Dtsch Med Wochenschr 2000; 125(30): 906
DOI: 10.1055/s-2000-7040
Kurze Mitteilungen
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Zirkannuale Periodizität der Helicobacter-pylori-Prävalenz

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Publication Date:
31 December 2000 (online)

 

Hollenz et al. berichteten über eine altersabhängige Helicobacter-pylori(H.p.)-Prävalenz von 40 % bei 100 Patienten einer Allgemeinpraxis [10]. Nach unserer Erfahrung hängt die Prävalenz von der Jahreszeit ab, in der die Untersuchung stattfindet. Wir werteten über 3 Jahre die Befunde von 1076 Patienten (50,6 % Männer) mit epigastrischen Beschwerden aus, die einer Ösophagogastroduodenoskopie zugeführt wurden. Die H.p.-Infektion wurde mit einem Ureasetest (HUT-Test, Astra GmbH, Wedel) sowie histopathologisch diagnostiziert.

Alter, Geschlecht sowie der pH-Wert übten keinen signifikanten Einfluss auf den Nachweis von H.p. aus. Allerdings fanden wir eine deutliche Häufung von H.p.-positiven Fällen im Herbst, wobei das absolute Maximum im Dezember (72 Fälle) und das absolute Minimum im April [12] gefunden wurden. In Tab. [1] ist die Verteilung der H.p.-Infektion nach Jahreszeiten zusammengefasst. Der Anteil der H.p.-positiven Untersuchungen betrug (im Einklang mit den Ergebnissen von Hollenz et al.) etwa 38 %.

In Abb. [1] und 2 ist das Ergebnis der Cosinoranalyse (Chronogramm, Polardiagramm) der absoluten Häufigkeiten auf der Basis eines zirkannualen Modells dargestellt. Dabei werden die Daten an eine Kosinuskurve der allgemeinen Form Y(t) = M + A * cos (2p*t/t + f) angepasst. M entspricht bei gleichen Abständen dem Mittelwert (Midline Estimating Statistic of Rhythm), A der Amplitude, t der Periode (12 Monate) und f der Akrophase (Maximum). Die annuale Verteilung der H.p.-Prävalenz lässt sich sehr gut durch ein Cosinormodell mit einem Maximum der angepassten Kurve im November beschreiben

Abb. 1 Cosinormodell (Chronogramm) der zirkannualen Verteilung der H.p.-Infektionen als Funktion des Untersuchungsmonats. Die Akrophase findet sich im November, das Minimum (Bathyphase) im April/Mai. Die mittlere Häufigkeit liegt bei 34,4 Fällen. Die Kurvenanpassung ist signifikant (P = 0,006, Test n. Weisberg) und kann 67,6 % der Variabilität (PR) erklären.

Abb. 2 Cosinormodell (Polardiagramm) der zirkannualen Verteilung der positiven H.p.-Infektionen als Funktion des Untersuchungsmonats. Ein Jahr entspricht 360, die Zeigerlänge der Amplitude und der Winkel des Zeigers der Akrophase. Die Ellipse gibt das 95 %-Vertrauensintervall der Amplitude und der Akrophase an.

Tab. 1 H.p.-Prävalenz von 1076 Untersuchungen nach Jahreszeiten. Die Unterschiede zwischen Winter und Herbst bzw. Frühjahr und Herbst waren signifikant (χ2-Test, p < 0,01). H.p.-Test Winter Frühjahr Sommer Herbst pos. (n) 84 56 96 176 neg. (n) 176 116 152 220

 Diese Beobachtung deckt sich mit der beschriebenen Häufung von Ulkuserkrankungen im Herbst [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [11] [12] [13] [14] [15] [16], wobei bisher keine eindeutige jahreszeitliche Assoziation zwischen H.p.-Infektion und Ulkusdiagnose gefunden werden konnte [17] . Die Gründe für die Häufung der Diagnose im Herbst sind nicht bekannt und könnten zum Beispiel durch zirkannuale Rhythmen der Cortisonsekretion, der Immunabwehr oder dem Analgetikaverbrauch liegen, die letztlich in eine veränderte Empfindlichkeitsschwelle münden. Da die Untersuchungen von Hollenz et al. im November durchgeführt wurden, ist zu vermuten, dass die Jahreszeit ein entscheidender Faktor für die Prävalenz war. Eine Wiederholung im Frühjahr könnte Hinweise darauf geben, ob auch unter den Bedingungen einer Allgemeinpraxis jahreszeitliche Unterschiede der H.p.-Prävalenz bestehen.

Literatur

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Dr. med. Dr. rer. nat. Dr. Sportwiss Christoph Raschka 

Petersberg

Dr Wolfgang Schorr

Regensburg

Dr Horst J Koch

Regensburg

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