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DOI: 10.1055/s-2000-7225
Pseudohermaphroditismus femininus bei kongenitalem adrenogenitalem Syndrom als intraoperativer Zufallsbefund bei einem 68jährigen Patienten
Publication History
Publication Date:
28 April 2004 (online)

Auf der einen Seite zeigt die von M. Lang et al. beschriebene Kasuistik [1] in schöner Weise eine äußerst seltene Verlaufsform des adrenogenitalen Syndroms auf. Sie zeigt die pathogenetischen Folgen dieser Stoffwechselerkrankung in einer Deutlichkeit auf, wie sie nur das Fallbeispiel bieten kann. Formen dieses Verlaufes sind interessanterweise andererseits durchaus bei erwachsenen gynäkologischen Patientinnen beschrieben, die ein diesem Patienten ähnliches Genitale aufweisen, sich aber als Frau sehen, und die die Virilisierung zum Arzt führt [2].
Lang et al. weisen zurecht auf die Bedeutung einer korrekten körperlichen Untersuchung hin, die leider von vielen Kollegen vernachlässigt wird. Diese Aufgabe kommt aber nicht allein der zuweisenden Einrichtung zu, wie der Artikel vermuten lassen könnte, sondern insbesondere auch den Kollegen, die an dem Patienten operativ tätig werden. Der heutige Chirurg degradiert sich zum Akkordarbeiter, wenn er nicht mehr den Patienten in seiner Gesamtheit wahrnimmt, sondern nur noch als Operationsobjekt.
Zudem ist die vernachlässigte körperliche Untersuchung nicht der einzige Fehler, der in dieser Kasuistik gefunden werden kann. Trotz präoperativer Computertomographie und zu fordernder Sonographie fielen keinem der Untersucher die pelvinen Auffälligkeiten dieses Patienten auf, die durchaus zu erkennen gewesen sein müssten, wohl aber in der Routine untergegangen sind, da der primär gesuchte pathologische Befund nicht in diesem Bereich zu finden war.
Selbstverständlich muss keinem Patienten ein Befund aufgedrängt werden, was ich auch in diesem Fall vertreten würde. Ich vermute aber, dass ein fast 70-jähriger Mann durchaus schon früher gemerkt hat, dass zur Zeugungsfähigkeit bestimmte Merkmale fehlen und er über die besondere Rolle der Tochter Bescheid wusste.
Diese schöne Kasuistik enthält also in mehrfacher Hinsicht lehrreiche Inhalte.
Literatur
- 1 Lang M, Heilmann P, Ziegler R, Seibel M J, Sinn H P, Klar E. Pseudohermaphroditismus femininus bei kongenitalem adrenogenitalem Syndrom als intraoperativer Zufallsbefund bei einem 68jährigen Patienten. Dtsch med Wschr. 2000; 125 660-664
- 2 Schmidt-Matthiesen,, Hepp. (Hrsg) .Gynäkologie und Geburtshilfe. 9. Aufl. Schattauer-Verlag. Stuttgart 1998: 16