Klin Monbl Augenheilkd 2013; 230(12): 1251-1256
DOI: 10.1055/s-0033-1351029
Kasuistik
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Feuchte Makuladegeneration: Verarbeitung und Bewältigung – eine Studie aus der Schweiz

Coping with Wet Age-Related Macular Degeneration – A Study from Switzerland
S. Hüsler
Institut Soziale Arbeit und Gesundheit, Fachhochschule Nordwestschweiz, Hochschule für Soziale Arbeit, Olten, Schweiz
,
H. Schmid
Institut Soziale Arbeit und Gesundheit, Fachhochschule Nordwestschweiz, Hochschule für Soziale Arbeit, Olten, Schweiz
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Publication History

eingereicht 22 April 2013

akzeptiert 08 October 2013

Publication Date:
10 December 2013 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund: In der Schweiz sind ca. 40 000 Menschen von altersbedingter Makuladegeneration (AMD) betroffen. Sie ist die Hauptursache für eine Erblindung bei Menschen im Alter von über 50 Jahren in den Industriestaaten und verursacht 38 % der Neuerblindungen. Mittels einer qualitativen Studie sollte eruiert werden, wie Betroffene ihre Lebensqualität einschätzen und wie sie die medizinische Begleitung wahrnehmen. Befragt wurden ausschließlich Patientinnen und Patienten, die an einer Behandlung der feuchten AMD mit einem intravitreal injizierten Anti-vascular endothelial Growth Factor (VEGF) teilnehmen.

Methoden: Mit 28 Personen zwischen 56 und 94 Jahren wurden halbstrukturierte Telefoninterviews geführt und inhaltsanalytisch ausgewertet. Die Teilnehmenden wurden von ihrem Augenzentrum auf die Studie aufmerksam gemacht und meldeten sich freiwillig. Bei der Mehrzahl der Befragten sind beide Augen von der Makuladegeneration betroffen (n = 21). Die medizinischen Angaben beruhen demzufolge auf den Aussagen der Patientinnen und Patienten. Das qualitative Setting bot ihnen dabei die Chance, ihre Lebenssituation in eigenen Worten zu schildern und das Ausmaß ihrer Betroffenheit zu verdeutlichen.

Ergebnisse: Die Lebensqualität ist beeinträchtigt. Aktivitäten des täglichen Lebens können nur mehr eingeschränkt ausgeübt werden. Die Abhängigkeit von Drittpersonen steigt. Die Art der Kommunikation der medizinischen Diagnose ist für die Patientinnen und Patienten entscheidend. Die meisten wünschen sich mehr Informationen über ihre Erkrankung. Hilfsmittel und Beratungsmöglichkeiten sind wenig bekannt.

Fazit: Betreuung und Behandlung bei der feuchten AMD dürfen sich nicht nur auf das erkrankte Auge beschränken. Die Triage zu Beratungs- und Rehabilitationsstellen ist eine ebenso wichtige Aufgabe des medizinischen Personals.

Abstract

Background: Age-related macular degeneration (AMD) affects the quality of life of about 40,000 patients in Switzerland. The treatment of wet AMD with intravitreal injected anti-vascular endothelial growth factor (VEGF) can be a heavy burden for many patients. The aim of this study was to understand the quality of life of the patients and to seek ways to improve the treatment compliance.

Methods: Half-structured telephone interviews with 28 patients between 56 and 94 years of age were transcribed and analysed. In 21 patients, both eyes were concerned with AMD.

Results: The quality of life of patients with AMD is reduced. Many activities of daily living are hindered. Dependence on others increases. Communication of the diagnosis is perceived as a shock. Most interviewees wish for more information about their specific situation. Auxiliary means and counselling possibilities are hardly known.

Conclusion: Wet AMD impacts on the quality of life of the patient. Treatment should therefore not be limited to the medical treatment of the ill eye. Triage to rehabilitation and counselling services should be included as important duties of the medical practitioners.

 
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