Dtsch Med Wochenschr 2012; 137 - A347
DOI: 10.1055/s-0032-1323510

Einsatz der Szenariotechnik in der Versorgungsforschung – die Versorgung von Menschen mit Demenz im Jahre 2030

HC Vollmar 1, I Buscher 2, E Dönitz 3, B Beckert 3, S Bartholomeyczik 1, S Wilm 4, K Goluchowicz 5
  • 1Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), Witten, Witten
  • 2Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE), Witten
  • 3Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung (ISI), Karlsruhe
  • 4Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin der Universität Witten/Herdecke, Witten
  • 5Technische Universität Berlin, Fachgebiet Innovationsökonomie, Berlin

Einleitung: Die Szenariotechnik wird in Deutschland im Gesundheitsbereich kaum eingesetzt, während sie z.B. in den Niederlanden seit den 80er Jahren zur systematischen Weiterentwicklung des Gesundheitssystems genutzt wird. Im Projekt Sze-Dem wurden Szenarien für die Versorgungssituation von Menschen mit Demenz im Jahre 2030 entwickelt. Methoden: Die Szenariotechnik wurde in 6 Schritten durchgeführt: 1) Identifizierung relevanter Einflussfelder mittels Literatur- und Internetrecherche 2) Systematische Sammlung von Einflussfaktoren (Deskriptoren) und ihrer zukünftigen Ausprägungen. 3) Diskussion und Validierung der Deskriptoren mittels eines multidisziplinären Workshops 4) Verbindung der relevanten Deskriptoren und ihren Ausprägungen in einer Konsistenzmatrix. 5) Einsatz von Mathlab zur Berechnung konsistenter Kombinationen der Projektionen. 6) Erfassung der konsistentesten Szenarienbündel und ausführliche Beschreibung der Rohszenarien. Ergebnisse: Nach der Literaturrecherche und dem Input der Experten, blieben 25 Deskriptoren mit 79 Projektionen übrig. Die mathematische Analyse von theoretisch über 7 Billionen Möglichkeiten, erbrachte 6527 konsistente Projektionen. Nach einer Reduktion blieben die 5 konsistentesten Szenarien übrig. Diese wurden ausführlich beschrieben und zeigten neben ausgesprochen Negativszenarien auch positive Szenarien. Es wurden Empfehlungen für Forschung und Politik formuliert, die zu den eher positiven Szenarien führen sollen. Diskussion: Der Einsatz der Szenariotechnik zu der Frage, wie die Versorgung Menschen mit Demenz im Jahre 2030 aussehen könnte, brachte neben den erwarteten „Horrorszenarien“ auch überraschende und positive Szenarien. Diese können für eine proaktive Gestaltung der Zukunft zielführend genutzt werden. Schlussfolgerungen: Die Szenariotechnik ist eine sinnvolle aber aufwändige Methode, um zukünftige Problemstellungen in der Gesundheitsversorgung zu bearbeiten und Lösungsansätze zu erarbeiten.