Dtsch Med Wochenschr 1928; 54(3): 106-107
DOI: 10.1055/s-0028-1124960
Oeffentliches Gesundheitswesen

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Ueber Vergiftungserscheinungen bei Säuglingen durch Wäschestempelfarbe

Hans Temming - Assistent
  • Aus dem Victoria-Luise-Haus, Kinderheilanstalt Braunschweig (Leiter: Dr. A. Reiche.)
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Publication Date:
13 August 2009 (online)

Zusammenfassung

Nach dem Gebrauch von nicht durchgewaschenen neuen Moltons, die mit einem Anilin und Nitrobenzol enthaltenden Farbstoff gestempelt sind, treten bei einigen Säuglingen Vergiftungserscheinungen auf, deren Hauptsymptom eine durch mehrere Stunden dauernde starke eigentümliche Zyanose bildet, die an den aus irgendwelchen Gründen schlecht durchbluteten Körperteilen am stärksten ist. Die Erscheinungen gehen mit subjektivem Wohlbefinden einher und hinterlassen keine üblen Folgen. Außer der eventuell einzusetzenden Sorge für den Kreislauf erübrigt sich jede Therapie.

Das Farbgift wirkt hauptsächlich auf jüngere Säuglinge. Zur Aufnahme des Giftes ist keinesfalls der Magendarmkanal nötig. Das Gift scheint durch die Haut aufgenommen werden zu können, wobei eine direkte Berührung der Haut mit dem Farbstoff der Aufnahme förderlich ist. Die Einatmung der Farbstoffausdünstungen beschleunigt die Vergiftungserscheinungen.

Ein einfaches Bügeln der Wäsche kann die Giftwirkungen geringer machen, aber nicht beseitigen. Ein nach 24stündiger Lagerung erfolgendes, mit gehörigem Aufkochen verbundenes Durchwaschen, dem dann noch nach anschließender Trockenschleuderung ein etwa 12 Stunden dauerndes Trocknen an der Luft folgt, macht das Farbstoffgift jedoch völlig unschädlich. Man muß daher frisch gestempelte Säuglingswäsche so behandeln, solange man nicht sicher ist, eine völlig unschädliche Stempelfarbe vor sich zu haben.

Von der Industrie ist die Herstellung einer einwandfreien Stempelfarbe zu fordern.

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