physioscience 2016; 12(03): 128-129
DOI: 10.1055/s-0035-1567118
Veranstaltungsberichte
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Clinical Research Forum: Bericht zur Jubiläumsausgabe 2015 und Ausblick zur 11. Ausgabe am 29. Oktober 2016

M. Verra
Institut für Physiotherapie, Inselspital, Universitätsspital Bern, Bern, Schweiz
,
H. van Hedel
Abt. Forschung und Physio- und Ergotherapie, Rehabilitationszentrum für Kinder und Jugendliche, Universitäts-Kinderspital Zürich, Affoltern am Albis, Schweiz
,
K. Niedermann
Institut für Physiotherapie, Dept. Gesundheit, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), Winterthur, Schweiz
,
M. Trippolini
Center for Disability Research, Liberty Mutual Research Institute for Safety, Boston, USA
PhD-Program in Rehabilitation Sciences, Massachusetts General Hospital, Institute for Health Professions, Boston, USA
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
09. September 2016 (online)

From Statistical Significance to Clinical Relevance

Die Stiftung Physiotherapie Wissenschaften lud am 7. November 2015 nach Affoltern am Albis, inmitten der herrlichen Landschaft zwischen Zürich- und Zugersee ein. Gemeinsam mit dem Therapieteam des Rehabilitationszentrums fand mittels 3 Impulsreferaten, 2 Workshops und ausführlicher Zeit für Networking eine Fachtagung unter anderem zum kontrovers diskutierten Thema „From Statistical Significance to Clinical Relevance“ statt ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Referenten und Gastgeber des 10. CRF (v.l.): Helen Amrhyn (MSc-Thesis Preisträgerin 2014 der Berner Fachhochschule), Huub van Hedel (Gastgeber), Karin Niedermann (Referentin), Martin Verra (Moderator), Raymond Ostelo (Referent), Maurizio Trippolini (Moderator); nicht auf dem Bild: Beda Stadler (Referent).

Im Zusammenhang mit der 10. Jubiläumsausgabe des Clinical Research Forums (CRF) hielten Prof. Dr. Omega Huber und Prof. Dr. Karin Niedermann – beide Physiotherapeutinnen und Gründerinnen der Stiftung Physiotherapie Wissenschaften – das Eröffnungsreferat. Sie präsentierten die Resultate der „PTW-AbsolventInnen-Nachbefragung“. PTW steht für den Masterstudiengang Physiotherapie Wissenschaften, dem Vorläufer des aktuellen konsekutiven Master-of-Science-Studiengangs der Berner (BFH) und Zürcher Fachhochschule (ZHAW), der von 2002 bis 2008 3-mal durchgeführt wurde. Diese 53 Absolventen wurden unter anderem zu ihren aktuellen Master-relevanten Tätigkeiten, Funktionen und Arbeitsbereichen befragt. Zusammenfassend lässt sich erfreulicherweise sagen, dass der Master-Abschluss für die Berufskarriere der PTW-Absolventen sehr nützlich war. Viele sind in beruflich einflussreichen Positionen angelangt, haben eine Forschungskarriere inklusive einem Doktoratsabschluss (Ph.D.) erreicht und sich durch Publikationen international einen Namen gemacht.

Der emeritierte Professor und Physiologe Beda Stadler konnte gewonnen werden, um eine kritische Würdigung der bisherigen Physiotherapieforschung zu halten. Er ist für seine Medienauftritte zu den Themen Impfen, Homöopathie und Religion bekannt und schlüpft gerne in die Rolle des Provokateurs. Als Wissenschaftler stellt er sich gegen die Irrationalität in der Medizin (frei nach dem Motto: „Glaubst du noch oder denkst du schon?!“). Auf unterhaltsame und mit fundierten Argumenten unterbaute Art stellte er die Entwicklungen in der Medizin und den Zeitgeist der Physiotherapie dar. Seiner Meinung nach bildet die Physiotherapie zusammen mit Medizin und Pflege die 3 Säulen der Schulmedizin und hat damit gute Voraussetzungen, ihre Wirksamkeit mittels wissenschaftlichen – und keinen anderen! – Methoden zu überprüfen. Zum Abschluss appellierte er an die Physiotherapie, sich weiterhin mit evidenzbasierten Methoden vertieft auseinanderzusetzen und sich von Therapieformen ohne Wirksamkeitsnachweis, wie zum Beispiel Kraniosakraltherapie und Akupunktur abzugrenzen.

Raymond Ostelo, Forscher und Professor für evidenzbasierte Physiotherapie an der Freien Universität in Amsterdam (NL), erläuterte in seinem Referat die unterschiedlichen wissenschaftlichen Methoden, mit denen die Eigenschaften von Messinstrumenten, wie z. B. ein Winkelmesser oder ein Gehtest erforscht werden. Obwohl die Zuverlässigkeit (Reliabilität) vieler Messinstrumente in der Physiotherapie untersucht ist, mangelt es häufig an gut fundierten Studien zur Überprüfung der Validität. Weiter zeigte er anhand von konkreten Beispielen auf, wie Kliniker die kleinste messbare Veränderung (Smallest Detectable Change) von der kleinsten relevanten Veränderung (Minimal Important Change) unterscheiden und interpretieren können.