Dtsch Med Wochenschr 1934; 60(45): 1711-1713
DOI: 10.1055/s-0028-1130259
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Das Schocksyndrom

V. H. Moon in Philadelphia
Further Information

Publication History

Publication Date:
05 May 2009 (online)

Zusammenfassung

Kliniker schreiben im allgemeinen die bei den oben besprochenen Krankheitsbedingungen auftretende Kreislaufschwäche einem Versagen des Herzens zu. Pathologen sehen gewöhnlich die bei der Sektion sichtbare Hyperämie und Ödem der Organe als Zeichen einer Herzschwäche an, obgleich keine bemerkenswerten Veränderungen des Herzens nachgewiesen werden können. Diese Deutungen müssen wohl als fraglich erscheinen. Herzschwäche und ungenügende Funktion der Vasomotoren sind anerkannte Ursache der Kreislaufschwäche. Das vorgebrachte Beweismaterial deutet darauf hin, daß eine dritte Ursache, Atonie der Kapillaren, anerkannt werden muß.

Das Beweismaterial zeigt, daß Verlust des Kapillartonus durch Verbrennungen, schwere Traumen, ausgedehnte Operationen, Vergiftungen mit Drogen und Chemikalien, metabolische Vergiftungen, abdominale Unfälle und schwere akute Infektionen verursacht werden kann. Es ist nicht wahrscheinlich, daß diese Liste sämtliche Ursachen der Kapillaratonie einschließt.

Klinische und autoptische Beobachtungen deuten darauf hin, daß Kapillaratonie eine Kreislaufschwäche hervorrufen kann, indem sie Blut aus dem Kreislauf herausnimmt. Sichtbare Anzeichen der Erweiterung der Kapillaren sind ein konstanter Sektionsbefund. Die erhöhte Konzentration des Blutes ist ein regelmäßiges Merkmal, welches sowohl diagnostisch wie auch prognostisch wertvoll ist.

Es gibt verschiedene Grade der Kapillaratonie. In schweren Fällen führt die abnehmende Zirkulation mit fallendem Blutdruck, verminderter Blutmenge und erhöhter Blutkonzentration zum Tode.

In weniger schweren Fällen sind diese Merkmale weniger stark ausgeprägt. Hyperämie der Lungen und Ödem sind charakteristisch für mäßige Grade der Kapillaratonie. Eine Gruppe von sekundärer Pneumonie hat ihren Ursprung in dieser Art von teilweiser Kreislaufschwäche.