XX Die Zeitschrift für Frauen in der Medizin 2012; 1(5): 257
DOI: 10.1055/s-0032-1333430
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Stiefmütterlich behandelt – Familienorientierung – lange Zeit von Kliniken vernachlässigt

Astrid Bühren
,
Anja Haas
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Doris Henne-Bruns
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Marion Kiechle
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Sandra Breyer
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Ulrike Beisiegel
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Mechthild Determann
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Susanne Dettmer
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Annette Hasenburg
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Evelyn Hemper
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Gabriela Möslein
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Stefanie Pranschke-Schade
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Vera Regitz-Zagrosek
,
Anke Rohde
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Ingrid Schreer
,
Petra-Maria Schumm-Draeger
Further Information

Publication History

Publication Date:
09 January 2013 (online)

Liebe Leserinnen,

Kinderbetreuung ist nicht alles. Aber alles ist nichts ohne eine qualitativ hochwertige, arbeitszeitkompatible und bezahlbare Kinderbetreuung. Damit Ärztinnen Familie und Beruf miteinander vereinbaren können, brauchen sie verlässliche Arbeitszeitmodelle, wissenschaftliche Förderung, lebensphasengerechte Arbeitszeitmodelle und haushaltsnahe Dienstleistungen.

Während Banken und Wirtschaftsunternehmen sich schon seit vielen Jahren Familienfreundlichkeit auf die Fahne geschrieben haben, haben die meisten Kliniken und die ärztliche Selbstverwaltung dieses Thema lange stiefmütterlich behandelt. Erst seitdem der Ärztemangel immer deutlicher zu spüren ist, beginnt ein Umdenken.

Man könnte meinen, dass mittlerweile alles bestens ist, schließlich reden alle von Familienfreundlichkeit, doch dem ist nicht so. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass nach wie vor die Frauen den weitaus größeren Anteil an Erziehungs- und Hausarbeit leisten und somit einen möglichen Karriereknick in Kauf nehmen. Das hat zur Folge, dass immer noch sehr wenige Ärztinnen Entscheidungspositionen und Lehrstühle innehaben. Und diejenigen, die es nach oben geschafft haben, haben überproportional häufig keine Kinder. Und die Partner und Väter? Trotz gegenteiliger Pläne vor der Familiengründung, übernehmen nur wenige nach der Geburt eines Kindes mehr als zwei Monate Elternzeit, die meisten intensivieren sogar noch die Erwerbsarbeit. Doch wenn Frauen Beruf und Familie haben wollen, dann ist es unerlässlich, dass die elterliche Verantwortung partnerschaftlich geteilt wird. Dies wird allerdings auch durch die Politik erschwert, die lieber das Betreuungsgeld einführt, statt vorrangig den gesetzlichen Anspruch auf Kinderbetreuung zu erfüllen.

Und wie sieht es mit der Kinderbetreuung an deutschen Kliniken nun aus? Immer noch dürftig – Statistiken, die das Gegenteil behaupten, sollte man skeptisch betrachten. Sie sagen nichts darüber aus, ob es auch Krippen- und Hortplätze gibt oder nur einen Kindergarten, wie lange die Wartelisten sind, ob Öffnungszeiten arbeitszeitkompatibel sind und vor allem qualifiziertes Betreuungspersonal vorhanden ist. Damit Sie Kliniken finden, die wirklich familienfreundlich sind, stellen wir Ihnen in dieser Ausgabe „best practice“-Beispiele vor. Denn dass mit familiengerechten Angeboten der „Kampf um die besten Köpfe“ gewonnen werden kann, zeigen aktuelle Umfragen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, des Hartmannbunds und der Deutschen Krankenhausgesellschaft unter Studierenden: Vereinbarkeit von Familie und Beruf, einschließlich verlässlicher Freizeit, hat sowohl bei Frauen als auch bei Männer höchste Priorität.

Mit kollegialen Grüßen

Ihre Herausgeberin Dr. Astrid Bühren

Herausgeberinnen

Dr. med. Astrid Bühren

Dr. med. Anja Haas

Prof. Dr. med. Doris Henne-Bruns

Prof. Dr. med. Marion Kiechle

Dr. med. Sandra Breyer

Expertinnenpanel

Prof. Dr. rer. physiol. Dr. h. c. Ulrike Beisiegel

Dr. phil. Mechthild Determann

Dr. phil. Susanne Dettmer

Prof. Dr. med. Annette Hasenburg

Dr. med. Evelyn Hemper

Prof. Dr. med. Gabriela Möslein

Stefanie Pranschke-Schade

Prof. Dr. med. Vera Regitz-Zagrosek

Prof. Dr. med. Anke Rohde

Prof. Dr. med. Ingrid Schreer

Prof. Dr. med. Petra-Maria Schumm-Draeger