Dtsch Med Wochenschr 2015; 140(03): 168-171
DOI: 10.1055/s-0041-100196
Klinischer Fortschritt
Hämatologie und Onkologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Das fortgeschrittene Radioiod-refraktäre differenzierte Schilddrüsenkarzinom

Advanced radioiodine-refractory differentiated thyroid cancer
Christine Spitzweg
1   Medizinische Klinik und Poliklinik II, Klinikum der Universität München
2   Interdisziplinäres Schilddrüsenzentrum - Klinikum der Universität München (ISKUM), Comprehensive Cancer Center CCC der Ludwig Maximilians-Universität München
,
Christoph J. Auernhammer
1   Medizinische Klinik und Poliklinik II, Klinikum der Universität München
2   Interdisziplinäres Schilddrüsenzentrum - Klinikum der Universität München (ISKUM), Comprehensive Cancer Center CCC der Ludwig Maximilians-Universität München
,
Julia Geisler
2   Interdisziplinäres Schilddrüsenzentrum - Klinikum der Universität München (ISKUM), Comprehensive Cancer Center CCC der Ludwig Maximilians-Universität München
3   Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin, Klinikum der Universität München
,
Stefan Böck
2   Interdisziplinäres Schilddrüsenzentrum - Klinikum der Universität München (ISKUM), Comprehensive Cancer Center CCC der Ludwig Maximilians-Universität München
4   Medizinische Klinik und Poliklinik III, Klinikum der Universität München
,
Volker Heinemann
2   Interdisziplinäres Schilddrüsenzentrum - Klinikum der Universität München (ISKUM), Comprehensive Cancer Center CCC der Ludwig Maximilians-Universität München
4   Medizinische Klinik und Poliklinik III, Klinikum der Universität München
,
Peter Bartenstein
2   Interdisziplinäres Schilddrüsenzentrum - Klinikum der Universität München (ISKUM), Comprehensive Cancer Center CCC der Ludwig Maximilians-Universität München
3   Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin, Klinikum der Universität München
,
Burkhard Göke
1   Medizinische Klinik und Poliklinik II, Klinikum der Universität München
2   Interdisziplinäres Schilddrüsenzentrum - Klinikum der Universität München (ISKUM), Comprehensive Cancer Center CCC der Ludwig Maximilians-Universität München
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Publication Date:
06 February 2015 (online)

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Zusammenfassung

Die Therapieoptionen beim fortgeschrittenen, Radioiod-refraktären DTC waren bisher äußerst limitiert und beschränkten sich weitgehend auf zytotoxische Chemotherapie mit schlechten Ansprechraten, die nach den amerikanischen und europäischen Leitlinien nicht mehr als Erstlinientherapie empfohlen wird. Unser zunehmendes Verständnis der komplexen molekularen Pathogenese der Schilddrüsenkarzinome mit der Identifizierung molekularer Targets ermöglichte die Entwicklung und klinische Translation biologisch gezielter Therapien. Der Einsatz der Multityrosinkinase-Inhibitoren und anderer biologisch gezielter Substanzen hat das Management von Patienten mit fortgeschrittenem Radioiod-refraktärem DTC in der letzten Dekade signifikant verändert. Sorafenib wurde dabei aktuell im Mai 2014 als erste dieser Substanzen für die Therapie fortgeschrittener DTC zugelassen. Eine Reihe andere Substanzen, wie Pazopanib, Vandetanib, Cabozantinib, Axitinib, Sunitinib, Vemurafenib steht aufgrund ihrer Zulassung bei anderen Tumorentitäten zum Einsatz im individuellen Heilversuch zur Verfügung. Aufgrund der sehr beeindruckenden Daten aus der Phase-III-Studie, wird für Lenvatinib die Zulassung beim metastasierten Radioiod-refraktären DTC für 2015 erwartet.

Was ist neu?

  • Klinische Studien zu molekular gezielten Therapien: In der DECISION-Studie ging Sorafenib mit einer Verlängerung des Progressions-freien Überlebens einher (10,8 vs. 5,8 Monate unter Placebo). Es wurde im Jahr 2014 für die Therapie des progredienten lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Radioiod-refraktären differenzierten Schilddrüsenkarzinoms (DTC) zugelassen. Pazopanib, Vandetanib, Cabozantinib, Axitinib, Sunitinib und Vemurafenib sind andere molekular gezielte Substanzen, die in ersten Phase-II-Studien eine therapeutische Effektivität beim Radioiod-refraktären DTC gezeigt haben. Sie stehen für den Einsatz im individuellen Heilversuch zur Verfügung. Die Zulassung von Lenvatinib wird im Jahr 2015 erwartet: In der abgeschlossenen Phase-III-Studie SELECT verlängerte es das Progressions-freien Überleben auf 18,3 vs. 3,6 Monate im Placebo-Arm.

  • Re-Induktion einer NIS-vermittelten Radioiod-Speicherung: Der MEK1/2 Inhibitor Selumetinib zeigte in einer Pilotstudie eine effektive Steigerung der Radioiod-Speicherfähigkeit in Metastasen von Patienten mit Radioiod-refraktärem DTC, die bei 40 % der Patienten hoch genug war für einen Therapieeffekt von 131I.