Dtsch Med Wochenschr 2016; 141(24): 1734
DOI: 10.1055/s-0042-119042
Klinischer Fortschritt
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

International konkurrenzfähige klinische Forschung

International competitive clinical research
Claus Franz Vogelmeier
1   Klinik für Innere Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie, Intensiv- und Schlafmedizin, UKGM, Standort Marburg
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Publication Date:
30 November 2016 (online)

Die idiopathische pulmonal arterielle Hypertonie (IPAH) war bis in die 90er Jahre eine schnell progrediente Erkrankung, die zu Rechtsherzsagen und Tod führte, wenn nicht rechtzeitig eine Transplantation erfolgte [1]. In den 80er Jahren betrug das mediane Überleben nach Diagnosestellung nur 2,8 Jahre [2]. Dann entwickelte sich die beeindruckende Erfolgsgeschichte der Prostazykline, des Endothelinrezeptorantagonisten Bosentan und des Phosphodiesterase-5-Antagonisten Sildenafil und mit ihnen Verbesserungen für relevante Outcomeparameter [3]. Inzwischen sind weitere Substanzen hinzugekommen. Die interessanteste Neuerung dürfte der lösliche Guanylatcyclasestimulator Riociguat sein [4], eine deutsche Entwicklung, die mit dem Deutschen Zukunftspreis 2015 ausgezeichnet wurde.

In diesem Heft befassen sich 2 Arbeiten mit der pulmonalen Hypertonie (PH): Die Darstellung der Leitlinie der europäischen kardiologischen Gesellschaft (ESC) zur PH 2015 [5] und der Bericht über die Kölner-Konsensus Konferenz 2016 [6], in der die deutsche Sichtweise dargestellt wird. Wesentliche Neuerungen der ESC-Leitlinien sind: 1. Eine Definition, die nicht nur auf dem mittleren pulmonal arteriellen Druck und dem Verschlussdruck basiert, sondern auch den pulmonalvaskulären Widerstand und damit das Herzzeitvolumen einbezieht; 2. Das Konzept der Risikostratifizierung als Grundlage für das therapeutische Vorgehen und die Prognoseabschätzung. Dabei werden die Patienten auf der Basis einer Reihe von Befunden und Symptomen in 3 Risikoklassen eingeteilt; 3. Die Neubewertung einer gezielten Kombinationstherapie, nachdem bei therapienaiven Patienten eine initiale Kombinationstherapie der Monotherapie überlegen war [7].

Darüber hinaus schlägt die Kölner Konsensus-Konferenz einen neuen Therapie-Algorithmus vor, der zwischen „typischer“ und „atypischer“ pulmonal arterieller Hypertonie (PAH) unterscheidet. Jüngere Patienten, die keine kardialen und / oder pulmonalen Begleiterkrankungen aufweisen, werden als „typisch“ eingestuft und intensiver (d. h. frühzeitig mit dualer Therapie) behandelt als bei „atypischer“ Eingestufung.

Die guten Nachrichten gelten allerdings nur für die relativ kleine Zahl von Patienten mit idiopathischer und chronisch thromboembolischer PH [8], nicht aber für die viel größere Zahl an Patienten mit PH bei Linksherz- oder Lungenerkrankungen. Die bisher enttäuschenden Daten legen nur nahe, dass die Grunderkrankung behandelt werden soll und eine gezielte Therapie der PH nicht empfohlen wird. Ausnahmen sind Patienten mit einer „diskordanten“ PH: So könnte bei einer COPD mit einem sehr hohen pulmonal arteriellen Druck z. B. auch ein primär vaskuläres Problem vorliegen. Diese Patienten sollten nur in entsprechend ausgewiesenen Zentren behandelt werden.

Die Tatsache, dass unter maßgeblicher deutscher Beteiligung so gute Ergebnisse erzielt wurden, geht u. a. darauf zurück, dass sich hier universitäre Zentren mit dem Fokus PH mit großen Fallzahlen entwickeln konnten. Damit ist wieder einmal gezeigt, dass klinische Forschung in einer international konkurrenzfähigen Form eine entsprechende Infrastruktur voraussetzt. Diese Notwendigkeit wird immer klarer zu Tage treten. Bei den großen Volkskrankheiten wie z. B. den häufigen kardiovaskulären und pulmonalen Erkrankungen sind die einfachen Fragen nahezu alle schon beantwortet und die Studien der Zukunft werden sehr genau phänotypisierte Patienten benötigen und anspruchsvolle Endpunkte analysieren.

 
  • Literatur

  • 1 Humbert M, Sitbon O, Simonneau G. Treatment of Pulmonary Arterial Hypertension. N Engl J Med 2004; 351: 1425-1436
  • 2 D’Alonzo GE, Barst RJ, Ayres SM et al. Survival in patients with primary pulmonary hypertension: results from a national prospective registry. Ann Intern Med 1991; 115: 343-349
  • 3 Galiè N, Manes A, Branzi A. The new clinical trials on pharmacological treatment in pulmonary arterial hypertension. Eur Respir J 2002; 20: 1037-1049
  • 4 Ghofrani HA, Galiè N, Grimminger F et al. PATENT-1 Study Group. Riociguat for the treatment of pulmonary arterial hypertension. N Engl J Med 2013; 369: 330-340
  • 5 Opitz C. ESC-Leitlinie 2015: ESC-Leitlinie 2015: Diagnostik und Therapie der pulmonalen Hypertonie. Dtsch Med Wochenschr 2016; 141: 1764-1769
  • 6 Rosenkranz S, Ghofrani HA, Grünig E et al. Pulmonale Hypertonie: Kölner Konsensus-Konferenz 2016. Dtsch Med Wochenschr 2016; 141: 1778-1782
  • 7 Galiè N, Barberà JA, Frost AE et al. Initial Use of Ambrisentan plus Tadalafil in Pulmonary Arterial Hypertension. N Engl J Med 2015; 373: 834-844
  • 8 Ghofrani HA, D’Armini AM, Grimminger F et al. Riociguat for the treatment of chronic thromboembolic pulmonary hypertension. N Engl J Med 2013; 369: 319-329