Dtsch Med Wochenschr 2012; 137 - A178
DOI: 10.1055/s-0032-1323341

Leistungsfähigkeit von Gesundheitseinrichtungen durch zielgerichtete Organisationsgestaltung

S Kockert 1, T Schott 1
  • 1Zentrum für Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaften; Universität Bielefeld, Bielefeld

Hintergrund: Der Erfolg einer medizinischen Rehamaßnahme variiert in Abhängigkeit von der besuchten Rehaeinrichtung (Meyer et al. 2009). Und das obwohl Maßnahmen der Qualitätsentwicklung bereits seit vielen Jahren durchgeführt werden, um in allen Einrichtungen definierte Standards zu erreichen und somit eine flächendeckend hohe Leistungsfähigkeit der Rehabilitation sicherzustellen (Farin/Jäckel 2010). Vor dem Hintergrund empirischer Forschungsergebnisse und im Kontext organisationssoziologischer Theorien ist deshalb zu hinterfragen, ob die Managementperspektive ausreichend ist, um die Qualität komplexer Dienstleistungsorganisationen zu verbessern: Standardisierung und Formalisierung erwecken zwar den Anschein einer Ordnung diffuser Situationen. Das Handeln und Interagieren aller an der Versorgung beteiligter Personen, das für den patientenseitigen Erfolg einer Rehamaßnahme entscheidend ist, scheint davon aber weitestgehend unberührt zu bleiben (Klatetzki 2010; Meyer/Rowan 2011). Material und Methoden: Im Rahmen eines Delphi-Panels wurde eine Strukturierung von Organisationsmerkmalen vorgenommen, die nach Meinung ausgewiesener Reha-Experten aus Wissenschaft, Praxis und Sozialbürokratie für den Rehaerfolg bedeutsam sind. Mittels Hauptkomponentenanalyse und Reliabilitätsprüfung sind statistisch tragbare Organisationsfelder zu benennen. Ergebnisse: Nach Experten-Meinung hängt die Leistungsfähigkeit einer Rehaeinrichtung, gemessen an patientenseitigen Erfolgen, in erster Linie von Rehabilitandenorientierung, dem Behandlungskonzept (technisch orientiert) und dem Sozialkapital einer Einrichtung ab. Bei diesen Organisationsfeldern sowie bei (immateriellen) Arbeitsbedingungen wird ein großer Handlungs- bzw. Nachholbedarf gesehen. Ausblick: Anknüpfend an diese Ergebnisse ist vorgesehen, ein Modell der Organisationsqualität von Rehaeinrichtungen zu entwickeln, das als wissenschaftliche Grundlage für eine zielführende Organisationsgestaltung genutzt werden sollte.

Literatur: Farin, E./Jäckel, W.H. (2011): Qualitätssicherung in der Rehabilitation – Eine kritische Bestandsaufnahme. Forum Public Health; 73/ 2011 (19/4) Themenheft Rehabilitation: 6f.

Klatetzki, T. (2010): Zur Einführung: Soziale personenbezogene Dienstleistungsorganisationen als Typus. In: Klatestski, T. (Hrsg.): Soziale personenbezogene Dienstleistungsorganisationen. Soziologische Perspektive. Wiesbaden: VS Verlag. S. 7-24.

Meyer, T./Pohontsch, N./Maurischat, C./Raspe, H. (2009): Analyse des Wirksamkeitsproblems der stationären medizinischen Rehabilitation: Inwieweit werden potenzielle Erfolge durch vorliegende Untersuchungsansätze maskiert? Abschlussbericht des Instituts für Sozialmedizin der Universität zu Lübeck.

Meyer, J.W./Rowan, B. (1977): Institutionalized Organizations: Formal Structure as Myth and Ceremony. American Journal of Sociology; 83: 340-363.