klinik des Kinderkrankenhauses der Stadt Köln
Amsterdamer Straße 59
50735 Köln
Germany