Dtsch Med Wochenschr 2012; 137 - A188
DOI: 10.1055/s-0032-1323351

Burnout-Prozesse und psychische Belastungen bei Mitarbeitern der Suchthilfe – eine quantitative Untersuchung

U Kuhn 1, I Papazova 1, M Klein 1
  • 1Deutsches Institut für Sucht- und Präventionsforschung (DISuP), Köln

Fragestellung:

Die Situation suchtmittelabhängiger Menschen ist häufig Gegenstand von Forschung. Demgegenüber wird dem Befinden für im Suchthilfesystem Tätigen seltener Beachtung geschenkt (Premper 2009). Diese Studie hat zum Ziel, organisations-, tätigkeits- und klienten bedingte psychische Arbeitsbeanspruchungen sowie die allgemeine psychopathologische Symptombelastung (GSI) von Suchthelfern mit dem Schwerpunkt Drogenhilfe zu erfassen. Zudem wird ein Screening in den Störungsbereichen Depression und Somatisierung durchgeführt.

Methodik:

Mit Hilfe eines Fragebogens wurden postalisch 282 Mitarbeiter der Suchthilfe im Raum Köln befragt (Zeitraum: 07.03.–10.04.2012). Es kam u.a. der FBH-BHD-Fragebogen (Beanspruchung in Humandienstleistungen, Hacker 1999) und die SCL–14 (Harfst 2002) zum Einsatz.

Ergebnisse:

Es konnten 123 Fragebögen ausgewertet werden (43,6% Rücklauf). Bei der Auswertung des FBH erfolgte die Zuordnung aller Rohwertsummen der Skalen zu den Kategorien: “positive Ausprägung“, “neutraler Bereich“ und “kritische Ausprägung“. Alle Skalensummen lagen im neutralen Bereich: emotionale Erschöpfung (M=34,7/SD=12,1), Aversion gegen Klienten (M=13,4/SD=5,7), reaktives Abschirmen (M=26,0/SD=3,8), (Un)Zufriedenheit mit der Arbeit (M=18,6/SD=7,9) und intrinsische Motivierung (M=24,1/SD=6,9). Bei der Auswertung der SCL–14 bestehen in den zwei Bereichen Depression und Somatisierung sowie dem GSI erhöhte Skalenmittelwerte und damit mehr Beschwerden als bei der Allgemeinbevölkerung. Ein T-Test (Untersuchungsstichprobe und Vergleichsstichprobe) belegt, dass diese Unterschiede bis auf den GSI signifikant sind.

Schlussfolgerung:

Im Gegensatz zu anderen Studien (Körkel 1995, Burda 1993, Reissner 2008) wird Burnout bei den Befragten nicht nachgewiesen. Das Screening in den Bereichen Depression und Somatisierung zeigt jedoch, dass Suchthelfer im Mittel mehr Beschwerden angeben als die Allgemeinbevölkerung und damit zumindest Risiken für Burnout-Prozesse aufweisen.

Literatur: Premper, V. Rezension vom 01.07.2009 zu: Volker Reissner: Burnout und Coping bei Suchttherapeuten. Logos Verlag (Berlin) 2008. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245,

http://www.socialnet.de/rezensionen/7399.php, Datum des Zugriffs 12.04.2012.

Hacker, W. & Reinhold, S. (1999). Beanspruchungsscreening bei Humandienstleistungen: BHD-System. Frankfurt am Main: Harcourt Test Services GmbH

Harfst, T., Koch, U., Kurtz von Aschoff, C., Nutzinger, D. O., Rüddel, H. & Schulz, H. (2002). Entwicklung und Validierung einer Kurzform der Symptom Checklist-90-R. DRV-Schriften, 33, 71-73.

Körkel, J. (1995). Burnout in der therapeutischen Arbeit mit Süchtigen. In: Missel P & Braukmann W (Hg): Burnout in der Suchttherapie. Göttingen

Burda, M. (1993). Burnout bei Mitarbeitern in der Suchttherapie/-beratung. Unveröff. Dipl. Arbeit, ev. Stiftungsfachschule für Sozialwesen, Nürnberg.

Reissner, V. (2008). Burnout und Coping bei Suchttherapeuten. Ein internationaler Vergleich aus dem Bereich illegale Drogen. Logos Verlag (Berlin). Reihe: Angewandte Stress- und Bewältigungsforschung - Band 2.