Dtsch Med Wochenschr 2002; 127(18): 983
DOI: 10.1055/s-2002-26730-2
Leserbriefe
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Erwiderung

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Publication Date:
28 April 2004 (online)

Die Autoren danken Züchner für seinen informativen Leserbrief, dessen eindrückliche Kasuistik die Bedeutung der medikamentös induzierten QT-Verlängerung mit möglichen Torsade de pointes-Tachykardien nur unterstreicht. Wir stimmen gerne zu, dass unter einer Neuroleptikatherapie, wie hier mit Flupentixol (Fluanxol®) und Amisulprid (SOLIAN®) regelmäßige EKG-Kontrollen mit besonderer Beachtung der QT-Zeit obligat sind. Hinsichtlich Flupentixol gibt es einzelne kasuistische Mitteilungen über Todesfolgen [3]. Daher sind bereits bei Einleitung einer Neuroleptika- bzw. Antidepressiva-Therapie genaue Kenntnisse über Kontraindikationen, potenzielle Nebenwirkungen und Interaktionen mit anderen Pharmaka notwendig. In diesem Zusammenhang weisen wir nochmals auf die Tabelle 3 in unserem Beitrag [1] hin, in der verschiedene QT-Zeit-verlängernde Medikamente aus unterschiedlichen Wirkstoffklassen zusammenfassend darstellt sind.

Dass es sich bei QT-Verlängerung mit lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen um eine gar nicht so seltene klinische Problemstellung handelt, zeigt auch das Beispiel einer uns kürzlich zugewiesenen 32-jährigen Patientin, die wegen depressiver Beschwerden mit einer Antidepressiva-Kombination aus Mirtazapin (Remergil®) und Opipramol (Insidon ®) über 4 Wochen behandelt wurde. Noch während des stationären Aufenthaltes kam es zu einem Reanimationsereignis mit Dokumentation von Torsade de pointes-Tachykardien (Abb. [1] oben) und Long-QT-Syndrom, ähnlich einer früheren Mitteilung [4]. Das Original-EKG am Folgetag (Abb. [1] unten) zeigt eine QT-Zeit von 0,42 s bei einer Herzfrequenz von 86/min. Die daraus resultierende frequenzkorrigierte QTc-Zeit (nach Bazett) betrug 0,50 s und war damit größer als der obere Grenzwert von 0,48 s [2]. Bei der Patientin war eine erfolgreiche Reanimation durchgeführt worden, in Kenntnis der Diagnose wurden die Antidepressiva abgesetzt mit konsekutiver Normalisierung der QT-Zeit. Nicht-invasive und invasive kardiologische Diagnostik waren unauffällig; die Ergebnisse genetischer Untersuchungen hinsichtlich eines kongenitalen Long-QT-Syndroms stehen noch aus. Ein klinisch bedeutsamer Aspekt, der vielen Kasuistiken letztlich gemeinsam ist und den wir an dieser Stelle nochmals herausstellen, liegt in der Pharmakokinetik und der Metabolisierung der verabreichten Antidepressiva, Neuroleptika, deren Kombination untereinander oder deren Kombination mit anderen, vielfach verabreichten Medikamenten, wie Beta-Blockern, Phenprocoumon u. a. m. Diese Medikamente haben häufig gemeinsame (hepatische) Stoffwechselwege, die trotz scheinbar »therapeutischer« Dosierung zu erhöhten Plasmakonzentrationen und damit zu einem erhöhten Risiko kardialer Nebenwirkungen - nicht nur bei älteren Patienten mit eingeschränkter Metabolisierung und Eliminierung - führen können [5].

Abb. 1 Torsade de pointes-Tachykardie (oben) und QT-Zeit-Verlängerung (unten) bei einer Patientin mit Mirtazapin- und Opipramol-Medikation.

Literatur

  • 1 Lentini S, Rao M L, Schröder R, Lüderitz B, Bauriedel G. QT-Verlängerung und Torsade de pointes-Tachykardie bei Therapie mit Maprotilin. Differenzialdiagnostische und -therapeutische Aspekte.  Dtsch Med Wochenschr. 2001;  126 1396-1400
  • 2 Dhein S. Arzneimittel-induzierte QT-Verlängerung und Torsade de Pointes-Arrhythmien.  Dtsch Med Wochenschr. 2000;  125 703-708
  • 3 Darragh A, Kenny M, Lambe R, Brick I. Sudden death of a volunteer.  Lancet. 1985;  12 93-94
  • 4 Laurent M, Le F oll B, Rannou A, Cantineau A, Guivarch G. Carpipramine and opipramol poisoning with ventricular tachycardia.  J Toxicol Clin Exp. 1985;  5 43-46
  • 5 Lüderitz B. Herzrhythmusstörungen. Diagnostik und Therapie. 5th ed. Berlin Heidelberg New York: Springer Verlag 1998: 1-504

Autoren

Prof. Dr. Gerhard Bauriedel
Dr. Dirk Skowasch
Dr. Silvia Lentini
Prof. Dr. Dr. h. c. Berndt Lüderitz

Medizinische Klinik und Poliklinik II, Universitätsklinikum Bonn

Sigmund-Freud-Straße 25

53105 Bonn

Email: Gerhard.Bauriedel@ukb.uni-bonn.de

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