Dtsch Med Wochenschr 1930; 56(39): 1653-1655
DOI: 10.1055/s-0028-1125960
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Grundumsatz und Hautkondensator bei innersekretorischen Erkrankungen

Kurt Grassheim1)
  • Aus der I. Medizinischen Klinik der Charité in Berlin. (Direktor: Geh.-Rat Prof. W. His.)
1) Nach einem Vortrag im Verein für Innere Medizin zu Berlin, am 19. V. 1930.
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Publication Date:
05 May 2009 (online)

Zusammenfassung

Es wurden 200 Fälle endokriner Erkrankungen gleichzeitig mit der Grundumsatz- und der Hautkondensator-Messungsmethode untersucht. Dabei stellte sich folgendes heraus:

Beim unbehandelten Basedow und Myxödem waren die Resultate beider Untersuchungsmethoden in etwa 90% gleichsinnig. In 10 Fällen, die mit Röntgen oder Radium bestrahlt waren, war der Hautkondensator bereits zur Norm zurückgekehrt, während der Grundumsatz noch erhöht war. Das beweist, daß der Hautkondensator auf diese Eingriffe schneller reagiert als der Grundumsatz. Hieraus folgt, daß für die Entscheidung, ob ein bereits bestrahlter Basedow noch weiter bestrahlt werden kann und soll, nach wie vor die Stoffwechseluntersuchung maßgeblich ist. Bei unbehandelten Fällen dagegen kann die viel einfachere und schneller auszuführende Hautkapazitätsmessung die Grundumsatzbestimmung ersetzen.

Für die Diagnose der Thyreotoxikose ist der Hautkondensator der Grundumsatzbestimmung überlegen, denn es gelingt mit ihm, bereits in 40% der Fälle thyreotoxische Zustände zu erfassen, in denen der Stoffwechsel noch keine Abweichung von der Norm aufweist.

Bei hypophysären Störungen bestehen zwischen den Resultaten der Hautkondensator- und der Grundumsatzmethode in einem verhältnismäßig hohen Prozentsatz Differenzen, wobei häufig bei normalem oder erniedrigtem Grundumsatz der Hautkondensator erhöht ist. Ob diese Erhöhung durch einen direkten Einfluß der Hypophyse auf die elektrische Aufladungsfähigkeit der Haut zustandekommt oder dadurch, daß die Schilddrüse bei Unterfunktion anderer Drüsen kompensatorisch eingreift, kann zunächst noch nicht sicher beantwortet werden.

Außerordentlich vielgestaltig sind die Versuchsergebnisse bei den Fettsuchten. Hier gibt es keine Variationsmöglichkeit von Stoffwechsel und Kondensator zueinander, die nicht vorkommt. Diese Tatsache beweist, daß bei den Fettsuchten Korrelationsstörungen im gesamten endokrinen System vorliegen, und daß Ausfall oder Ueberwiegen einer Drüse Funktionsänderungen in anderen Systemen nachsichzieht. Für die Praxis dürfte von großer Wichtigkeit die Beobachtung sein, daß bei denjenigen Fällen von Fettsucht, bei welchen der Grundumsatz normal oder erniedrigt, der Hautkondensator aber erhöht war, Schilddrüsenpräparate Symptome thyreotoxischer Art, wie Herzklopfen, Schweißausbrüche usw., zur Auslösung brachten. Es ist uns somit durch die kombinierte Untersuchungsmethode ein neuer Weg erschlossen, Ueberempfindlichkeit gegenüber Schilddrüsenpräparaten von vornherein festzustellen und die Therapie der Fettsucht danach einzurichten.

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