Dtsch Med Wochenschr 2014; 139(43): 2173-2177
DOI: 10.1055/s-0034-1387274
Originalarbeit | Original article
Epidemiologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Stabilität der beruflichen Endziele im Verlauf der fachärztlichen Weiterbildung

Ergebnisse einer multizentrischen Kohortenstudie mit zweijährigem IntervallStability of long-term professional objectives of young physicians during postgraduate training Results of a multicenter cohort study
S. Birck
1   Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
,
B. Gedrose
1   Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
,
B.-P. Robra
2   Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Universität Magdeburg
,
A. Schmidt
3   Medizinische Klinik, Universität Erlangen
,
J.-H. Schultz
4   Medizinische Klinik, Universität Heidelberg
,
C. Stosch
5   Studiendekanat der Medizinischen Fakultät, Universität Köln
,
R. Wagner
6   Studiendekanat der Medizinischen Fakultät, Universität Gießen
,
N. Janßen
1   Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
,
M. Scherer
1   Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
,
H. van den Bussche
1   Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

03 November 2013

27 March 2014

Publication Date:
15 October 2014 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund und Fragestellung: Im Rahmen einer multizentrischen Kohortenstudie untersuchten wir die Präferenzen von Medizin-Absolventen in Bezug auf Tätigkeitsort und Position nach ihrer fachärztlichen Anerkennung. Untersucht wurden insbesondere mögliche geschlechtsspezifische Unterschiede. Wir verglichen die Angaben mit einer zwei Jahre zuvor durchgeführten Befragung der gleichen Teilnehmer.

Methodik: Es handelt sich um eine standardisierte postalische Befragung der „KarMed“-Kohorte nach zweijähriger Weiterbildung. Die Kohorte umfasst 1012 Absolventen des Medizinstudiums des Jahrgangs 2009 in den medizinischen Fakultäten Erlangen, Gießen, Hamburg, Heidelberg, Köln, Leipzig und Magdeburg. Die Rücklaufquote nach der ersten Befragung betrug 48 %. Ein Jahr später lag sie bei 87 % und 2 Jahre später bei 89 %. In allen drei Befragungen waren etwa zwei Drittel der Teilnehmer Frauen. Angewandt wurden deskriptive Statistik und Regressionsanalysen.

Ergebnisse: Auch nach zweijähriger Weiterbildung wurde – unabhängig vom Geschlecht – das Krankenhaus im Vergleich zur Niederlassung deutlich bevorzugt. Gesunken war die Attraktivität der leitenden Positionen im Krankenhaus insbesondere bei Männern, während sie bei Frauen ohnehin schon gering war. In der vertragsärztlichen Versorgung stieg die Attraktivität einer Angestelltentätigkeit deutlich an, vor allem bei Frauen. Auf der personalen Ebene hat die Untersuchung ergeben, dass knapp 60 % der Befragten nach 2 Jahren das gleiche Berufsziel anstrebten wie zum Zeitpunkt der Approbation. Geschlecht, Elternstatus und Studienort (Ost/West) hatten bis dato keinen Einfluss darauf, ob jemand sein Berufsziel im Verlauf der 2 Jahre wechselte oder nicht.

Folgerung: Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die ursprünglichen Berufsvorstellungen während der Weiterbildung hinsichtlich Ort und Position bestehen bleiben. Daher sind weiterhin dringend Maßnahmen zu entwickeln, die eine höhere Attraktivität und Erreichbarkeit von ärztlichen Leitungspositionen im Krankenhaus vor allem für Ärztinnen gewährleisten. Vergleichbares gilt für die Möglichkeiten einer Angestelltentätigkeit in der vertragsärztlichen Versorgung.

Abstract

Introduction: We investigated persistences and changes of career preferences of medical residents in Germany after two years of postgraduate training with regard to future working place and position. The results are compared with those forwarded at graduation from medical school in a gender comparative perspective.

Methods: The study is based on a standardized postal survey among the participants in the “KarMed” study, originally based on 1012 graduates of the medical faculties of Erlangen, Giessen, Hamburg, Heidelberg, Cologne, Leipzig and Magdeburg in 2009. 2107 persons were contacted. The return rate at baseline was 48 %, and the two surveys after the baseline reached return rates of 87 % and 89 % respectively. In all samples 2/3 were women as in actual medical undergraduate education. Descriptive statistics and regression analysis were performed.

Results: After 2 years of residency, residents after 2 years of postgraduate training still preferred the hospital over private practice as their final workplace after postgraduate training. The attractiveness of leading positions in the hospital declined among men, whereas it was already low for women at graduation. A large proportion of those physicians preferring the ambulatory sector, especially women, wishes to work as employee instead of private practice. At the personal level, almost 60 % forwarded the same preferences as those at graduation. Gender, parenthood and region of study (East vs. West Germany) did not influence stability or change of preferences.

Conclusion: The results demonstrate the persistence of professional preferences regarding future sector and position of medical work during postgraduate training. These preferences do neither match with principles of gender equality nor with future workforce needs (e. g. in primary care).

 
  • Literatur

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