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DOI: 10.1055/s-0045-1808224
Chancen & Grenzen einer interprofessionellen Zusammenarbeit zwischen Physiotherapeut*innen und Hebammen
Einleitung Viele Frauen leiden postpartal unter Beckenbodenfunktionsstörungen (BFS), welche weitere Beschwerden mit sich ziehen [1] [2], oft lange unerkannt bleiben und die Lebensqualität der Betroffenen einschränken [1]. Da Hebammen in der postpartalen Nachsorge den primären Kontakt zu den Frauen darstellen und spezialisierte Physiotherapeut*innen (PT) die BFS gezielt behandeln können wird, um die Versorgungslücke zu schließen eine interprofessionelle Zusammenarbeit (IPZ) beider Berufsgruppen miteinander erforderlich [2] [3]. Jedoch findet diese im Praxisalltag selten Anwendung [3].
Das Ziel der Forschungsarbeit besteht darin potenzielle Handlungsfelder und Möglichkeiten, die sich aus einer interprofessionellen Zusammenarbeit beider Berufe ergeben könnten zu identifizieren und Barrieren und Hindernisse, die dies verhindern zu ermitteln.
Material und Methodik Zwei leitfadengestützte, problemzentrierte Expert*inneninterviews wurden durchgeführt, transkribiert und mittels qualitativer, strukturierender Inhaltsanalyse nach Kuckarts [4] und der F4-Analyse Software ausgewertet. Befragt wurden eine Physiotherapeutin mit gynäkologischem Schwerpunkt und eine Hebamme. Beide führen eigene interdisziplinäre Praxen und weisen mind. 10 Jahre Berufserfahrung auf. Die Kategorien wurden je Interview von zwei Personen induktiv gebildet [4].
Ergebnisse Die Analyse der Interviews ergab vier Hauptkategorien: Voraussetzungen, Umsetzung, Veränderungen und Hindernisse. Eine gegenseitige Sensibilisierung der Berufsgruppen füreinander, mit Wissen über die Kompetenzen der jeweils anderen Berufsgruppe wurde als wichtige Voraussetzung für interprofessionelle Zusammenarbeit ermittelt. Unter Veränderungen durch interprofessionelle Zusammenarbeit wurden eine schnellere und effizientere Versorgung der Frauen und eine Kostenersparnis für das Gesundheitssystem gefasst. Gesetzliche Vorgaben, mangelnde finanzielle und zeitliche Ressourcen stellten sich als Hindernisse heraus, welche die Umsetzung der interprofessionellen Zusammenarbeit im Praxisalltag erschweren. Hinzu wurden die fehlende Präsenz der anderen Berufsgruppe in der Ausbildung und ein vorherrschendes Konkurrenzdenken als Barrierefaktoren ausgemacht.
Zusammenfassung Die Ergebnisse zeigen, dass die Chancen der interprofessionellen Zusammenarbeit vor allem in einer verbesserten Versorgung der Frauen, als auch einer Kostenersparnis im Gesundheitssystem bestehen. Um die Zusammenarbeit zu fördern, müssen die ermittelten Barrieren abgebaut werden und die Präsenz beider Berufsgruppen bereits in den Ausbildungen gestärkt werden. Dazu werden Änderungen von gesetzlichen Vorgaben zu zeitlichen und finanziellen Ressourcen und die Förderung der Frauengesundheit benötigt.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
21. Mai 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Ludwig S.. Risiko peri- und postpartaler Beckenbodenfunktionsstörungen. Deutsches Ärzteblatt 2023; 120: A-1074-A-1078
- 2 Künze D.. Teamwork mit der Physiotherapie. Deutsche Hebammen Zeitschrift 2021; 73: 68-70
- 3 Seifert F., Zenker C.. Rückbildungsgymnastik: Interprofessionelle Kooperation in der Ausbildung?. Die Hebamme 2007; 20: 272-275
- 4 Kuckartz U.. Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung. Weinheim, Basel: Beltz Juventa; 2018