Dtsch Med Wochenschr 2004; 129(3): 103-106
DOI: 10.1055/s-2004-816286
Ethik in der Medizin

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Wie beeinflusst die Technik ärztliches Handeln?

How does technology influence medical acting?K. Gahl
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eingereicht: 9.4.2003

akzeptiert: 6.8.2003

Publication Date:
15 January 2004 (online)

Die Fortschritte in der Medizin waren und sind nicht ohne die Entwicklungen der Technik möglich. Wechselseitig haben sich die Erkenntnisse und Praktiken beider Entwicklungsstränge gefördert. Die Verflechtung von Medizin und Technik war so stark, dass sich K. E. Rothschuh [7] der Begriff des iatrotechnischen Denkens aufdrängte: „einer nach der Denk- und Arbeitsweise der Technik denkenden und vorgehenden Medizin.” Das gilt für den Forschungs- wie für den Versorgungsbereich der Medizin. Das Hand-in-Hand-Gehen iatrotechnischen Denkens und der Technisierung der Medizin prägt bis in unsere Zeit das medizinisch-ärztliche Handeln. Technisierung wird hier als die immer stärkere Nutzung von Technik in Diagnostik und Therapie verstanden, mehr aber noch als deren Einfluss auf das ärztliche Denken. So erfolgreich, unausweichlich und notwendig die Technisierung der Medizin ist, wird diese Entwicklung dennoch nicht nur begrüßt, sondern vielfach angstvoll erlebt, skeptisch kritisiert, bisweilen geradezu verteufelt. Diese eher affektive als rationale Ambivalenz seitens der Patienten muss auch dem Arzt zu denken geben. Nicht zuletzt spiegelt sie eine gesellschaftliche, soziokulturelle Spannung wider, die es in ihrer Vielschichtigkeit aufzuhellen gilt.

Die folgenden Überlegungen gelten der Technisierung der Medizin in ihrem Anwendungsbereich, nicht der Forschungsmedizin und nicht der Entwicklung der Medizintechnologie; genauer also: der Technisierung ärztlichen Handelns und Denkens. Diese soll hier in Ergänzung zu den von W. Wieland [8] herausgearbeiteten Aspekten des fundamentalen Strukturwandels der Medizin durch Anonymisierung, Juridifizierung und Probabilisierung untersucht werden.

Literatur

  • 1 Beckmann J P. Patientenverfügungen: Autonomie und Selbstbestimmung vor dem Hintergrund eines im Wandel begriffenen Arzt-Patient-Verhältnisses.  Zschr Medizin Ethik. 1998;  44 143-156
  • 2 Gahl K. Indikation - Zur Begründungsstruktur ärztlichen Handelns. FernUniversität Hagen In: Festschrift für JP Beckmann 2003: im Druck
  • 3 Gebsattel V E von. Zur Sinnstruktur der ärztlichen Handlung. Berlin, Springer In: VE von Gebsattel: Prolegomena einer medizinischen Anthropologie 1954: 361-378
  • 4 Grunwald A. Ethik in der Dynamik des technischen Fortschritts. Jahrbuch f. Wissenschaft und Ethik In: Honnefelder L, Streffer C (Hrsg.) 1999 Bd. 4: 41-59
  • 5 Heubel F. Tugend und Ethik in einem modernen Bild des ärztlichen Berufs. Habilitationsschrift Universität Marburg 1994: 11
  • 6 Mras G. Untersuchungen zum Maß ärztlichen Handelns. Wien, Springer 1993: 11
  • 7 Rothschuh K E. Konzepte der Medizin in Vergangenheit und Gegenwart. Stuttgart, Hippokrates-Verlag 1978: 417-448
  • 8 Wieland W. Strukturwandel der Medizin und ärztliche Ethik. Heidelberg, Carl Winter Universitätsverlag 1986

Prof. Dr. Klaus Gahl

Medizinische Klinik 2, Städtisches Klinikum Braunschweig

Salzdahlumer Straße 90

38124 Braunschweig

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