Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-0028-1120282
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart
Über stenokardische Beschwerden
Publication History
Publication Date:
05 June 2009 (online)

Zusammenfassung
Im Interesse der Volksgesundheit verlangt die Zunahme der Herz- und Gefäßkrankheiten eine frühzeitige Erkennung und weitschauende Behandlung der funktionellen Störungen des Kreislaufs, die nicht selten zu organischen Gewebsveränderungen führen. Die engen Beziehungen des Hirnstammes sowie des hormonal gesteuerten vegetativen Nervensystems zur Herzdurchblutung beanspruchen eine größere Beachtung. Eine individuell aufgenommene Vorgeschichte und verfeinerte Differentialdiagnostik (Blutstatus, BSG., Blutdruckkurve, Röntgenuntersuchung, Elektrokardiogramm, Grundumsatz) vermitteln wichtige Anhaltspunkte, stenokardische Beschwerden in ihrer Entstehung und Deutung bei einer richtigen unaufdringlichen Einfühlung in das Einmalige der Persönlichkeit des Kranken scharf zu umreißen. Der Kreislauf ist nicht zu ausschließlich allein in seiner Mechanik, sondern in seiner Ganzheit zu erfassen. Es wird auf das gehäufte Vorkommen von Kreislaufstörungen bei normalem klinischen, Röntgen- und Ekg.-Befund hingewiesen. Neben Gefäßtonusschwankungen handelt es sich mitunter um zentrale Fehlsteuerungen im Zwischenhirn und hormonalvegetativen System bei einer, wohl durch die Spannungen der Gegenwart gesteigerten seelischen Labilität.
Die Psychotherapie, die bei klarer klinischer Blickrichtung auf warmem, nicht weichlichem, menschlichem Verständnis aufgebaut ist, hat bei der Beratung von Herzkranken, namentlich solcher, bei denen die Stenokardie verschiedenster Genese im Vordergrund steht, die Gesamtführung zu übernehmen. Das Endziel jeder Behandlung soll darin gipfeln, die Herzdurchblutung möglichst der Herzleistung und umgekehrt anzupassen. Dieses Ziel wird erreicht durch Ruhigstellung des Hirnstammes, durch Hemmung oder Enthemmung, mitunter auch Reizung des Sympathikus oder Parasympathikus sowie eine die physiologischen Vorgänge nachahmende hormonale Beeinflussung gestörter innerer Drüsenfunktionen. Neben den zahlreichen nervösen, auch Umwelteinflüssen ist die Aufdeckung fokaler Herde und Normalisierung der Blutbeschaffenheit mehr zu berücksichtigen. Bei nachweisbarer rein organischer Ursache für stenokardische Beschwerden haben die bekannten Kreislaufmittel, die in den Zwischenhirnzentren, am Herzmuskel, den Koronarien, dem kapillaren und peripheren Gefäßsystem angreifen, je nach der konstitutionellen und individuellen Eigenart des Kranken Anwendung zu finden, wobei physikalisch-therapeutische Maßnahmen harmonisch in den gesamten Heilplan einzufügen sind.