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DOI: 10.1055/s-0028-1121224
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart
Leptospirenerkrankungen unter dem Bild der sogenannten idiopathischen abakteriellen Meningitis
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
02. Juni 2009 (online)

Zusammenfassung
Leptospireninfektionen des Menschen verlaufen mitunter unter dem Bild der „akuten idiopathischen abakteriellen Meningitis.” Aber auch subakute und mehr chronische Meningitiden werden durch diese Erreger hervorgerufen, wie an Hand eigener Beobachtungen gezeigt wurde. Die klinischen Erscheinungen der Meningitis können bei derartigen Erkrankungen so ausgesprochen sein, daß zunächst an eine bakterielle Meningitis gedacht wird. Alle Übergänge bis zu solchen Fällen kommen vor, bei denen auf Grund des neurologischen Befundes nicht eine meningeale Erkrankung vermutet wird. Trotzdem können aber mehr oder weniger hochgradige menigitische Liquorveränderungen bestehen. Eine Mitbeteiligung der Meningen läßt sich daher nur ausschließen, wenn der Liquorbefund über längere Zeit verfolgt wird. Die sehr unterschiedlichen Angaben über die Häufigkeit der meningitischen Symptome bei Leptospireninfektionen dürften sich weitgehend darauf zurückführen lassen, daß auf Liquoruntersuchungen verzichtet wurde. Die Annahme, daß die „Meningitisform” der Leptospirosen eine besondere Komplikation darstellt, läßt sich nicht vertreten. Vielmehr ist es wahrscheinlich, daß es bei diesen Infektionskrankheiten — ähnlich wie bei der Lues — häufig, wenn nicht sogar regelmäßig zu einer Infektion der Hirnhäute kommt, die allerdings nicht immer von einer Liquorreaktion beantwortet werden muß. Das Ausmaß der humoralen Veränderungen und der klinischen Symptomatologie bietet keine gesetzmäßigen Beziehungen. Liquorveränderungen können nach Abklingen aller sonstigen Hinweise auf eine Erkrankung der Meningen noch lange fortbestehen. Im Zusammenhang mit dem auffallenden Verhalten der Blutsenkungsreaktion ist es wahrscheinlich, daß die Leptospire sich über längere Zeit in verschiedenen Organen erhalten kann, zu denen auch die Meningen zu rechnen sind.
Die durch Leptospiren hervorgerufenen meningitischen Krankheitsbilder sind häufig uncharakteristisch. So kann auch die konjunktivale bzw. sklerale Injektion ganz fehlen, ebenso wie der Herpes, die Albuminurie oder ein mehrgipfliger Fieberverlauf. Selbst die Blutsenkung ist nicht in allen Fällen eindeutig beschleunigt. Nur mit Hilfe der serologischen Befunde, die allerdings kritischer Auswertung bedürfen, kann es gelingen, zu einer sicheren diagnostischen Entscheidung zu gelangen. Bei allen unklaren idiopathischen abakteriellen Meningitiden akuten und auch mehr chronischen Verlaufs ist an die Möglichkeit einer Leptospireninfektion zu denken. Die „akute idiopathische abakterielle Meningitis” ist nicht eine Krankheitseinheit, sondern nur ein Syndrom, bei dem in jedem Einzelfall die Frage nach der Ätiologie zu stellen ist. Es geht auch nicht an, bei allen akuten idiopathischen abakteriellen Meningitiden an eine abortive Poliomyelitis zu denken. Bestimmte Leptospirenerkrankungen werden wie die Poliomyelitis gerade in den Sommer- und Herbstmonaten gehäuft beobachtet.