Psychotraumatologie 2002; 3(3): 40
DOI: 10.1055/s-2002-33384
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Von der Logik des Misslingens zur Logik des Erfolgs in der Psychotherapie - Lernen aus Forschungsergebnissen und klinischer Erfahrung

Vortrag beim Wiener Weltkongress für Psychotherapie 2002 anima mundi Gottfried Fischer, Dagmar Scharrelmann, Robert Bering
Further Information

Publication History

Publication Date:
12 September 2002 (online)

 

Übersicht

Es werden Ergebnisse einer Befragung zu Psychotherapien berichtet, die von den behandelten Patientinnen und Patienten als gescheitert oder gar schädigend eingestuft wurden. Die überwiegende Zahl der Untersuchungsteilnehmer weist komplexe psychische Traumatsierung in der Lebensgeschichte auf, insbesondere Erfahrungen mit als ablehnend erlebten primären und sekundären Bezugspersonen. Die Risikovariablen für psychotherapeutischen Misserfolg, wie sie sich in dieser Studie zeigen, werden in den Zusammenhang der internationalen Misserfolgsforschung gestellt. Darüber hinaus wurden mit einer qualitativen Methodik 7 „Skripts” ermittelt, die eine typisierte Dramaturgie scheiternder Therapien wiedergeben und damit einer Logik psychotherapeutischer Fehlschläge zu entsprechen scheinen. Als Gegenmittel wird empfohlen, die dialektische Logik aufgespaltener „Beziehungsschemata” systematisch zu berücksichtigen, die als eine der Folgen komplexer Traumatisierung gelten kann. Es ergibt sich u. a. die Folgerung, in der psychotherapeutischen Ausbildung schulenübergreifend den Umgang mit Übertragung und Gegenübertragung zu trainieren und traditionelle Psychotherapieformen „traumaadaptiert” weiter zu entwickeln.

Literatur

  • 1 Emmelkamp P MG. Misserfolge in der Verhaltenstherapie. Kleiber, D., Kuhr, A Tübinger Reihe 8. Herausg. v. der Deutschen Gesellschaft für Verhaltenstherapie DGVT Handlungsfehler und Misserfolge in der Psychotherapie. Beiträge zur psychosozialen Praxis 1988: 34-44
  • 2 Fäh M, Fischer G. Sinn und Unsinn in der Psychotherapieforschung. Eine kritische Auseinandersetzung mit Aussagen und Forschungsmethoden. Psychosozial Gießen; 1998
  • 3 Kleiber D, Wehner T. Fehlerfreundlichkeit: Ein Plädoyer zur Vitalisierung nicht intendierter Ereignisse (Handlungsfehler, therapeutische Misserfolge us.). Kleiber, D., Kuhr, A Tübinger Reihe 8. Herausg. V. der Deutschen Gesellschaft für Verhaltenstherapie DGVT Handlungsfehler und Misserfolge in der Psychotherapie. In: Beiträge zur psychosozialen Praxis 1988: 18-33
  • 4 König-Fuchs C. Therapeutischer Erfolg und Misserfolg. Kausalattributionen von Therapeuten, Klienten und Supervisoren. Europäische Hochschulschriften, Reihe 6, Psychologie, Bd 336, Peter Lang, Ffm 1991
  • 5 Strupp H, Hadley S. A tripartite model of mental health and therapeutic outcome. With special reference to negative effects.  American psychologist. 1977;  3 187-196
  • 6 Strupp H H, Hadley S, Gomes-Schwartz B. Psychotherapy for better or worse?. Jason Aronson N.Y; 1977
  • 7 Fischer G. Lebensgeschichte - Therapieverlauf - Ergebnisbewertung. Das Bewertungskriterium „Integrität” in der qualitativen Psychotherapieforschung. Faller H, Frommer J. 1994 Asanger Heidelberg; Qualitative Psychotherapieforschung. Grundlagen und Methoden 1994: 329-347
  • 8 Fischer G. Kölner Dokumentationssystem für Psychotherapie und Traumabehandlung KÖDOPS. Deutsches Institut für Psychotraumatologie Köln; 2000
  • 9 Schwarz R. Aus der Sicht der Trainerin: Kommentar.  Zeitschrift für systemische Therapie. 1987;  5 235-236 (4)
  • 10 Dörner D. Die Logik des Misslingens. Rowohlt Hamburg; 1989
  • 11 Becker-Fischer M, Fischer G. Sexueller Mißbrauch in der Psychotherapie - was tun?. Asanger Heidelberg; 1996
  • 12 Scharrelmann D. Psychotherapeutischer misserfolg. Qualitative und quantitative Datenanalyse, Entwicklung eines Fragebogens. Psychologische Diplomarbeit am Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Universität zu Köln 1996
  • 13 Vester F. Die Kunst vernetzt zu denken: Ideen und Werkzeuge für einen neuen Umgang mit Komplexität. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart; 1999
  • 14 Freud S. „Psychoanalyse” und „Libidotheorie”. GW 1923 Bd XIII: 211-233
  • 15 Fischer G, Riedesser P. Lehrbuch der Psychotraumatologie. UTB Ernst Reinhardt München; 1998, 1999 2. Aufl
  • 16 Fischer G. Mehrdimensionale Psychodynamische Traumatherapie MPTT. Asanger Heidelberg; 2000
  • 17 Langs R. Therapeutic misalliances.  Int J Psychoanal Psychother. 1975;  4 77-105
  • 18 Daub H, Mosetter K. Entwicklung eines Kategoriensystems für die kassenfinanzierte Psychotherapie. Medizinisch-psychologische Dissertation an der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg 1998
  • 19 Galley N, Fischer G, Hofmann A. Psycho-biologische Grundlagen von Traumanachwirkungen.  Psychotraumatologie. 2000;  1 6
  • 20 Bering R, Fischer G, Johansen F F. Neurovulnerabilität der Hippokampusformation bei der posttraumatischen Belastungsstörung: Forschungsstand und Forschungshypothesen.  Psychotraumatologie. 2002;  3 34
  • 21 Margraf J, Schneider, S. Angstanfälle und ihre Behandlung. Springer Heidelberg; 1990
  • 22 Zurek G, Barwinski R, Fischer G. Übertragung und Gegenübertragung in der Psychotherapie psychotraumatischer Belastungssyndrome.  Psychotraumatologie. 2002;  3 31
  • 23 Fischer G, Reddemann L, Barwinski-Fäh R, Bering R. Traumaadaptierte tiefenpsychologisch fundierte und analytische Psychotherapie - Definition und Leitlinien.  Springer-Verlag. Zur Veröffentlichung eingereicht in: Der Psychotherapeut  2002; 

Autoren:

Prof. Dr. Gottfried Fischer

Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie

Zülpicherstr. 45

50923 Köln

Email: gottfried.fischer@uni-koeln.de

Dr. med. Dipl.-Psych. Robert Bering

Oberarzt am Zentrum für Psychotraumatologie

Alexianer-Krankenhaus Krefeld

Email: robert.bering@uni-koeln.de

Dipl.-Psych. Dagmar Scharrelmann

Am Heiligenhäuschen 1

40545 Düsseldorf

Phone: Tel: 0211 570999

    >