Dtsch Med Wochenschr 1930; 56(22): 917-919
DOI: 10.1055/s-0028-1125725
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Blasenmole und Schwangerschaftsreaktion

Karl Ehrhardt
  • Aus der Universitäts-Frauenklinik in Frankfurt a. M. (Direktor: Geh.-Rat L. Seitz.)
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Publication Date:
05 May 2009 (online)

Zusammenfassung

Bei 2 Fällen von Blasenmole, die klinisch einhergingen mit Ikterus und unstillbarem Erbrechen, wurden im Urin ungewöhnlich hohe Mengen von Vorderlappenhormon gefunden. Im ersten Fall enthielt 1 Liter Urin 260 000 Mäuseeinheiten, im zweiten Fall sogar 520 000 Mäuseeinheiten, während sich bei normaler Gravidität im Liter im allgemeinen nicht mehr als 8—10000 Mäuseeinheiten finden. In den beiden vorliegenden Fällen war also die Hormonkonzentration im Urin 26mal bzw. 52mal höher als bei normaler Schwangerschaft. Man könnte daran denken, diese ungewöhnlich hohen Hormonkonzentrationen mit den bekannten ovariellen Veränderungen, die sich ja sehr häufig bei Blasenmole finden, in kausalen Zusammenhang zu bringen[1)]. So naheliegend an sich eine solche Annahme auch sein mag, so wäre es doch verfehlt, aus zwei Einzelbeobachtungen zu weitgehende Schlußfolgerungen ziehen zu wollen. Die Frage eines derartigen Zusammenhanges kann nur an Hand eines größeren Zahlenmaterials geprüft werden. Ferner darf nicht vergessen werden, daß das klinische Zustandsbild der Blasenmole nicht einheitlich ist. Nicht bei jeder Blasenmole finden sich große Ovarien mit Luteinzysten und nicht jede Blasenmole führt zum Chorionepitheliom. Ob das hormonale Zustandsbild der Blasenmole mehr Einheitlichkeit aufweist als das klinische Zustandsbild, kann a priori nicht entschieden werden. Folgende Fragen bleiben zu klären: 1. Sind die hohen Hormonkonzentrationen, wie sie in den beiden vorstehend beschriebenen Fällen gefunden wurden, bei Blasenmolen-patientinnen öfter nachweisbar oder handelt es sich hier um zwei Ausnahmefälle[2)]? 2. Falls die erste Annahme zutreffen sollte, so müßte ermittelt werden, ob die Hormonkonzentration irgendwelche prognostische Schlüsse für das weitere Schicksal von Molenträgerinnen zuläßt.

Wie dem auch sein mag: so weit wir die Verhältnisse jetzt übersehen, scheint es empfehlenswert, bei allen Fällen, bei denen klinisch Verdacht auf Blasenmole besteht, zur weiteren Klärung und Sicherung der Diagnose eine quantitative hormonale Urinanalyse vorzunehmen.

Zum Schluß sei noch hervorgehoben, daß in den beiden hier geschilderten Fällen keinerlei akromegale Symptome nachweisbar waren. Es lag natürlich nahe, im Hinblick auf die hohen Vorderlappenhormonmengen nach derartigen Symptomen zu suchen. Das Fehlen derselben bei beiden Patientinnen weist darauf hin, daß bei dem Zustandekommen der Schwangerschaftsakromegalie außer dem Vorderlappenhormon noch andere ätiologisch wichtige Faktoren eine Rolle spielen.

Anmerkung bei der Korrektur. Aus der inzwischen erschienenen Literatur entnehme ich, daß auch von anderen Autoren ähnlich hohe Vorderlappenhormonkonzentrationen wie in den beiden hier beschriebenen Fällen beobachtet wurden. So teilte Aschheim in der Berliner Gesellschaft für Geb. u. Gynäk. am 25. X. 1929 mit, daß er im Harn einer Molenpatientin 250 M.E. im Kubikzentimeter gefunden hat, und Wagner erwähnt in seiner Arbeit über die ZAR. kurz, daß er in einem Fall von Blasenmole eine 10mal so hohe Konzentration als bei normaler Gravidität beobachten konnte. (D. m. W. 1930 S. 51.) Auch Robert Meyer und Rößler sowie E. Philipp haben in Diskussionsbemerkungen über ähnliche Feststellungen berichtet. (S. Zbl. Gynäk. 1930 S.430.)

1 Es ist das Verdienst von Aschheim, erstmalig auf die möglicherweise bestehenden Zusammenhänge zwischen Vorderlappenhormongehalt des Blutes und Luteinzystenbildung hingewiesen zu haben. (S. Zbl. Gynäk. 1928 S. 608.).

2 Wir haben unserer Klinik ein biologisches Laboratorium mit geschultem Personal angegliedert, in dem jederzeit hormonale Urinanalysen ausgeführt werden können. Um die Frage der Vorderlappenhormonkonzentration bei Blasenmolenpatientinnen möglichst rasch an einem größeren Zahlenmaterial prüfen zu können, wären wir für Ueberweisung von geeignetem Untersuchungsmaterial (Urin, der vor Ausstoßung oder Ausräumung der Mole entleert wurde) dankbar.

1 Es ist das Verdienst von Aschheim, erstmalig auf die möglicherweise bestehenden Zusammenhänge zwischen Vorderlappenhormongehalt des Blutes und Luteinzystenbildung hingewiesen zu haben. (S. Zbl. Gynäk. 1928 S. 608.).

2 Wir haben unserer Klinik ein biologisches Laboratorium mit geschultem Personal angegliedert, in dem jederzeit hormonale Urinanalysen ausgeführt werden können. Um die Frage der Vorderlappenhormonkonzentration bei Blasenmolenpatientinnen möglichst rasch an einem größeren Zahlenmaterial prüfen zu können, wären wir für Ueberweisung von geeignetem Untersuchungsmaterial (Urin, der vor Ausstoßung oder Ausräumung der Mole entleert wurde) dankbar.

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