Dtsch Med Wochenschr 2004; 129(5): 215
DOI: 10.1055/s-2004-817669
Leserbriefe

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Veränderungen von Risikofaktoren nach stationärer Rehabilitation bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KAROLA) Zuschrift 2

Zum Beitrag aus DMW 28-29 /2003
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Publication Date:
21 January 2004 (online)

Den Beitrag von J. Küpper-Nybelen et al. [1] las ich mit großem Interesse. Vor Horst Seehofer galt die, wesentlich von Max Halhuber begründete, stationäre kardiologische Rehabilitation in Deutschland weltweit als vorbildlich. Scheinbar unbegrenzte finanzielle Ressourcen machten bedauerlicherweise keinerlei Druck auf die Reha-Klinik-Leiter, den Erfolg ihrer Arbeit studienmäßig und nachprüfbar zu belegen, was besonders die (nicht ganz wenigen) „schwarzen Schafe“ unter ihnen ruhig schlafen ließ.

Diese Situation erst ermöglichte es dem damaligen Gesundheitsminister, seine budgetmäßig sehr erfolgreiche, „rasenschnittartige“, das gesamte System existenziell-bedrohende Reduktion der Reha-Kliniken ohne Rücksicht auf Qualität und Effizienz durchzusetzen. Der schlimmste, geradezu kontraproduktive Eingriff in das stationäre Reha-System war die flächendeckende Verkürzung stationärer kardiologischer Rehamaßnahmen auf regelhaft 3 Wochen.

Die Arteriosklerose als chronisch-entzündlicher, lebenslang fortschreitender Prozess benötigt als wichtigste pathologische Grundlage zur Entwicklung einer klinisch manifesten kardiologischen Erkrankung meist mehrere Jahrzehnte einer krankheitsbegünstigenden Lebensweise mit den bekannten Risikofaktoren. Um eine Änderung des krankmachenden Lebensstils auch nur anzustoßen, bedarf es vor allem der Zeit. Einen nicht mehr jungen Patienten - „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“ - erfolgreich zur notwendig dauerhaften Verhaltensänderung in 3 Wochen „verführen“ zu wollen, ist völlig utopisch. Natürlich reichen auch 4 Wochen dazu nicht aus. Unter günstigen Bedingungen können sie aber den Entschluss dazu erleichtern als Vorstufe zur anschließend weiter erforderlichen ambulanten Rehabilitation mit Einübung einer „gesunden“ Lebensweise, um den Krankheitsverlauf zu beeinflussen.

Und das ist mein Kritikpunkt am angesprochenen Beitrag von Küpper-Nybelen. Mit keinem Wort erwähnt sie die ambulanten Herzgruppen (AHG), von denen es inzwischen über 5000 in Deutschland gibt. Deren Gründung und fachliche Betreuung ist seit den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts Aufgabe der „Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-/Kreislauferkrankungen e. V.“ (DGPR) und ihrer Landesgliederungen (in Hessen die GPR-H.). Nur die lebenslange Einflussnahme auf Lebensstil (Bewegung, Körpergewicht, Nichtrauchen, mäßig/kein Alkohol, psychotherapeutische Gruppengespräche) und - in Absprache mit dem Hausarzt - auf die Medikation (Betablocker, Thrombozyten-Aggregationshemmer, Lipidsenker, ACE-Hemmer/AT-1-Rezeptor-Antagonisten; ggfs. Antihypertonika) betroffener Patienten bietet die Chance auf einen günstigeren Krankheitsverlauf. Lebenslange Schulung muss den Kranken zum „Spezialisten in eigener Sache“ (M. Halhuber) werden lassen.

Es hätte also beim Ergebnis der Risikofaktorenbeeinflussung durch die stationäre Rehabilitation unterschieden werden müssen zwischen aktiven Mitgliedern und - der immer noch viel zu großen Zahl von - Nichtmitgliedern von AHGs.

Literatur

  • 1 Küpper-Nybelen J, Rothenbacher D, Hahmann H, Wüsten B, Brenner H. Veränderungen von Risikofaktoren während und ein Jahr nach stationärer Rehabilitation bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit.  Dtsch Med Wochenschr. 2003;  128 1525-1530

Dr. med. Lothar Schute

Internist, Radiologe, Sportm.

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