Dtsch Med Wochenschr 2002; 127(3): 100
DOI: 10.1055/s-2002-19591
Fragen aus der Praxis
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Plattenepithel-Karzinom des Ösophagus

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Publication Date:
17 January 2002 (online)

Frage: Beim lokal fortgeschrittenen Plattenepithel-Karzinom der Speiseröhre (Tumorstadium T3 Nx M0) kommt primär eine kombinierte Radio-Chemotherapie zur Anwendung. Neoadjuvante Behandlungsstrategien mit dem Versuch einer operativen Tumorentfernung - angestrebt als R0-Resektion - werden geprüft. Trotz dieser teils sehr behandlungsintensiven Therapiekonzepte ist die 5-Jahres-Überlebensrate mit 5-11 % aller Patienten weiterhin schlecht. Neben den genannten etablierten Behandlungskonzepten wird auf genetischem und immunologischem Gebiet bez. neuer Therapiemodalitäten geforscht. Insbesondere spielt hier die Apoptose und deren Induktionsmechanismen eine zentrale Rolle.

- Wie weit sind die Grundlagenforschungen auf diesen Gebieten bisher vorangeschritten? Existieren Studienprotokolle, in denen bisherige Erkenntnisse bereits am erkrankten Patienten zur Anwendung kommen?

Antwort: Die aktuelle Forschung beim Ösophaguskarzinom geht zur Zeit dahin, multimodale Therapiekonzepte zu evaluieren. Diese beruhen einmal auf den klassischen Chemotherapieprotokollen, bzw. der Kombination von Chemotherapie und Strahlentherapie. Neuere Ergebnisse der Grundlagenforschung werden derzeit in Phase-I-Studien erprobt, haben aber noch nicht Eingang in die klinische Routine genommen. Schwerpunkt der derzeitigen Forschung ist die Erfassung von molekularen Markern, die in der Lage sind, das Ansprechen eines Tumors auf eine nichtoperative Radio- oder Chemotherapie voraussagen zu können. Dazu sind eine Reihe vielversprechender Marker beschrieben worden (p53 Wildtyp; das Fehlen von Thymidylatsynthase Expression; Mangel an ERCC 1-mRNA Expression; Thymidin E-Phosphorylase). Mit allen diesen molekularen Markern oder möglicherweise eine Kombination derartiger Marker wird es über kurz oder lang möglich sein, das Therapieansprechen vorauszusagen und damit die nichtoperative Therapie gezielter einzusetzen. Große Fortschritte sind derzeit in der »Response Evaluation« gemacht worden. Hier steht mit der Positronen-emissionstomographie (PET) ein hervorragend geeignetes Verfahren zur Verfügung. Bereits 14 Tage nach Therapiebeginn ist im PET möglich zu erkennen, ob der Tumor wohl auf die nicht operative Therapie ansprechen wird oder nicht. Nur bei sog. »Respondern« macht es Sinn, die nichtoperative Therapie fortzusetzen. Nicht-Responder sollten künftig in palliative Therapieprotokolle übernommen werden. Diese Aussagen gelten in erster Linie für das Plattenepithelkarzinom der Speiseröhre, können aber auch auf das Adenokarzinom der Speiseröhre (sog. Barrettkarzinom) übertragen werden. Auch bei diesem Tumortyp werden ähnliche Therapiekonzepte verfolgt.

Anlass zum Pessimismus beim Karzinom der Speiseröhre besteht somit nicht. Vielmehr stehen heute ein ganzes Spektrum von verschiedenen Therapieprotokollen zur Verfügung, die je nach Situation zur Anwendung kommen können. Die beste Prognose ergibt sich naturgemäß bei Frühbefunden, aber auch bei lokal fortgeschrittenen Befunden, die auf nichtoperative Therapie gut ansprechen und anschließend R0-reseziert werden können.

Prof. Dr. J. Rüdiger Siewert

Chirurgische Klinik, Technische Universität München

Ismaninger Straße 22

81675 München