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DOI: 10.1055/s-2003-40289-2
Über Wissenschaft und Politik - Erwiderung
Publication History
Publication Date:
29 April 2004 (online)

Mir ist bewusst, dass sich manche Anhänger der Homöopathie und Antroposophie durch meine kritischen Äußerungen zu nicht wirkungsgeprüften Medikamenten in der so genannten „Positivliste“ [1] herausgefordert sehen. Das ist bei unbequemen Ansichten „Ungläubiger“ meist der Fall. Mir leuchtet es eben nicht ein, dass dieses Gesetz (AMPoLG) zur Modernisierung des Gesundheitswesens angeblich nur notwendige, zweckmäßige und ausreichende Pharmaka enthält - und dann anus bovis, penis suis und Aflatoxin auflistet. Das nenne ich einen Etikettenschwindel. Außerdem warte ich auf den Kollegen, der mir die Indikation für eine Therapie mit anus bovis nennt. Wenn man in den Anhängen dieses vermeintlichen Jahrhundertgesetzes weiterhin cinis = Asche neben verkohlten Tierleichen wie carbo animalis etc. findet, dann denke ich an die Schamanen anderer, älterer Kulturen.
Natürlich stößt sich ein der wissenschaftlichen Weiterentwicklung der Medizin verpflichteter Hochschulleher an einer angeblich in sich „völlig abgeschlossenen“ medizinischen Lehre aus dem (vor)vorletzten Jahrhundert. Samuel Hahnemann (1755-1843) schrieb im Organon 6, Vorrede IX: „Hienach ist die Homöopathie eine ganz einfache sich stets in Grundsätzen sowie in ihren Verfahren gleichbleibende Heilkünst. Wie die Lehre auf der sie beruht, erscheint sie, wohl begriffen in sich völlig abgeschlossen und dadurch allein hülfreich.“ Auch bin ich kritisch, wenn ich in der wichtigsten Quelle dieser Lehre weiterhin lese: „In keinem Fall von Heilung ist es nöthig und deshalb allein schon unzulässig, mehr als eine einzige, einfache Arzneisubstanz auf einmal beim Kranken anzuwenden ... In der einzig wahren und einfachen, in der einzig naturgemäßen Heilkunst, in der Homöopathie, ist es durchaus unerlaubt, dem Kranken zwei verschiedne Arzneimittelsubstanzen auf einmal zu geben“ (Organon 6, § 273).
Eine Medizin, die sich nicht weiterentwickelt, ein Arzt, der dogmengemäß grundsätzlich nur ein einziges Medikament aus dem vorletzten Jahrhundert gibt (als hätte es seitdem keinen Fortschritt gegeben), das fordert ebenso Kritik heraus wie die Auflistung merkwürdiger Schweine- oder Kuh-Innereien. Wer hat die Politiker beraten, die dieses Gesetz konzipierten? Da gefällt mir die ebenfalls in der „Positivliste“ enthaltene Erfahrungsmedizin durch die Edelsteintherapie einer Hildegard von Bingen (1098 - 1179) weitaus besser. Onyx, Opal, Amethyst, Rubin und Diamant sehen dazu auch noch ganz hübsch aus. Auf manche Herzen sollen sie sehr positiv wirken!
Literatur
Autor
Prof. Dr. med. E. Erdmann
Klinikum III für Innere Medizin, Universitätsklinikum
Joseph-Stelzmann-Straße 9
50924 Köln