Dtsch Med Wochenschr 1929; 55(31): 1289-1291
DOI: 10.1055/s-0028-1127178
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Gibt es Mischformen von angeborener und erworbener Säuglingssyphilis?

Erich Hoffmann
  • Aus der Hautklinik der Universität in Bonn
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Publication Date:
02 June 2009 (online)

Zusammenfassung

Die Annahme, daß Mischformen von angeborener und erworbener Säuglingssyphilis vorkommen können, ist durch klinische und experimentelle Erfahrungen über die Möglichkeit einer Superinfektion begründet. Ein diaplazentar kurz vor der Geburt infizierter anscheinend gesund geborener Säugling kann durch Superinfektion während oder bald nach der Geburt einen kutanen, einer Initialsklerose völlig gleichenden, spirochätenreichen Schanker (Pseudoprimäraffekt) bekommen, der, von regionärer Drüsenschwellung begleitet, eine reine akquirierte Syphilis vorzutäuschen vermag. Ob der diaplazentare oder der kutane Stamm die Oberhand gewinnt, wird neben der Zeit wohl von der Masse des Spirochäteneinbruchs abhängen. Derartige Doppelinfektionen, die übrigens auch durch einen ganz fremden Spirochätenstamm (von kranker Amme, Pflegerin usw.) möglich sind, scheinen selten zu sein. Man könnte sie im Gegensatz zu Tarnowskys „Syphilis binaria” adultorum als Syphilis binaria infantum bezeichnen.

Zwischen Rückfallserscheinungen der angeborenen Syphilis (Heubners kondylomatöser Rezidivperiode) und der erworbenen Syphilis der Säuglinge und Kinder ist eine schärfere Trennung durch sorgsamere Differentialdiagnose, als sie jetzt zum Teil üblich ist, geboten. Auch in den neuen Lehr- und Handbüchern wird diese Unterscheidung nicht genügend berücksichtigt. Eine engere Zusammenarbeit der Frauen-, Haut- und Kinderärzte und der betreffenden Kliniken erscheint zur Behebung derartiger Mißverständnisse und Verwechslungen dringend wünschenswert.