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Dtsch Med Wochenschr 2015; 140(13): e129-e135
DOI: 10.1055/s-0041-102550
Fachwissen
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ausmaß von Rationierung und Überversorgung in der stationären Versorgung

Ergebnisse einer bundesweiten Umfrage in deutschen KrankenhäusernExtent of rationing and overprovision in stationary care: Results of a nationwide survey of German hospitals
Antonius Reifferscheid
1   Lehrstuhl für Medizinmanagement, Universität Duisburg-Essen
,
Natalie Pomorin
1   Lehrstuhl für Medizinmanagement, Universität Duisburg-Essen
,
Jürgen Wasem m
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Publication Date:
26 June 2015 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund und Fragestellung | Wirtschaftlicher Druck und eine unzureichende Investitionsförderung durch die Bundesländer führen bei vielen Krankenhäusern zu Verlusten. Weitgehend unklar ist, ob und inwieweit sich die Mittelknappheit in Form von Rationierung auf die Patientenversorgung auswirkt und welche Faktoren hierfür ursächlich sind. Auch wirft der Fallzahlanstieg die Frage auf, ob aus wirtschaftlichen Gründen zu viele medizinische Leistungen erbracht werden.

Methodik | Basierend auf früheren Studien sowie halbstrukturierten Interviews mit Leitungspersonen verschiedener Krankenhäuser wurden berufsgruppenspezifische Fragebögen entwickelt. Es wurden knapp 5000 Fragebögen an Chefärzte verschiedener Fachbereiche sowie Geschäftsführer und Pflegedirektoren verschickt. Der Rücklauf betrug insgesamt 43 %.

Ergebnisse | Von allen Befragten wurden deutliche finanzielle Restriktionen wahrgenommen. 46 % der befragten Chefärzte gaben an, aus ökonomischen Gründen bereits nützliche Maßnahmen vorenthalten oder durch weniger effektive, aber kostengünstigere Alternativen ersetzt zu haben. Auch wenn Rationierung in allen Fachbereichen relativ verbreitet war, war die Intensität gering ausgeprägt. 39 % der Chefärzte glaubten, dass in ihrem Fachgebiet wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu überhöhten Fallzahlen führen – insbesondere in der Orthopädie und der Kardiologie.

Schlussfolgerungen | Da sich die finanzielle Situation der Krankenhäuser mittelfristig kaum entspannen wird, besteht Handlungsbedarf für die Politik, um negative Auswirkungen auf die Patientenversorgung zu vermeiden.

Abstract

Background: Faced with economic pressure and with the insufficient funding of investments many hospitals are in deficit. However, there is little evidence whether these circumstances translate into rationing of services and which factors might be relevant in this context. Concerning the development of the number of patients it is also unclear, whether economic incentives lead to an overprovision of medical services.

Method: Based on earlier studies and semi-structured interviews with hospital executives professional group specific questionnaires were developed and sent to almost 5.000 chief physicians, hospital managers and directors of nursing. The response rate was 43 %.

Results: All respondents perceived considerable economic restrictions. In consequence, 46 % of chief physicians have rationed useful services or replaced them by cheaper less effective alternatives. Although rationing is a concern in all medical disciplines the intensity is modest. Moreover, the chief physicians perceived a tendency to overprovision – especially in orthopedy and cardiology.

Conclusion: Due to financial restrictions of health funds and federal states the economic pressure will stay high. This implies political actions to prevent negative consequences for patient care.

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